Rz. 113

Unklar sind die Rechtsfolgen, wenn nicht der unmittelbar beteiligte Anteilseigner das Darlehen gibt. Die dabei aufgeworfenen Rechtsfragen treten in gleicher Weise bei der Darlehensvergabe durch einen mittelbar beteiligten Anteilseigner, eine nahe stehende Person (vgl. Rz. 118) und einen rückgriffsberechtigten Dritten (vgl. Rz. 121) auf.

 
Praxis-Beispiel

Es besteht ein Konzern mit der Beteiligungskette (jeweils 100 %) Obergesellschaft – X-GmbH – Y-GmbH – Z-GmbH. Anders als im Beispiel in Rz. 112 wird das Darlehen nun von der Obergesellschaft nicht durch die Beteiligungskette "hindurchgereicht", sondern die Obergesellschaft gibt das Darlehen direkt der Z-GmbH. Das Darlehen fällt wegen Überschreitens des safe haven unter § 8a.

Das Gesetz enthält für diese Fälle keine Regelung, die über die Regelung für eine Darlehensvergabe durch unmittelbar Beteiligte hinausgeht. Aus § 8a lässt sich unmittelbar nur ablesen, dass die von der Z-GmbH an die Obergesellschaft gezahlte Vergütung als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren ist, der Abzug der Zinsen als Betriebsausgaben also durch die Hinzurechnung bei der Einkommensermittlung zu neutralisieren ist. Offen bleibt jedoch, wie der Vorgang bei der Y-GmbH, eventuell bei der X-GmbH und bei der Obergesellschaft zu behandeln ist.

M. E. kommt es nicht in Betracht, die Rechtsfolgen auf die Z-GmbH und die Obergesellschaft zu beschränken, d. h. bei der Z-GmbH eine verdeckte Gewinnausschüttung anzunehmen und bei der Obergesellschaft die Vergütungen weiterhin als Zinseinnahmen zu qualifizieren. Dadurch käme es zu einer Doppelbelastung, die über den Zweck des Gesetzes hinausgeht[1]. Diese Doppelbelastung wäre aus gleichheitsrechtlicher Sicht und im Hinblick auf die Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit im Vergleich zu anderen Finanzierungsformen wohl kaum zu rechtfertigen und verstieße daher wohl gegen Art. 3 GG. Es ist daher gerechtfertigt, durch verfassungsgemäße Interpretation eine Konstruktion anzunehmen, die dieses Ergebnis vermeidet.

Ebenfalls nicht in Betracht kommt eine isolierte Umqualifizierung der Vergütungen bei der Obergesellschaft in eine erhaltene verdeckte Gewinnausschüttung, ohne Rechtsfolgen bei der Y- und der X-GmbH anzunehmen. Die Obergesellschaft ist nicht Gesellschafterin der Z-GmbH und kann von ihr daher keine unmittelbaren (verdeckten) Gewinnausschüttungen empfangen.

Möglich ist es daher nur, den Vorgang konsequent durch die beteiligten Gesellschaften "hindurchlaufen" zu lassen[2]. Das bedeutet in der ersten Stufe, dass auf der Ebene des unmittelbaren Gesellschafters, der Y-GmbH, die bei der Z-GmbH angenommene verdeckte Gewinnausschüttung auch als verdeckte Gewinnausschüttung ankommen muss. Da das Gesetz bestimmt, dass die Vergütungen verdeckte Gewinnausschüttungen sind, müssen sie auch bei dem unmittelbaren Gesellschafter als erhaltene Gewinnausschüttungen behandelt werden. Rechtsgrundlage ist § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG. Es sind bei der Y-GmbH also Einkünfte aus einer verdeckten Gewinnausschüttung zu erfassen, die bei ihr nach § 8b Abs. 1 steuerfrei sind, aber die Rechtsfolge nach § 8b Abs. 5 auslösen. Die Fremdfinanzierung durch den mittelbar beteiligten Anteilseigner wird daher körperschaft- und gewerbesteuerlich konsequent als verdeckte Gewinnausschüttung behandelt, so dass sich im Ergebnis die gleiche Konstruktion ergibt wie bei der Darlehensgewährung durch den unmittelbar beteiligten Anteilseigner[3].

Da jedoch das bilanzmäßige Vermögen der Y-GmbH durch den Vorgang nicht vermehrt worden ist, muss ein der verdeckten Gewinnausschüttung entsprechender Vermögensabfluss angenommen werden. Hierfür stehen zwei Möglichkeiten offen, wobei es bei der zweiten Konstruktion wiederum zwei Alternativen gibt:

  • Man könnte bei der Y-GmbH annehmen, dass die erhaltene verdeckte Gewinnausschüttung an den Gesellschafter (X-GmbH) und von diesem an die Obergesellschaft als (verdeckte) Gewinnausschüttung "weitergereicht" wurde[4]. Folge wäre, dass eine Kette von verdeckten Gewinnausschüttungen angenommen wird, die bei der Gesellschaft endet, die die Vergütungen tatsächlich erhalten hat (Obergesellschaft). Bilanziell wäre dieser Vorgang konsequent darstellbar, da bei den "zwischengeschalteten" Gesellschaften die Einnahme aus der verdeckten Gewinnausschüttung vermögensmäßig durch den Abfluss der Weiterausschüttung ausgeglichen wird. Bei der Obergesellschaft wird der Zufluss aus den Vergütungen in einen Zufluss aus verdeckten Gewinnausschüttungen umqualifiziert. Für den Steuerpflichtigen nachteilig an dieser Konstruktion ist, dass auf jeder Stufe, auf der ein Zufluss einer verdeckten Gewinnausschüttung angenommen wird (Y-GmbH, X-GmbH, Obergesellschaft), nichtabzugsfähige Ausgaben nach § 8b Abs. 5 in Höhe von jeweils 5 % der Vergütung entstehen.
  • Die zweite Möglichkeit (Konstruktion B) besteht darin, die Umqualifizierung in eine verdeckte Gewinnausschüttung auf die Ebene des unmittelbaren Gesellschafters zu beschränken[5]. Dann liegen bei ihm Einnahmen aus v...

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