Rz. 96

Nach § 50d Abs. 3 S. 1 Nr. 1 EStG ist die Steuerentlastung zu versagen, wenn für die Einschaltung der ausl. Gesellschaft wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen. Infolge des G. v. 7.12.2011[1] hat sich die Bedeutung dieses Merkmals geändert. Bis zum 31.12.2011 mussten beachtliche Gründe für die Einschaltung der ausl. Gesellschaft überhaupt fehlen. Ab 1.1.2012 bezieht sich dieses Merkmal nur auf die Erträge, die nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammen. Es kommt daher ab 1.1.2012 nur darauf an, ob für die Einschaltung der ausl. Gesellschaft bezüglich der nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammenden Erträge beachtliche Gründe fehlen. Ob im Übrigen Gründe für die Einschaltung der ausl. Gesellschaft vorliegen, ist danach unbeachtlich. Darüber hinaus ist dieses Funktionsmerkmal unverändert geblieben.

 

Rz. 96a

Wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe müssen in Bezug auf diejenigen Erträge fehlen, die bei der eingeschalteten Gesellschaft nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammen, denn nur für diese Erträge ist eine Prüfung der Funktionsvoraussetzungen vorzunehmen. Hat die eingeschaltete Gesellschaft mehrere Erträge, die nicht aus eigener Wirtschaftstätigkeit stammen, ist die Prüfung der wirtschaftlichen oder sonst beachtlichen Gründe nach dem Wortlaut der Vorschrift auf die Gesamtheit dieser Erträge zu beziehen.[2] Das ist jedoch problematisch und praktisch kaum möglich, da die Gründe für die Einschaltung der Gesellschaft für jeden Ertragsstrom unterschiedlich sein können. Der Gesetzestext ist insoweit aber eindeutig.

 

Rz. 96b

Für die Frage, ob wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe vorliegen, dürfen nach S. 2 nur solche Gründe herangezogen werden, die in der Person der die Entlastung beanspruchenden Gesellschaft liegen. Gründe, die außerhalb dieser Gesellschaft liegen, insbes. sich aus den Verhältnissen nahestehender Personen ergeben (§ 1 Abs. 2 AStG), dürfen nicht berücksichtigt werden (Rz. 115); es gilt also das Verbot der "Merkmalsübertragung".

 

Rz. 97

Das Gesetz verwendet nach seinem Wortlaut "beachtliche" Gründe als Oberbegriff und unterscheidet in "wirtschaftliche" und "sonst beachtliche" Gründe. Wirtschaftliche Gründe sind daher regelmäßig auch beachtliche Gründe. Ob wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe für die Einschaltung der Gesellschaft vorliegen, ergibt sich regelmäßig aus der Funktion, die die Gesellschaft erfüllt. So liegt ein wirtschaftlicher Grund vor, soweit die Gesellschaft eine eigenwirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder die Aufnahme einer solchen Tätigkeit plant.[3] Wirtschaftliche Gründe für die Einschaltung der ausl. Gesellschaft können etwa sein: ein liberaler Devisenverkehr, günstige Zollregelungen, niedrige Löhne und Sozialkosten, günstige Standortbedingungen, guter Zugang zu Kapitalmärkten, vereinheitlichte Produktions- oder Vertriebsstrukturen, Steuerung von Tochtergesellschaften, die im jeweils selben Geschäftsfeld tätig sind, erleichterte Gründungsvoraussetzungen, Vermeidung von Publizität oder Mitbestimmung oder ein liberales Handelsrecht, z. B. hinsichtlich der Buchführungsvoraussetzungen. Hat die Gesellschaft eine Holdingfunktion, ist dies ein beachtlicher Grund dafür, dass die Gesellschaft Beteiligungen hält. Beachtliche wirtschaftliche Gründe für die Einschaltung der Holding können etwa ein liberales und kostengünstiges Konzernrecht sein; allerdings dürfen insoweit nur die von der Holding abhängigen Tochtergesellschaften in die Betrachtung einbezogen werden, nicht die Muttergesellschaft. Hat die Gesellschaft eine Finanzierungsfunktion, liegen wirtschaftliche Gründe dafür vor, dass die Gesellschaft in die Darlehensvergabe eingeschaltet ist. Hat die Gesellschaft die Funktion einer Patent- oder Warenzeichenverwaltungsgesellschaft oder einer Veranstaltungsgesellschaft für sportliche, künstlerische und ähnliche Darbietungen, liegen beachtliche Gründe für die Einschaltung in den Lizenzverkehr bzw. die Rechtsbeziehungen zu den Künstlern, Sportlern usw. vor. Vermögensverwaltung gehört grds. zu den beachtlichen Gründen, allerdings kann die Entlastungsberechtigung dann daran scheitern, dass Einnahmen aus Vermögensverwaltung nicht als "Bruttoerträge aus eigener Wirtschaftstätigkeit" zählen (Rz. 82ff.).

 

Rz. 97a

Die Reduzierung von Kosten, der Steuerbelastung, des Risikos usw. sind "wirtschaftliche" Gründe; ihre Berücksichtigung scheitert aber nach S. 2 regelmäßig daran, dass sie sich nicht auf die Gesellschaft isoliert betrachtet beziehen, sondern nur aus Konzernsicht beurteilt werden können. So kann z. B. die Zwischenschaltung einer Gesellschaft nur aus Konzernsicht zur Kostenersparnis führen; wird entsprechend S. 2 nur auf die Gesellschaft isoliert abgestellt, ergibt sich insoweit keine Vergleichsmöglichkeit, um die "Ersparnis" ermitteln zu können.

 

Rz. 98

Sonstige beachtliche Gründe können rechtliche, aber auch tatsächliche Gründe sein. Hierunter fallen etwa das wirtschafts- oder rechtspolitische Klima in dem Ansässigkeitsstaat, ein vertrauen...

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