Rz. 328

Im Gegensatz zu den vorstehenden Grundsätzen können Herstellungskosten als Folge einer über den ursprünglichen Zustand hinausgehenden wesentlichen Verbesserung vorliegen, wenn im zeitlichen Zusammenhang mit der Anschaffung – in der Regel innerhalb von 3 Jahren – im Verhältnis zum Kaufpreis hohe Reparatur- oder Modernisierungsaufwendungen anfallen. Auch bei im Verhältnis zum Kaufpreis hohen anschaffungsnahen Aufwendungen ist somit im Einzelfall aufgrund eines – mit entsprechenden Beweisgeboten versehen – Vorbringens des Steuerpflichtigen konkret zu prüfen, ob die strittigen Aufwendungen zu einer wesentlichen Verbesserung des Gebäudes i. S. d. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB geführt haben.[1]

 

Rz. 329

Bei anschaffungsnahen Aufwendungen ist besonders sorgfältig abzugrenzen

  • ob sie das Gebäude oder den Gebäudeteil nach seinem Erwerb in einen betriebsbereiten Zustand versetzen (Anschaffungskosten)

    oder

  • ob sie das Gebäude oder den Gebäudeteil über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehend wesentlich verbessern (Herstellungskosten).
 

Rz. 330

Bei Herstellung eines neuen Gebäudes oder Gebäudeteils durch Umgestaltung des Gebäudes oder Gebäudeteils oder durch Erweiterung des bisherigen Gebäudes durch Umbau oder Anbau liegen anschaffungsnahe Herstellungskosten vor. Anschaffungsnahe Herstellungskosten liegen auch vor, wenn das Gebäude oder der Gebäudeteil eine wesentliche Verbesserung über seinen ursprünglichen Zustand hinaus erfährt.[2]

 

Rz. 331

Die Grundsätze des BMF-Schreibens v. 18.7.2003 waren in allen noch offenen Fällen anzuwenden. Wurde aber mit Baumaßnahmen vor dem Tag der Veröffentlichung dieses Schreibens im Bundessteuerblatt begonnen, ist dieses Schreiben auf Antrag nicht anzuwenden.[3] Die Veröffentlichung im BStBl erfolgte am 5.8.2003.

 

Rz. 332

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gehören zu den Herstellungskosten eines Gebäudes auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 % der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten). Zu diesen Aufwendungen gehören nicht die Aufwendungen für Erweiterungen im Sinne des § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für Erhaltungsarbeiten, die üblicherweise jährlich anfallen.[4]

 

Rz. 333

Der Gesetzgeber verfolgt mit dieser Vorschrift, die bisherige Verwaltungspraxis (R 21.1 Abs. 4 EStR) gesetzlich fortzuschreiben. Diese Vorschrift ist für Baumaßnahmen anzuwenden, mit denen nach dem 31.12.2003 begonnen wurde (§ 52 Abs. 16 Satz 7 EStG a. F.). Als Beginn gilt bei Baumaßnahmen, für die eine Baugenehmigung erforderlich ist, der Zeitpunkt, in dem der Bauantrag gestellt wird, bei baugenehmigungsfreien Bauvorhaben, für die Bauunterlagen einzureichen sind, der Zeitpunkt, in dem die Bauunterlagen eingereicht werden (§ 52 Abs. 16 Satz 8 EStG a. F.).

 

Rz. 334

Bei Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen sind somit 3 Zeiträume zu unterscheiden:

Zeitraum 1: Beginn der Baumaßnahme vor dem 5.8.2003.

Zeitraum 2: Beginn der Baumaßnahme vom 5.8.2003 bis zum 31.12.2003.

Zeitraum 3: Beginn der Baumaßnahme nach dem 31.12.2003.

 

Rz. 335

Weitere Einzelheiten siehe "Herstellungskosten im Abschluss nach HGB und EStG", Rz. 45–56.

 

Rz. 336

Durch das Nebeneinander[5] von Verwaltungsanweisungen und gesetzlichen Regelungen[6] in § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG sind Fragen zu deren Anwendungsbereichen aufgetreten. Die OFD Münster hat in ihrer Verfügung v. 11.6.2004[7] folgende Auffassungen vertreten:

  • § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG schließt nur Aufwendungen für Erweiterungen i. S. d. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB sowie Aufwendungen für jährlich üblicherweise anfallende Erhaltungsarbeiten von den zu berücksichtigenden Herstellungskosten aus. Aufwendungen zur Beseitigung der Funktionstüchtigkeit oder zur Hebung des Standards sind hiervon nicht berührt und daher in die Prüfung der 15 %-Grenze einzubeziehen.
  • Aufwendungen, die innerhalb des 3-Jahreszeitraums getätigt werden und nach den Kriterien des BMF-Schreibens v. 18.7.2003 (IV C 3, S 2211 – S 2211 – 94/03, BStBl 2003 I S. 386) Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind, in ihrer Summe aber die 15 %-Grenze nicht überschreiten, sind (und bleiben) Anschaffungs- oder Herstellungskosten i. S. d. § 255 HGB.
  • Auch wenn Aufwendungen für Baumaßnahmen erst nach Ablauf des 3-Jahreszeitraums des § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG die 15 %-Grenze überschreiten, sind sie nach Rz. 31 des BMF-Schreibens v. 18.7.2003 steuerlich als Herstellungskosten i. S. v. § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB zu behandeln.
  • Für eine in 2002 angeschaffte Immobilie wurden in 2004 Modernisierungsmaßnahmen durchgeführt, die für sich allein nicht die 15 %-Grenze überschreiten, zusammen aber mit bereits in 2003 vorgenommenen Aufwendungen rd. 1,7 % der Anschaffungskosten betrugen. Die Modernisierungsmaßnahmen sind nicht als Herstellungskosten nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG zu beurteilen, weil § 52 Abs. 16 Satz 7 EStG erst auf Baumaßnahmen anzuwenden ist, mit denen nach dem 31.12.200...

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