LFD Thüringen, 7.10.2010, G 1412 A – 05 – A 3.13(S)

Bezug: FinMin Thüringen, Erlass vom 2.8.2010, G 1412 A – 6 – 204.2

Im Einvernehmen mit den Vertretern der obersten Finanzbehörden des Bundes und der anderen Länder zu Anwendungsfragen zum Umfang der Befreiung nach § 3 Nr. 6 und 20 GewStG bei einer Betriebsaufspaltung (Merkmalsübertragung vom Betriebsunternehmen auf das Besitzunternehmen) gilt Folgendes:

 

1. Befreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG

Der BFH hat – in Abweichung von der bisherigen Rechtsprechung – im Urteil vom 29.3.2006, X R 59/00 (BStBl 2006 II S. 661) entschieden, dass sich die Befreiung der Betriebskapitalgesellschaft von der Gewerbesteuer nach § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG bei einer Betriebsaufspaltung auch auf die Vermietungs- oder Verpachtungstätigkeit des Besitzunternehmens erstreckt. Diese Entscheidung ist allgemein für die Befreiungen nach § 3 Nr. 20 GewStG anzuwenden.

Die Befreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG gilt allerdings nicht für das Unternehmen insgesamt, sondern nur für die in der Vorschrift genannten Einrichtungen: Krankenhäuser, Altenheime, Altenwohnheime, Pflegeheime, Einrichtungen zur vorübergehenden Aufnahme pflegebedürftiger Personen und Einrichtungen zur ambulanten Pflege kranker und pflegebedürftiger Personen. Übt das Unternehmen neben diesen Einrichtungen noch davon abgrenzbare andere wirtschaftliche Tätigkeiten aus (z.B. eine Cafeteria, einen Parkplatz oder ein Parkhaus, Sponsoring, die Blutentnahme für fremde Dritte, die Telefongestellung, die Aufbewahrung von Verstorbenen, die Erstellung von Gutachten, eine Wäscherei, die nicht nur für den eigenen Betrieb tätig ist), unterliegt es insoweit der Gewerbesteuer.

Die Einschränkung der Befreiung nach § 3 Nr. 20 GewStG auf die dort genannten Einrichtungen ist ggf. entsprechend den Verhältnissen im Einzelfall auch bei einer Betriebsaufspaltung hinsichtlich des Umfangs der Merkmalsübertragung von der Betriebskapitalgesellschaft auf das Besitzunternehmen zu berücksichtigen.

 

2. Befreiung nach § 3 Nr. 6 GewStG

Der BFH hat im Anschluss an das Urteil vom 29.3.2006, X R 59/00 – mit Urteil vom 19.10.2006, IV R 22/02 (BFH/NV 2007 S. 149) – entschieden, dass sich auch die Gewerbesteuerbefreiung der Betriebskapitalgesellschaft nach § 3 Nr. 6 GewStG auf das Besitzunternehmen erstreckt. Diese Entscheidung begegnet Bedenken und ist nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden.

Nach § 3 Nr. 6 GewStG sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen (Körperschaften) von der Gewerbesteuer befreit, die nach der Satzung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 5168 AO). Diese gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen würden unterlaufen, wenn man auch im Fall der Befreiung nach § 3 Nr. 6 GewStG ohne weiteres von einer Merkmalsübertragung von der Betriebskapitalgesellschaft auf ein beliebiges Besitzunternehmen ausgehen wollte.

Dem BFH soll Gelegenheit gegeben werden, in einem weiteren Revisionsverfahren seine Entscheidung im Verfahren IV R 22/02 noch einmal zu überdenken.

Zu beachten ist, dass die Vorschrift des § 3 Nr. 6 GewStG nicht anzuwenden ist, wenn eine hiernach begünstigte Körperschaft bereits aufgrund anderer Vorschriften, z.B. § 3 Nr. 20 GewStG, von der Gewerbesteuer befreit ist. Bei einer Betriebsaufspaltung ist daher immer zu prüfen, ob sich die Befreiung der Betriebskapitalgesellschaft ggf. nach § 3 Nr. 20 GewStG ergibt. Bejahendenfalls sind die vorstehend dargestellten Folgen der Merkmalsübertragung von der Betriebskapitalgesellschaft auf das Besitzunternehmen zu ziehen.

 

Normenkette

GewStG § 3 Nr. 6

GewStG § 3 Nr. 20

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