1 Allgemeines und Entwicklung der Vorschrift

1.1 Grundlagen

 

Rz. 1

Die Vorschrift regelt, von welcher Bemessungsgrundlage und mit welchem Steuersatz die KapESt einzubehalten ist.[1] Während § 43a EStG den Steuerabzug der Höhe nach bestimmt, regelt § 43 EStG den Steuerabzug dem Grunde nach.

 

Rz. 2

Zum KapESt-Abzug verpflichtet ist die die Kapitalerträge auszahlende Stelle i. S. d. § 44 Abs. 1 S. 4 EStG. Zum Begriff auszahlende Stelle s. § 44 EStG Rz. 31ff.; zu den Kapitalerträgen, von denen KapESt einzubehalten ist, s. § 43 EStG Rz. 25ff.

 

Rz. 3

Die KapESt-Sätze sind durch das Unternehmensteuereformgesetz 2008. v. 14.8.2007 (UntStRefG)[2] einheitlich und übereinstimmend mit dem gesonderten Steuersatz i. H. v. 25 % gem. § 32d Abs. 1 S. 1 EStG ausgestaltet worden; sie gelten für alle Kapitalerträge, die nach dem 31.12.2008 zufließen (§ 52a Abs. 1 EStG a. F.). Liegen Einkünfte aus Kapitalvermögen vor, die nicht gem. § 20 Abs. 8 EStG zu anderen Einkunftsarten gehören, so ist die ESt mit dem Steuerabzug gem. § 43 Abs. 5 EStG abgegolten (§ 43 EStG Rz. 199ff.).

 

Rz. 4

Der jeweilige Prozentsatz, mit dem die KapESt von den dem Steuerabzug unterliegenden Kapitalerträgen zu erheben ist, unterschied sich vor Einführung der Abgeltungsteuer durch das UnStRefG 2008 zum 1.1.2009 sich danach,

  • ob der Gläubiger der Kapitalerträge die KapESt oder
  • ob der Schuldner der Kapitalerträge die KapESt übernimmt.
 

Rz. 4a

Eine ausdrückliche Unterscheidung der Steuersätze enthält § 43a EStG in der ab dem 1.1.2009 geltenden Fassung nicht mehr. Sie wurde durch UntStRefG 2008. v. 14.8.2007[3] ersatzlos gestrichen. Seit 1.1.2009 gilt nunmehr ein – von den Fällen des § 43 Abs. 1 S. 1 Nr. 7b und 7c EStG (Leistungen bzw. Gewinn von Betrieben gewerblicher Art mit oder ohne eigene Rechtspersönlichkeit) abgesehen – einheitlicher KapESt-Satz von 25 %.[4]

Auch wenn § 43a Abs. 1 S. 1 EStG dies nicht ausdrücklich regelt, so beträgt die KapESt in den Fällen des § 43a Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG 33⅓ % des tatsächlich ausgezahlten Betrags, wenn der Schuldner die KapESt übernimmt. Die ausdrückliche Unterscheidung zwischen den Steuersätzen in Abhängigkeit davon, ob der Gläubiger oder der Schuldner die KapESt trägt, in der am 31.12.2008 geltenden Fassung des § 43a EStG war nur deklaratorischer Natur. Denn die Übernahme der KapESt durch den Schuldner setzt eine Nettovereinbarung voraus und bedeutet, dass die KapESt auf der Basis einer Nettobemessungsgrundlage berechnet wird. Damit im Ergebnis dasselbe Steueraufkommen gewährleistet ist, muss sich der Steuersatz entsprechend ändern, sodass der Unterschied in der Bemessungsgrundlage ausgeglichen wird.

 
Praxis-Beispiel

KapESt-Berechnung vom Bruttokapitalertrag bzw. Nettokapitalertrag

Bei einem Bruttokapitalertrag von 1.000 EUR beträgt die vom Gläubiger zu tragende KapESt (ohne Berücksichtigung einer etwaigen Kapitalertragsteuer mindernden KiSt) 250 EUR. Die KapESt ist Teil der Bemessungsgrundlage. Vereinbaren die Parteien einen Nettokapitalertrag von 750 EUR, so ist die Übernahme der Steuer durch den Schuldner ebenfalls Teil der kapitalertragsteuerpflichtigen Zuwendung. Da die Bemessungsgrundlage nur 750 EUR ist, ist KapESt i. H. v. 33 ⅓ % vom Schuldner abzuführen, also ebenfalls 250 EUR.

 

Rz. 5

Übernimmt der Schuldner der Kapitalerträge für den Gläubiger die KapESt (Rz. 21), was trotz der Änderung des § 43a EStG aufgrund der Einführung der Abgeltungsteuer zum Vz 2009 weiter möglich ist[5], so gilt dies auch für den SolZ.[6] Die KiSt ist seit der Neueinfügung durch Art. 2 des Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetzes v. 7.12.2011[7] gem. § 51a Abs. 2c EStG i. V. m. Abs. 2b mit Wirkung ab 1.1.2015 durch die auszahlende Stelle als die zur Vornahme des Steuerabzugs vom Kapitalertrag Verpflichtete (Kirchensteuerabzugsverpflichtete) i. S. d. § 51a Abs. 2c S. 1 EStG  ebenfalls zu berücksichtigen.[8] Nach der Rechtslage bis Ende 2014 musste der der Gläubiger der Kapitalerträge einen Antrag auf Erhebung der KiSt im KapESt-Abzugsverfahren stellen..

[1] Literatur zu § 43a EStG: Annemüller, EStB 2017, 121, 158; Annemüller, ErStB 2017, 247; Schmidt, DStR 2018, 1201; Schlund, BB 2018, 1047;
[2] BGBl I 2007, 1912.
[3] BGBl I 2007, 1912.
[4] BR-Drs. 220/07, 108.
[5] BMF v. 18.1.2016, IV C 1-S 22252/08/10004:017, Rz. 183a, BStBl I 2016, 85; Lindberg, in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 43a EStG Rz. 6a.
[6] BMF v. 18.1.2016, IV C 1-S 22252/08/10004:017, Rz. 183a, BStBl I 2016, 85.
[8] BMF v. 18.1.2016, IV C 1-S 22252/08/10004:017, Rz. 183a, BStBl I 2016, 85.

1.2 Entwicklung der Vorschrift

 

Rz. 5a

Im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2010 (JStG 2010)[1] wurde mit m. W. v. 14.12.2010 in § 43a Abs. 3 S. 7 EStG geregelt, dass die auszahlende Stelle im Falle der Kenntnisnahme nach Ablauf des Kj. von der Veränderung einer Bemessungsgrundlage oder einer zu erhebenden KapESt die entsprechende Korrektur erst zum Zeitpunkt ihrer Kenntnisnahme vorzunehmen hat. Die Neuregelung sieht vor, dass die auszahlende Stelle Korrekturen materieller Fehler beim KapESt-Einbehalt nicht rückwirkend, sondern erst zum Zeitpunkt ihrer Kenntniserlangung vornehme...

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