Zusammenfassung

 
Überblick

Jedes Jahr gehen in Deutschland fast 30.000 Unternehmen pleite. Hinzu kommen über 160.000 Verbraucherinsolvenzen. Hier hilft das Insolvenzverfahren, das Vermögen des zahlungsunfähigen Schuldners gemeinschaftlich auf die Gläubiger zu verteilen und gegebenenfalls eine Sanierung herbeizuführen. Es gilt für die Gläubiger nicht mehr das Prioritätsprinzip ("Wer zuerst kommt, mahlt zuerst"), sondern der Grundsatz der Gleichbehandlung. Das Verfahren ist in der Insolvenzordnung (InsO) geregelt. Sie unterscheidet insbesondere zwischen Regelinsolvenzverfahren, das meist auf Unternehmen angewandt wird, und dem vereinfachten Verfahren für Verbraucher. Im Folgenden geht es vor allem um die Unternehmerinsolvenz.

1 Gesetzliche Regelungen

Pleite – was nun?

Gerade im Zusammenhang mit Grundbesitz und Grundstücksgeschäften muss immer wieder mit der Zahlungsunfähigkeit, oft auch mit der Insolvenz eines der Beteiligten gerechnet werden. Schon eine "normale" Bauträgerinsolvenz vermag die Existenz eines Häuslebauers oder kleineren Handwerksbetriebs zu gefährden. Auch im Rahmen einfacher Grundstücksgeschäfte kann eine Vertragspartei in Vermögensverfall geraten – was dann?

Daher ist es wichtig, mit dem Insolvenzrecht wenigstens in groben Zügen vertraut zu sein, um Chancen und Risiken rechtzeitig erkennen zu können.

Aus Konkurs wird Insolvenz

Mag sich der Ausdruck "Konkurs" auch im allgemeinen Sprachgebrauch gehalten haben – im Gesetz ist jetzt nur noch von "Insolvenz" die Rede: Seit dem 1.1.1999 ist die Insolvenzordnung (InsO)[1] in Kraft. Bis zu diesem Zeitpunkt galten in den alten Bundesländern die Konkursordnung und die Vergleichsordnung, in den neuen Bundesländern nur die Gesamtvollstreckungsordnung.

Das ist neu

Die Insolvenzordnung hat zahlreiche Neuerungen gebracht, nicht zuletzt ein vereinfachtes Verbraucherinsolvenzverfahren mit möglicher Restschuldbefreiung für den redlichen Schuldner.

Reformen der Reform

Allerdings hat sich bereits mehrfach der Bedarf für eine Modifizierung des neuen Rechts ergeben.

So sind am 1.12.2001 das "Gesetz zur Änderung der Insolvenzordnung und anderer Gesetze"[2] mit der Einführung der Verfahrenskostenstundung und am 1.7.2007 das "Gesetz zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens" in Kraft getreten[3]. Durch Art. 2 des "Gesetzes zur Änderung des § 522 ZPO"[4] wurde jüngst § 7 InsO aufgehoben. Damit entfällt die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde im Insolvenzverfahren, eine Anrufung des BGH ist nur noch im Fall der Zulassung der Rechtsbeschwerde durch das Beschwerdegericht statthaft[5].

Neuerungen durch "ESUG"

Am 1.3.2012 trat in wesentlichen Teilen das Gesetz zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG)[6] in Kraft: Sanierungen sollen künftig einfacher, effektiver und schneller erfolgen. Das Gesetz bildet den ersten Teil einer in insgesamt 3 Schritten geplanten, umfassenden Reform des Insolvenzrechts. Es will die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Sanierung notleidender Unternehmen verbessern, und zwar durch

  • einen stärkeren Einfluss der Gläubiger auf die Auswahl des Insolvenzverwalters,
  • Ausbau und Straffung des Insolvenzplanverfahrens,
  • die Vereinfachung des Zugangs zur Eigenverwaltung.

Europarecht

Überdies gilt seit dem 31.5.2002 die Europäische Verordnung über Insolvenzverfahren (EuInsVO)[7]. Sie betrifft alle EU-Mitgliedstaaten außer Dänemark. Hauptzweck dieser neuen Regelungen ist es, dem Schuldner die taktische Auswahl eines ihm besonders günstigen Insolvenzplatzes zu erschweren[8]. Im Ausland eröffnete Insolvenzverfahren werden in Deutschland grundsätzlich anerkannt. Ist der Schuldner auch hier wirtschaftlich aktiv, kann ein weiteres Insolvenzverfahren nach deutschem Recht zusätzlich eröffnet werden. Die Regelungen der EG-Verordnung gehen in ihrem Anwendungsbereich den Vorschriften des in den §§ 335 ff. InsO geregelten deutschen Internationalen Insolvenzrechts vor; deshalb richten sich die Befugnisse des Insolvenzverwalters nach dem Recht des Staates, in welchem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde[9].

[1] BGBl I 1994 S. 2866 ff., mehrfach geändert.
[2] BGBl I 2001 S. 2710.
[3] BGBl I 2007 S. 509; dazu Gundlach/Frenzel/Schirrmeister, DStR 2007, S. 1352.
[4] V. 21.10.2011, BGBl I 2011 S. 2082.
[5] Pape, NJW 2011, S. 3405; Buchholz, NZI 2011, S. 584.
[6] Dazu BT- Drucksache 17/7511, BR-Drucksache 679/11; dazu Römermann, NJW 2012, S. 645; Fuhst, DStR 2012, S. 418; Dahl, NJW-Spezial 2012, S. 21; Vallender, MDR 2012, S. 125.
[7] AblEG Nr. L 160/1 v. 30.6.2000.
[8] Hierzu und zu weiteren Einzelheiten der Verordnung vgl. Dahl, NJW-Spezial 2009, S. 245; Duursma-Kepplinger, NZI 2003, S. 87 (mit Check-Liste) je m. w. N.
[9] BGH, Beschluss v. 3.2.2011, V ZB 54/10, NJW 2011 S. 1818; zur grenzüberschreitenden Forderungsanmeldung vgl. Mankowski, NZI 2011, S. 887.

2 Das Verfahren im Überblick

Antrag

Das Insolvenzverfahren wird nur auf Antrag eröffnet; antragsberechtigt sind der Schuldner und die Gläubiger. Das Insolvenzgericht ermittelt zunächst, ob ein Eröffnungsgrund gegeben ist und ob die Verfahrenskosten durch das Schuldnervermögen gedeckt sind. B...

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