Leitsatz

1. Eine vermögensverwaltend tätige, aber gewerblich geprägte Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG kann nicht nur Anlage-, sondern auch Umlaufvermögen haben. Die Zuordnung bestimmt sich nach der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts im (fiktiven) Betrieb.

2. Goldbarren sind keine Wertpapieren vergleichbare nicht verbriefte Forderungen oder Rechte i.S. des § 4 Abs. 3 Satz 4 Variante 3 EStG.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 3 Satze 1 und 4, § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG, § 42 AO, § 247 Abs. 2 HGB

 

Sachverhalt

Zwei gewerblich geprägte GmbH & Co. KG und eine zugleich geschäftsführende GmbH hatten im Dezember 2006 eine GbR zum Zweck des Erwerbs, des Verkaufs und der Verwaltung von Edelmetallen und Finanzinstrumenten gegründet. Die GbR hatte noch im Dezember 2006 und dann auch jeweils im Dezember 2007 und 2008 Goldbarren gekauft und dann im folgenden Januar wieder verkauft. In ihren Einnahmen-Überschussrechnungen behandelte sie die Anschaffungskosten jeweils bei Verausgabung als Betriebsausgabe und die Verkaufserlöse bei Vereinnahmung als Betriebseinnahme.

Das FA war der Ansicht, die Goldbarren seien Anlagevermögen gewesen, sodass deren Anschaffungskosten erst im Zeitpunkt des Verkaufs als Betriebsausgabe abzuziehen seien. Einsprüche der GbR gegen entsprechend ergangene Gewinnfeststellungsbescheide und Bescheide über den vortragsfähigen Gewerbeverlust blieben erfolglos.

Das FG gab jedoch der Klage statt (FG München, Außensenate Augsburg, Urteil vom 15.1.2014, 10 K 2321/12, Haufe-Index 6649319).

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte das FG-Urteil. Die GbR habe zu Recht ihren Gewinn durch Einnahmen-Überschussrechnung ermittelt und die Kosten für den Erwerb der Goldbarren sofort als Betriebsausgabe abgezogen. Auch eine gewerblich geprägte und nicht originär gewerblich tätige Personengesellschaft könne Umlaufvermögen haben. Hier seien die Goldbarren Umlaufvermögen der GbR gewesen, dessen Anschaffungskosten sofort hätten abgezogen werden können.

 

Hinweis

1. Das Urteil betrifft – ebenso wie das nicht amtlich veröffentlichte Urteil IV R 5/16 vom gleichen Tag (BFH/NV 2017, 755) – eine unter dem Schlagwort "Goldfinger" bekannt gewordene Gestaltung zur Erzielung von Steuerstundungseffekten (zu einer ähnlichen, aber auf negativen Progressionsvorbehalt zielenden Gestaltung s. BFH, Urteil vom 19.1.2017, IV R 50/14, BFH/NV 2017, 816, BFH/PR 2017, 210).

Diese basieren darauf, dass wegen des Zufluss-Abflussprinzips bei der Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG die Anschaffungskosten von Umlaufvermögen grundsätzlich sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden können. Anschaffung von Umlaufvermögen im Dezember und dessen Verkauf im Januar bewirken einen Verlust im Altjahr, der erst ein Jahr später durch einen Gewinn kompensiert wird.

Für bestimmte Güter des Umlaufvermögens bestimmt § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG zwar, dass die Anschaffungskosten wie bei nicht abnutzbaren Anlagegütern erst im Zeitpunkt der Veräußerung abgezogen werden können. Physisches Gold fällt aber nicht unter diese Regelung, wie der BFH jetzt klargestellt hat.

2. Ausgaben für die Anschaffung von Gold können nur im Rahmen betrieblicher Einkünfte sofort einkünftemindernd wirken, und dies auch nur, wenn die Einkünfte nicht durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt werden. Im Privatvermögen wäre der An- und Verkauf eines Goldbarrens als privates Veräußerungsgeschäft zu behandeln, bei dem der Kaufpreis erst im Jahr des Verkaufs vom Verkaufserlös abgezogen wird. Um zweifelsfrei gewerbliche Einkünfte zu erzielen, werden die Geschäfte deshalb im Rahmen einer gewerblich geprägten Personengesellschaft ausgeführt.

3. Der beabsichtigte Stundungseffekt legt nahe, derartige Gestaltungen als Steuerstundungsmodelle i.S.d. § 15b EStG anzusehen, was eine Nutzung der Verluste im Jahr ihrer Entstehung unmöglich machen würde. Ob die Voraussetzungen des § 15b EStG im Einzelfall erfüllt sind, hing nach bisheriger Rechtslage davon ab, ob die Gestaltung als "Modell" i.S.d. § 15b EStG anzusehen war. Im entschiedenen Fall betraf der Rechtsstreit diese Frage nicht, weil das FA keine derartige Feststellung getroffen hatte.

Gesetzesänderung begrenzt nationale Goldfinger-Gestaltungen

Zur Bekämpfung solcher Goldfinger-Gestaltungen ist § 15b EStG mittlerweile ergänzt worden. Ein für nach dem 28.11.2013 angeschaffte oder eingelegte Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens geltender neuer Abs. 3a erklärt Fälle, in denen das Wirtschaftsgut nicht durch körperliche Übergabe erworben wird, zu einem Steuerstundungsmodell. Diese Voraussetzungen sind bei in einer Bank eingelagerten Goldbarren erfüllt. Ob damit aber alle zu Steuerstundungseffekten führenden Fallgestaltungen erfasst werden, wird allerdings teilweise bezweifelt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.1.2017 – IV R 10/14

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