Rz. 101

Während sich die Rechtsfolgen auf der Ebene der Kapitalgesellschaft, die die Vergütungen zahlt, aus dem Gesetz ergeben und damit mit einiger Sicherheit feststellbar sind, ist dies für die Rechtsfolgen auf der Ebene der Gesellschafter, der nahe stehenden Personen und der Dritten, die auf einen Gesellschafter oder eine nahe stehende Person zurückgreifen können, anders. Dies liegt daran, dass die Gesellschafter-Fremdfinanzierung ausdrücklich nur in § 8a geregelt ist. Diese Vorschrift behandelt aber die Einkommensermittlung der Kapitalgesellschaft, die die Vergütungen leistet, also nicht die Ebene desjenigen, der die Vergütung erhält. Die Behandlung des Empfängers der Vergütungen richtet sich nicht mehr nach § 8a, sondern nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 bzw. 7 EStG. § 8a KStG ist mit § 20 Abs. 1 EStG unzureichend verknüpft.

 

Rz. 102

Bis Vz 2003 blieben die Fremdkapitalvergütungen bei den Anteilseignern Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, nicht Gewinnanteile nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Für eine Umqualifizierung der Einnahmen auf der Ebene der Anteilseigner fehlte die Rechtsgrundlage; diese hätte § 20 EStG enthalten müssen, § 8a KStG konnte nicht herangezogen werden. Die Erwähnung der verdeckten Gewinnausschüttung in § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG änderte hieran nichts; § 8a KStG begründete keine verdeckte Gewinnausschüttung, sondern ließ auf der Ebene der Kapitalgesellschaft nur deren Rechtsfolgen eintreten. Mit dieser Auslegung wurde vermieden, dass eine "verdeckte Gewinnausschüttung" durch die ganze Beteiligungskette "durchgeschleust" werden musste, wenn ein mittelbar beteiligter Anteilseigner oder eine nahe stehende Person das Fremdkapital hingegeben hatte. Im Fall der Hingabe des Fremdkapitals durch einen Dritten wären sonst die Rechtsfolgen auch nur mit Schwierigkeiten darstellbar gewesen[1]. Zu Unrecht nahmen das BMF (v. 15.12.1994, IV B 7 – S 2742a – 63/94, BStBl I 1995, 25, Tz. 77) sowie Herzig (DB 1994, 110, 115) an, dass auch auf der Ebene des Anteilseigners eine Umqualifizierung in eine verdeckte Gewinnausschüttung zu erfolgen hatte.

Da die Vergütungen keine (verdeckten) Gewinnausschüttungen waren, also keine Ausschüttungswirkung, sondern nur eine Hinzurechnung bei der Einkommensermittlung als nicht abzugsfähige Betriebsausgabe eintrat, griff für die Übergangszeit die Körperschaftsteuererhöhung nach § 38 nicht ein; die Hinzurechnung nach § 8a war keine, auch keine fiktive "Ausschüttung".

Kapitalertragsteuer fiel nicht an, da keiner der Tatbestände des § 43 EStG vorlag[2]. Insbesondere waren die Vergütungen auch nach der Umqualifizierung noch Betriebsausgaben, keine Kapitalerträge i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Behandlung als verdeckte Gewinnausschüttung war eine Rechtsfolgenverweisung, keine Rechtsgrundverweisung, und bezog sich mangels einer entsprechenden Vorschrift im EStG nur auf die Körperschaftsteuer, nicht auf die Kapitalertragsteuer. Diese Regelung war auch konsequent. Die Kapitalertragsteuer ist eine Steuer des Anteilseigners, könnte also nur anfallen, wenn die Umqualifizierung auch die Ebene des Anteilseigners erfassen würde. Das war jedoch nicht der Fall.

 

Rz. 103

Durch das Gesetz v. 22.12.2003[3] ist ab Vz 2004 insoweit eine Änderung eingetreten. Indem das Gesetz nicht nur eine Rechtsfolgeverweisung vorsieht, sondern den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung um die Fälle des § 8a erweitert (vgl. Rz. 7), handelt es sich bei den Vergütungen für Gesellschafter-Fremdkapital dem Wesen nach um verdeckte Gewinnausschüttungen mit der Folge, dass alle Rechtsfolgen der verdeckten Gewinnausschüttung eintreten[4]. Das bedeutet, dass die Umqualifizierung nicht nur die Kapitalgesellschaft trifft, die die Vergütungen leistet, sondern auch den Anteilseigner. Er bezieht daher nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG Gewinnanteile aus seiner Beteiligung in der Form einer verdeckten Gewinnausschüttung, die als Einnahmen aus Kapitalvermögen einzuordnen sind[5]. Ist der Gesellschafter eine Körperschaft, ist die verdeckte Gewinnausschüttung bei ihm nach § 8b Abs. 1 steuerfrei, allerdings wird ein Betrag in Höhe von 5 % der verdeckten Gewinnausschüttung als Betriebsausgaben eingeordnet, die steuerlich nicht abzugsfähig sind (vgl. § 8b Abs. 5). Ist der Gesellschafter eine natürliche Person, unterliegt die verdeckte Gewinnausschüttung dem Halbeinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40 Buchst. d EStG[6].

Diese Rechtsfolge, d. h. die Erweiterung der Umqualifizierung der Zinsen in eine verdeckte Gewinnausschüttung, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz. § 8a gilt unmittelbar nur für die Ebene der Kapitalgesellschaft, nicht für die Ebene des Anteilseigners; daher fehlt für eine Umqualifizierung der Vergütungen in eine verdeckte Gewinnausschüttung auf der Ebene des Anteilseigners in § 20 EStG eine gesetzliche Regelung. Hieraus schließt Wassermeyer[7], dass sich die Wirkungen des § 8a auf die Umqualifizierung der Vergütungen auf der Gesellschaftsebene beschränken, also bei dem Gesellschafter Zinsen, kei...

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