Leitsatz

1. Scheiden während des Erhebungszeitraums bis auf einen Gesellschafter alle anderen Gesellschafter aus einer Personengesellschaft aus, wechselt ab diesem Zeitpunkt die Steuerschuldnerschaft der Personengesellschaft auf den verbleibenden Gesellschafter als Einzelunternehmer. Dessen ungeachtet ist der Gewerbesteuermessbetrag für den gesamten Erhebungszeitraum einheitlich unter ­Berücksichtigung des vollen Gewerbesteuerfreibetrags zu berechnen.

2. Für den Erhebungszeitraum des Rechtsformwechsels ist für jeden Steuerschuldner ein Gewerbesteuermessbescheid zu erlassen. In den Bescheiden ist der einheitlich ermittelte Gewerbesteuermessbetrag im prozentualen Verhältnis der von den beiden Steuerschuldnern erzielten Gewerbeerträge nebst den auf sie entfallenden Hinzurechnungen und Kürzungen zu berücksichtigen.

 

Normenkette

§ 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1, § 11 Abs. 2, § 2 Abs. 1 und Abs. 5, § 5 Abs. 1 Satz 3, § 10, § 14 Sätze 1 und 3 GewStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin war eine von zwei Gesellschaftern einer gewerblich tätigen GbR, aus der der andere Gesellschafter zum 31.5.2009 ausschied. Die Klägerin führte den Betrieb anschließend als Einzelunternehmen fort.

Das FA erließ gegenüber der Klägerin zwei GewSt-Messbescheide für 2009, nämlich einen als Rechtsnachfolgerin der GbR für die Zeit vom 1.1. bis 31.5.2009 und einen weiteren für das ab 1.6.2009 betriebene Einzelunternehmen. Den GewSt-Freibetrag gewährte das FA nur einmal und teilte ihn zeitanteilig auf.

Die Klägerin war der Meinung, der Gewerbeertrag für den Erhebungszeitraum 2009 sei einheitlich unter Abzug des ganzen Freibetrags zu ermitteln und dann auf die GbR und das Einzelunternehmen aufzuteilen. Dies ergab in der Summe eine niedrigere GewSt-Belastung.

Das FG gab der Klage statt (Sächsisches FG, Urteil vom 13.1.2016, 8 K 863/14, Haufe-Index 9285690).

 

Entscheidung

Der BFH teilte die Auffassung des FG. Die sachliche Steuerpflicht sei im hier gegebenen Fall der Gesamtrechtsnachfolge bestehen geblieben. Deshalb sei ein einheitlicher Messbetrag zu ermitteln, von dem der Freibetrag abgezogen werde. Das Ergebnis dieser Berechnung sei aufzuteilen und den jeweiligen Steuerschuldnern zuzurechnen.

 

Hinweis

1. Das Urteil betrifft die gewerbesteuerliche Behandlung eines zunächst von einer Personengesellschaft geführten und nach Ausscheiden der ­anderen Gesellschafter von dem verbleibenden Gesellschafter fortgeführten Betriebs. Zivilrechtlich wird der letzte verbliebene Gesellschafter Gesamtrechtsnachfolger der Gesellschaft. Gewerbesteuerlich besteht zwar die sachliche Gewerbesteuerpflicht ungeachtet der zivilrechtlichen Änderungen fort. Es ändert sich aber die Steuerschuldnerschaft, die zunächst die Personengesellschaft selbst traf und nun den als Einzelunternehmer Tätigen trifft.

2. Findet eine solche Rechtsnachfolge im Lauf des Jahres statt, hat dies keine Auswirkung auf den Erhebungszeitraum und damit den nach § 14 GewStG festzusetzenden Messbetrag. Der Messbetrag muss einheitlich ermittelt und dann auf beide Steuerschuldner aufgeteilt werden.

3. Kern des Rechtsstreits war die Frage, wie dabei der nur einmal zu gewährende Freibetrag nach § 11 Abs. 1 Satz 3 GewStG berücksichtigt wird. Nach R 11.1 Satz 5 GewStR soll der Freibetrag zeitanteilig aufgeteilt werden. Nach Auffassung des BFH ist demgegenüber der gesamte Freibetrag vom einheitlich für den ganzen Erhebungszeitraum ermittelten Messbetrag abzuziehen und das daraus resultierende Ergebnis nach den jeweiligen Anteilen an der Bemessungsgrundlage aufzuteilen. Entsprechen die Anteile am einheitlichen Messbetrag nicht dem zeitlichen Anteil am Erhebungszeitraum, kann sich in der Summe eine niedrigere oder höhere Steuerschuld ergeben als nach der von den GewStR vorgesehenen Methode. Im entschiedenen Fall war die Summe niedriger, weshalb die Klage Erfolg hatte.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.4.2018 – IV R 8/16

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