Rz. 172

§ 50d Abs. 8 und 9 EStG enthalten Bestimmungen für unbeschränkt Stpfl. bei Bestehen eines DBA. Sie enthalten materielle Bestimmungen zur Anwendung der DBA, indem sie bestimmte Regelungen des jeweiligen DBA verdrängen; es handelt sich daher um einen Treaty Override (Rz. 3ff.).

 

Rz. 172a

Der Sache nach enthalten die beiden Vorschriften "Switch-over-" oder "Subject-to-tax-Klauseln". Beide Arten von Klauseln unterscheiden sich zwar in ihrem Regelungszweck und daher im Tatbestand, jedoch nicht in ihren Wirkungen und sind daher schwer voneinander zu unterscheiden. Die Unterscheidung wird zusätzlich dadurch erschwert, dass z. B. § 50d Abs. 8 EStG eine Mischung von "Subject-to-tax-Klausel" und "Switch-over-Klausel" in der hier vertretenen Terminologie darstellt. Diese Vorschrift ist auch anwendbar, wenn Deutschland und der ausl, Staat die Einkünfte unterschiedlich qualifizieren (Rz. 182a), insoweit hat § 50d Abs. 8 EStG die Funktion einer "Switch-over-Klausel". Eine allgemein anerkannte Begriffsbestimmung für diese Arten von Klauseln hat sich bisher nicht durchgesetzt.

 

Rz. 172b

Im Folgenden werden unter "Switch-over-Klauseln" solche Klauseln verstanden, die die Folgen regeln sollen, wenn die beiden beteiligten Staaten die Vorschriften eines DBA unterschiedlich auslegen, also ein Qualifikationskonflikt bei der Auslegung des DBA vorliegt. In diesem Fall kann der Ansässigkeitsstaat von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode übergehen, wenn der Qualifikationskonflikt dazu führt, dass der Quellenstaat die Einkünfte nicht oder nur mit einem der Höhe nach begrenzten Quellensteuersatz besteuert. Rechtspolitisch ist eine solche Klausel problematisch, da das zutreffende Mittel zur Vermeidung von Qualifikationskonflikten ein Verständigungsverfahren im Einzelfall oder eine allgemeine Verständigungsvereinbarung wäre. Dagegen besteht kaum eine Rechtfertigung dafür, dass ein Staat in einem solchen Fall einseitig und im Gegensatz zu der von ihm selbst vertretenen Auslegung des DBA das Besteuerungsrecht in Anspruch nimmt.

Eine "Subject-to-tax-Klausel" ist dagegen eine Klausel, die die Steuerfolgen in dem einen Staat von der Besteuerung in dem anderen Staat abhängig macht, ohne dass eine mögliche Freistellung in dem anderen Staat auf einer unterschiedlichen Interpretation des DBA, also einen Qualifikationskonflikt, zurückzuführen ist. Bei der "Subject-to-tax-Klausel" ist nach der hier vertretenen Definition nicht entscheidend, dass die Besteuerung in dem anderen Staat völlig unterbleibt. Für das Eingreifen der Vorschrift genügt auch, je nach Formulierung der Klausel, eine niedrige Besteuerung. So wäre nach der hier vertretenen Definition § 20 Abs. 2 AStG eine "Subject-to-tax-Klausel", obwohl der Wortlaut eher auf eine "Switch-over-Klausel" hinweist. Rechtspolitisch lässt sich eine "Subject-to-tax-Klausel" eher rechtfertigen als eine "Switch-over-Klausel", da der Staat in dem DBA die Freistellung regelmäßig nur deshalb gewähren will, weil er von einer aus seiner Sicht ausreichenden Besteuerung im anderen Staat ausgeht. Trifft diese Annahme im Einzelfall nicht zu, wird dieser Staat keine Veranlassung zur Freistellung sehen.

 

Rz. 173

In ihren Wirkungen sind beide Arten von Klauseln völlig gleich. Sie bewirken nämlich einen Übergang von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode. Bei der "Switch-over-Klausel" ist dies bereits in der Bezeichnung ausgedrückt; sie führt zu einem "Umschalten" von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode. Dies gilt aber auch für die "Subject-to-tax-Klausel". Sind die Voraussetzungen dieser Klausel erfüllt, weil die Einkünfte in dem anderen Staat nicht der im Inland für die Gewährung der Freistellung vorausgesetzten Steuerbelastung unterliegen, wird die Freistellung nicht gewährt. Folge ist, dass die Anrechnungsmethode anzuwenden ist, also ebenfalls ein "Umschalten" von der Freistellungs- zur Anrechnungsmethode eintritt. Für diese Wirkung ist es grundsätzlich ohne Bedeutung, ob die Freistellung in dem Methodenartikel des DBA enthalten ist oder bereits in einem Verteilungsartikel. Die nationalen "Subject-to-tax-Klauseln" bzw. "Switch-over-Klauseln" wie § 50d Abs. 8, 9 EStG machen insoweit keinen Unterschied.[1] Anders ist es nur, wenn die entsprechende Klausel in dem Methodenartikel des DBA enthalten ist.[2] Dann tritt der Übergang zur Anrechnungsmethode nur bei im Methodenartikel angeordneten Freistellungen ein, nicht soweit die Freistellung bereits im Verteilungsartikel enthalten ist.

 

Rz. 173a

"Switch-over-Klauseln" und "Subject-to-tax-Klauseln" können in den DBA, aber auch in nationalen Gesetzen enthalten sein. So enthalten § 50d Abs. 9 Nr. 2 EStG und § 20 Abs. 2 AStG eine "Subject-to-Tax-Klausel", § 50d Abs. 9 Nr. 1 EStG eine "Switch-over-Klausel" und § 50d Abs. 8 EStG sowohl eine "Switch-over-Klausel" als auch eine "Subject-to-tax-Klausel". Für die DBA hat die OECD in Art. 23A Abs. 4 OECD-MA die Aufnahme einer "Switch-over-Klausel" vorgeschlagen. In älteren DBA ist eine solche Klausel häufig noch nicht...

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