1 Allgemeines

1.1 Überblick und Systematik

 

Rz. 1

§ 45 EStG ist eine Vorschrift, die bestimmte Ausnahmen für den Anspruch auf Erstattung von KapESt regelt.[1] Die Vorschrift schließt in S. 1 die Erstattung von KapESt an den Zahlungsempfänger aus, wenn die Auszahlung nicht an den Anteilseigner selbst erfolgt, sondern an einen Dritten. S. 2 EStG ermöglicht dem Erwerber eines Dividendenanspruchs, abweichend von der Grundaussage in S. 1, die Erstattung der auf die Dividendenzahlung einbehaltenen KapESt, wenn bereits anlässlich der Veräußerung des Dividendenanspruchs KapESt einbehalten wurde. S. 3 der Vorschrift schließt die Erstattung von KapESt an den Erwerber von Zinsscheinen nach § 37 Abs. 2 AO ausdrücklich aus.

[1] Paintner, DStR 2014, 1621.

1.2 Zweck der Regelung

 

Rz. 1a

§ 45 EStG wurde durch G. v. 25.7.1988[1] in das EStG eingefügt und soll im Grundsatz sicherstellen, dass dem Erwerber von Dividenden- oder Zinsscheinen die KapESt nicht etwa deshalb erstattet wird, weil er im Verhältnis zum Emittenten der Schuldverschreibung nicht Gläubiger der Kapitalerträge ist, sondern lediglich eine entgeltlich erworbene Forderung einzieht.

[1] BStBl I 1988, 224.

1.3 Verhältnis zu anderen Vorschriften

 

Rz. 1b

§ 45 S. 2 EStG nimmt Bezug auf die Fälle des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Buchst. a S. 2 EStG. Gem. § 45 S. 3 EStG ist in den Fällen des 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Buchst. b EStG die Erstattung von KapESt an den Erwerber von Zinsscheinen nach der allg. Erstattungsvorschrift des § 37 Abs. 2 AO ausgeschlossen.

Nach § 50d Abs. 1 S. 12 EStG gilt § 45 EStG für die Erstattung der KapESt entsprechend. D. h., dass auch im Fall des Erstattungsanspruchs nach § 50d Abs. 1 EStG die Erstattung an einen anderen als den Anteilseigner ausgeschlossen ist.

1.4 Entwicklung der Vorschrift

 

Rz. 1c

Aufgrund des Art. 2 des G. zur Anpassung des nationalen Steuerrechts an den Beitritt Kroatiens zur EU und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften[1] wurde § 45 EStG m. W. z. 31.7.2014 (Art. 28 Abs. 1) geändert. In der Vorschrift wurde S. 2 dahingehend formuliert, dass S. 1 nicht nur nicht für den Erwerber eines Dividendenscheins, sondern nunmehr auch nicht für den Erwerber eines "sonstigen Anspruches" in den Fällen des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Buchst. a S. 2 EStG gilt.

 

Rz. 1d

§ 45 EStG wurde weiter durch Art. 2 des G. zur Vermeidung von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 11.12.2018[2] geändert. Die Änderung trat nach dessen Art. 20 Abs. 1 m. W. z. 15.12.2018 in Kraft. Die Änderung des § 45 EStG ist nach der allg. Anwendungsregelung in § 52 Abs. 1 EStG in der am 1.1.2018 geltenden Fassung aber erstmals schon für den Vz 2018 anzuwenden (Rz. 6d). In § 45 S. 1 EStG wurden die Wörter "Erstattung von Kapitalertragsteuer an" durch die Wörter "Erstattung oder Anrechnung von Kapitalertragsteuer für" ersetzt. Die Ergänzung dient der Klarstellung, dass neben der Erstattung auch die Anrechnung von KapESt ausgeschlossen ist, sofern die Dividende an einen anderen als den Anteilseigner ausgezahlt wird. In § 45 S. 2 EStG wurden die Wörter "beim Erwerber sind drei Fünftel der Kapitalertragsteuer nicht anzurechnen oder zu erstatten" eingefügt. Die Ergänzung von S. 2 soll Gestaltungen verhindern, bei denen über die Abtrennung von Dividendenscheinen die Beschränkung der Anrechnungsvoraussetzungen nach § 36a EStG umgangen wird. Im Kern dient die Änderung daher der Verhinderung der Umgehung des § 36a EStG.[3]

[1] BGBl I 2014, 1266.
[2] BGBl I 2018, 2338.
[3] BT-Drs. 19/4455, 43.

1.5 Entwicklung der Verwaltungsauffassung/BMF-Schreiben

 

Rz. 2

Die Finanzverwaltung hat sich im Anwendungsschreiben zur Abgeltungsteuer[1] grundlegend zu KapESt-Abzugsverpflichtungen geäußert. Zu dem zu § 45 S. 2 EStG in Verbindung stehenden § 36a EStG vgl. BMF-Schreiben zu "Anwendungsfragen zur Beschränkung der Anrechenbarkeit der KapEst nach § 36a EStG"[2], das in 2018[3] ergänzt wurde.

[1] BMF v. 18.1.2016, IV C 1-S 22252/08/10004:017, Rz. 183a-241d, BStBl I 2016, 85.

2 Keine Erstattung bei Anteilsveräußerung ex Dividende (S. 1)

 

Rz. 3

Wird die Dividende an einen anderen als an den Anteilseigner ausgezahlt, ist nach S. 1 der Vorschrift die Erstattung von KapESt an den Zahlungsempfänger ausdrücklich ausgeschlossen. Es handelt sich hierbei z. B. um Fälle, in denen der bisherige Inhaber das Stammrecht veräußert hat, bei der Veräußerung jedoch vereinbart wurde, dass die Dividendenansprüche des laufenden oder des abgelaufenen Wirtschaftsjahrs, für das der Gewinnverteilungsbeschluss noch nicht gefasst ist, noch dem Veräußerer zustehen sollen. Die Dividende wird dann zwar an den Veräußerer ausgezahlt, für die Besteuerung als Kapitalertrag wird sie jedoch dem Erwerber des Stammrechts als Anteilseigner im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses zugerechnet, dem als Anteilseigner i. S. d. § 20 Abs. 5 EStG auch die Anrechnung der KapESt sowie des SolZ zur KapESt (§ 20 EStG a. F. Rz. 201).

 

Rz. 4

Wenn die Dividende bzw. der sonstige Gewinnanspruch wie bei der Anteilsveräußerung ex Dividende zivilrechtlich nicht dem Anteilseigner zusteht, war die Neuregelung erstmals ...

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