Leitsatz

Eine Änderung des bisher gültigen Ergebnisverteilungsschlüssels einer vermögensverwaltenden GbR dahin, dass dem während des Geschäftsjahres der GbR eintretenden Gesellschafter der auf den Geschäftsanteil fallende Einnahmen- oder Werbungskostenüberschuss für das gesamte Geschäftsjahr zugerechnet werden soll, ist steuerrechtlich anzuerkennen, wenn diese vom Beteiligungsverhältnis abweichende Ergebnisverteilung für die Zukunft getroffen worden ist und alle Gesellschafter zustimmen. Die abweichende Ergebnisverteilung muss ihren Grund im Gesellschaftsverhältnis haben und darf nicht rechtsmissbräuchlich sein.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 8, § 9, § 11, § 21 EStG, § 157 Abs. 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a, § 182 Abs. 1 AO, § 133, § 157 BGB, § 96 Abs. 1 Satz 2, § 118 Abs. 2, § 121, § 139 Abs. 4 FGO

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb u.a. von A dessen Anteil (1/3) an der ABC-GbR, die ein ehemaliges Hotelgrundstück vermietete. Der Anteil sollte bei Kaufpreiszahlung übergehen. Der Kaufpreis war am 1.12.1997 fällig. Gewinn und Verlust des Geschäftsjahres 1997 sollten dem Erwerber zustehen. Für den Fall des Zahlungsverzugs war ein Rücktrittsrecht vereinbart. Tatsächlich wurde der Kaufpreis erst am 1.7.1998 gezahlt. Bis zum 30.6.1998 war unstreitig A Gesellschafter. Das FA rechnete dem Kläger deshalb nur 1/6 des Ergebnisses von 1998 zu.

 

Entscheidung

Das FG (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24.10.2017, 3 K 1565/15, Haufe-Index 11365000, EFG 2017, 1927) hat der Klage stattgegeben. Die Vertragsparteien hätten eine Vereinbarung über die Ergebniszuweisung für den Fall des Zahlungsverzugs zwar nicht getroffen. Der das Jahr 1997 betreffenden Regelung sei jedoch im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu entnehmen, dass dem Kläger "erst recht" der volle Ergebnisanteil für 1998 zustehen sollte. Diese Vereinbarung sei auch steuerlich anzuerkennen. Der BFH hat die dagegen gerichtete Revision des FA unter den gegebenen Umständen zurückgewiesen.

Keine rückwirkende Vereinbarung möglich

Der BFH hat nicht darüber entschieden, ob die für das Jahr 1997 vereinbarte Zuweisung des vollen Ergebnisanteils bei rechtzeitiger Kaufpreiszahlung steuerlich beachtlich gewesen wäre. Diese Frage war nicht Gegenstand des Verfahrens. Sie wäre jedoch eindeutig zu verneinen, denn diese Vereinbarung war nicht in die Zukunft gerichtet, sondern sie betraf auch in der Vergangenheit liegende Zeiträume. Insoweit kommt eine von den Beteiligungsverhältnissen abweichende Zuweisung von Einkünften mit steuerlicher Wirkung eindeutig nicht in Betracht.

 

Hinweis

1. Im Besprechungsurteil hat der BFH eine (vom FG im Wege ergänzender Vertragsauslegung gefundene) Vereinbarung zur disquotalen Ergebnisverteilung bei einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft unter strengen Voraussetzungen als steuerlich beachtlich gebilligt. Die Beteiligten hatten den tatsächlichen Verlauf der Dinge nicht vorhergesehen und auch nicht ausdrücklich geregelt.

2. Das Urteil eröffnet allerdings nur geringe Gestaltungsmöglichkeiten:

a) Die in gesamthänderischer Verbundenheit von den Gesellschaftern erzielten Einkünfte werden im Feststellungsverfahren einheitlich ermittelt und festgestellt und den einzelnen Gesellschaftern anteilig zugerechnet.

b) Für die Ermittlung, Feststellung und persönliche Zurechnung dieser Einkünfte gilt das Jahresprinzip (Geschäftsjahr bzw. Veranlagungs- oder Feststellungszeitraum). Erst nach Ablauf des jeweiligen Zeitabschnitts steht fest, welcher Anteil dem Gesellschafter zuzurechnen ist.

c) Aus dem Jahresprinzip ergibt sich auch, dass dem Gesellschafter nicht nur solche Einnahmen und Ausgaben (anteilig) zugerechnet werden können, die während seiner Beteiligung zu- oder abgeflossen sind. Ein solch enger Zusammenhang besteht nicht (Abgrenzung zum BFH, Beschluss vom 19.8.1986, IX S 5/83, Haufe-Index 61449, BStBl II 1987, 212). Persönlich zugerechnet werden nicht die einzelnen Geschäftsvorfälle der GbR, sondern erst die bei der GbR einheitlich ermittelten jeweiligen Ergebnisanteile.

3. Eine Vereinbarung der Gesellschafter, mit der einem eintretenden Gesellschafter ein Anteil des Ergebnisses zugewiesen werden soll, der über dessen Beteiligung hinausgeht, weil er (teilweise) schon vor dessen Eintritt – d.h. ohne Beteiligung des Eintretenden – erwirtschaftet worden war, ist nicht von vornherein unbeachtlich. Sie muss aber für die Zukunft getroffen sein, bedarf der Zustimmung aller Gesellschafter, muss ihren Grund im Gesellschaftsverhältnis haben und darf nicht rechtsmissbräuchlich sein.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 25.9.2018 – IX R 35/17

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