Rz. 37

Wird keine Freistellungsbescheinigung vorgelegt, kann vom Steuerabzug dann abgesehen werden, wenn die Summe aller Gegenleistungen des Leistungsempfängers an den Leistenden im laufenden Kj. den Betrag von 5.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird. Die Freigrenze von 5.000 EUR erhöht sich auf 15.000 EUR, wenn der Leistungsempfänger allein deswegen als Unternehmer abzugspflichtig ist, weil er ausschließlich steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 12 S. 1 UStG (= umsatzsteuerbefreite Vermietungsumsätze) ausführt. Erbringt der Leistungsempfänger aber neben steuerfreien Umsätzen nach § 4 Nr. 12 UStG weitere, ggf. nur geringfügige umsatzsteuerpflichtige Umsätze, dann gilt insgesamt nur die Freigrenze von 5.000 EUR. Erbringt der Leistungsempfänger neben seinen umsatzsteuerfreien Vermietungsumsätzen auch andere umsatzsteuerfreie Umsätze, bleibt ihm die Freigrenze von 15.000 EUR erhalten.[1]

 
Praxis-Beispiel

Verschiedene Freigrenzen beachten

  1. Der Leistungsempfänger erbringt ausschließlich umsatzsteuerpflichtige Umsätze.

    Es gilt die Freigrenze von 5.000 EUR.

  2. Der Leistungsempfänger erbringt ausschließlich umsatzsteuerfreie Vermietungsumsätze.

    Es gilt die Freigrenze von 15.000 EUR.

  3. Der Leistungsempfänger erbringt neben umsatzsteuerfreien Vermietungsumsätzen auch umsatzsteuerbefreite Umsätze als Bausparkassenvertreter.

    Es gilt die Freigrenze von 15.000 EUR.

  4. Der Leistungsempfänger erbringt neben umsatzsteuerfreien Vermietungsumsätzen auch umsatzsteuerpflichtige Umsätze.

    Es gilt die Freigrenze von 5.000 EUR.

 

Rz. 38

Für die Ermittlung des Betrags, ob die Freigrenzen überschritten sind oder werden, sind die für denselben Leistungsempfänger im Kj. erbrachten und voraussichtlich noch zu erbringenden Bauleistungen zusammenzurechnen. Überschreitet die Gegenleistung für eine Bauleistung noch nicht die Freigrenze, muss der Leistungsempfänger abwägen, ob gegenüber denselben Leistenden im selben Kj. noch weitere Gegenleistungen für Bauleistungen erbracht werden und additiv die Freigrenze deswegen überschritten wird. Geht der Leistungsempfänger zunächst davon aus, dass die Freigrenze nicht überschritten wird, und nimmt er bei Erfüllung der Gegenleistung den Steuerabzug nicht vor, so ist der unterlassene Steuerabzug nachzuholen, wenn es im Nachhinein zur Überschreitung der maßgeblichen Freigrenze im laufenden Kj. kommt. Auf ein Verschulden des Leistungsempfängers kommt es insoweit nicht an.[2]

 
Praxis-Beispiel

Ermittlung der Freigrenzen[3]

  1. Ein Stpfl., der ausschließlich umsatzsteuerbefreite Vermietungsumsätze tätigt, lässt an einem vermieteten Mehrfamilienhaus das Dach neu eindecken. Der beauftragte Dachdecker legt keine Freistellungsbescheinigung vor. Die Kosten der Dachreparatur werden insgesamt ca. 20.000 EUR betragen. Hiervon sind 10.000 EUR zunächst als Abschlagszahlung und der Rest nach Erteilung der Schlussrechnung noch im selben Kj. zu erbringen.

    Da im Vornherein feststeht, dass die Freigrenze von 15.000 EUR überschritten wird, ist bereits von der Abschlagszahlung der Steuerabzug vorzunehmen.

  2. Ein Stpfl., der ausschließlich umsatzsteuerbefreite Vermietungsumsätze tätigt, lässt an seinem vermieteten Zweifamilienhaus das Dach reparieren. Der beauftragte Dachdecker legt keine Freistellungsbescheinigung vor. Nach dem Kostenvoranschlag soll die Dachreparatur 14.500 EUR kosten. Vereinbarungsgemäß zahlt der Leistungsempfänger nach Baufortschritt eine Abschlagszahlung i. H. v. 10.000 EUR. Durch Zusatzarbeiten verteuert sich der Auftrag, sodass in der Schlussrechnung noch 6.000 EUR in Rechnung gestellt werden, die der Leistungsempfänger noch im selben Jahr zahlt.

    Zunächst scheint die Bagatellgrenze nicht überschritten zu sein. Von der Abschlagszahlung ist der Steuerabzug nicht vorzunehmen. Mit den Zusatzarbeiten wird nunmehr die Bagatellgrenze von 15.000 EUR überschritten, sodass die gesamte Gegenleistung (16.000 EUR) dem Steuerabzug unterliegt. Sofern bei der Leistung der Abschlagszahlung der Steuerabzug unterblieben ist, muss er nun bei Erfüllung der Restzahlung (insgesamt 15 % von 16.000 EUR = 2.400 EUR) nachgeholt werden.

 

Rz. 39

Reicht der Betrag der Gegenleistung, die im Laufe des Jahres nachträglich zum Überschreiten der Freigrenze führt, für die Erfüllung der Abzugsverpflichtung für die Summe aller Gegenleistungen nicht aus, so muss der Leistungsempfänger nicht etwa einen Teilbetrag der Anzahlung vom Leistenden zurück fordern. Die Finanzverwaltung lässt in diesen Fällen zu, dass insoweit die Abzugsverpflichtung entfällt, soweit die nachträglich zum Überschreiten der Freigrenze führende Gegenleistung nicht zum gesamten Steuerabzug ausreicht.[4]

 
Praxis-Beispiel

Nachträgliche Überschreitung der Freigrenze

Ein Stpfl., der ausschließlich umsatzsteuerbefreite Vermietungsumsätze tätigt, lässt zu Beginn des Jahres kleinere Reparaturarbeiten an seinem vermieteten Zweifamilienhaus ausführen. Die Gegenleistung beträgt 14.000 EUR. Ein Steuerabzug wird zu Recht nicht vorgenommen. Im November lässt er durch denselben Dachdecker an dem Gebäude ein Dac...

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