Rz. 629

Nach § 4 Abs. 4a S. 1 EStG sind Schuldzinsen insoweit bei der Gewinnermittlung nicht abziehbar, als Überentnahmen getätigt worden sind.

Die Regelung ist nur anwendbar auf Schuldzinsen, die dem Grunde nach betrieblich veranlasst sind. Diese Zinsen werden bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen (Überentnahmen) als nicht abzugsfähige Betriebsausgaben eingestuft. Sind Zinsen nicht betrieblich, sondern privat veranlasst, sind sie schon dem Grunde nach keine Betriebsausgaben und daher nicht abzugsfähig; § 4 Abs. 4a EStG greift insoweit nicht ein.[1] Der Einleitungssatz, dass "Schuldzinsen … nicht abziehbar" sind, kann sich nur auf betrieblich veranlasste Schuldzinsen beziehen, da andere Schuldzinsen ohnehin nicht abziehbar sind. Die Vorschrift gibt keinen Hinweis darauf, dass sie von dem Veranlassungsprinzip des § 4 Abs. 4 EStG abweichen will. Daraus folgt eine "zweistufige Prüfung": Auf einer ersten Stufe ist zu ermitteln, ob die Zinsen überhaupt betrieblich veranlasst sind. Wird dies verneint, sind die Zinsen also privat veranlasst, sind sie in voller Höhe nicht abzugsfähig. Sind die Zinsen betrieblich veranlasst, ist auf einer zweiten Stufe Abs. 4a auf diese Zinsen anzuwenden, d. h. sie sind in abzugsfähige und nicht abzugsfähige Zinsen aufzuteilen. Demnach muss geprüft werden, ob Überentnahmen den Betriebsausgabenabzug einschränken.[2]

 

Rz. 630

Für die Frage, ob die Zinsen dem Grunde nach Betriebsausgaben sind, gelten die Grundsätze der Rspr. zur Finanzierungsfreiheit (Rz. 622). Der Stpfl. kann also frei entscheiden, ob er privaten Aufwand mit Krediten finanzieren will (privat veranlasste Zinsen) oder betrieblichen Aufwand (betrieblich veranlasste Schuldzinsen). Die Einordnung in privat oder betrieblich veranlasste Darlehen hat nach dem tatsächlichen Verwendungszweck der Darlehen zu erfolgen. Dabei sind Darlehen, die direkt und unmittelbar zur Finanzierung von Entnahmen eingesetzt werden, privat veranlasst.[3] Diese Darlehen sind, als privat veranlasst, bei der Ermittlung der nach Abs. 4a nicht abziehbaren Zinsen nicht als Entnahmen zu behandeln. Andererseits kann der Stpfl. vom Zweikontenmodell Gebrauch machen, indem er ein Konto für die betrieblichen Kredite führt, während er die betrieblichen Einnahmen auf einem anderen Konto sammelt und von diesen Beträgen seine Entnahmen tätigt. Im Ergebnis werden dann die betrieblichen Einnahmen vorrangig dazu verwendet, private Verbindlichkeiten zu tilgen. Die Zinsen auf das betriebliche Kreditkonto sind dann betrieblich veranlasst, auch soweit ein erhöhter Kreditbedarf des Betriebs auf die Entnahme der Einnahmen zurückgeht.[4] Allerdings können diese Zinsen dann nach Abs. 4a nicht abziehbar sein. Bei der Berechnung nach Abs. 4a sind dann die Betriebseinnahmen, die zur Tilgung der privaten Verbindlichkeiten genutzt worden sind, als Entnahmen zu berücksichtigen. Dies erhöht die "Überentnahmen" i. S. d. Abs. 4a.[5]

 

Rz. 631

Unterhält der Stpfl. ein gemischtes Konto, auf dem also betriebliche Darlehen und private Entnahmen gebucht werden (gemischtes Kontokorrentkonto), sind die Schuldzinsen in betrieblich und privat veranlasste Schuldzinsen nach der Zinsstaffelmethode aufzuteilen.[6] Der privat veranlasste Teil der Schuldzinsen ist dann nicht abziehbar, der betrieblich veranlasste Teil fällt unter § 4 Abs. 4a EStG.

Diese Regelung scheint Möglichkeiten zur Steueroptimierung zu eröffnen, indem ein gemischtes Kontokorrent-Ausgabenkonto und daneben ein betriebliches Einnahmekonto geführt werden. Das gemischte Konto ist nach der Zinsstaffelmethode danach aufzuspalten, ob es sich um betrieblich oder privat veranlasste Verbindlichkeiten handelt. Werden Einnahmen von dem betrieblichen Einnahmekonto auf das gemischte Konto überwiesen, werden dadurch zuerst privat veranlasste Darlehen gemindert. Dadurch reduziert sich die als privat eingestufte Zinsbelastung auf einen Grad, der unter demjenigen liegen soll, der bei strikter Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG auf alle Zinsen nicht abzugsfähig wäre.[7] Die Finanzverwaltung erkennt dieser Gestaltung jedoch zu Recht keine steuermindernde Wirkung zu. Die Verwendung betrieblicher Einnahmen zur Deckung privat veranlasster Verbindlichkeiten ist eine Entnahme, die bei der Berechnung der Überentnahme einzubeziehen ist und daher den Betrag der nicht abzugsfähigen Zinsen entsprechend erhöht.[8]

 

Rz. 632

Sind die Zinsen danach dem Grunde nach Betriebsausgaben, können sie bei Vorliegen von "Überentnahmen" nicht abzugsfähig sein (nicht abzugsfähige Betriebsausgaben). Das Gesetz unterstellt einen direkten Zusammenhang zwischen den Schuldzinsen und der Überentnahme. Die Regelung stellt eine unwiderlegbare Vermutung auf, d. h. der Nachweis, dass die Schuldzinsen mit den Überentnahmen nicht zusammenhängen, ist nicht möglich. Abgerundet wird die Regelung dadurch, dass die Höhe der Zinsen pauschal ermittelt wird (Rz. 653), also nicht unmittelbar mit den tatsächlich gezahlten Zinsen zusammenhängt. Das Gesetz vermeidet es jedoch, die Regelung zu einer Fikti...

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