Rz. 40

Allgemeine Finanzierungsaufwendungen des Unternehmens, die mit den einer Betriebsstätte direkt zuzuordnenden Passiva zusammenhängen, gehören zur Betriebsstätte. Eine direkte Zuordnung muss nur insoweit vorgenommen werden, als sie möglich und nicht mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden ist (§ 15 Abs. 1 S. 2 BsGaV). Soweit eine direkte Zuordnung nicht vorgenommen wird, erfolgt eine auf indirekten Methoden basierende anteilige Zuordnung. § 15 Abs. 2 BsGaV sieht insoweit einen Vergleich der Passiva der Betriebsstätte zu den Passiva des Unternehmens vor, wobei jeweils von Mittelwerten zwischen Wirtschaftsjahresanfang und –ende auszugehen ist. Dies erfordert eine eigenständige Buchführung, wobei sich die Frage der Berücksichtigung gegenseitigen Ausleihens von Finanzmitteln stellt, d. h. ob innerhalb des Unternehmens begründete Passiva zu eliminieren sind.

Dem Stpfl. steht es frei, ob er die Betriebsstätte mit Eigen- oder Fremdkapital finanzieren will[1].

Die OECD vertritt demgegenüber unter dem Aspekt der Fiktion der Selbstständigkeit der Betriebsstätte und dem Fremdvergleichsgrundsatz, dass auch eine Betriebsstätte mit entsprechendem "Eigenkapital" ausgestattet sein muss. Diese Ansicht findet sich auch in § 1 Abs. 5 S. 3 Nr. 4 AStG. Danach muss eine Betriebsstätte über ein "angemessenes" Eigenkapital verfügen.

Vom Stammhaus zur Verfügung gestelltes Kapital war bislang immer Eigenkapital (Dotationskapital), da Darlehen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte – mit Ausnahme bei Kreditinstituten – nicht denkbar sind. Diese bisherige Auffassung der Finanzverwaltung dürfte nunmehr nicht aufrecht zu erhalten sein, da der Begriff der Geschäftsbeziehung in § 1 Abs. 4 AStG[2] neu definiert wurde. Voraussetzung für eine Geschäftsbeziehung ist nunmehr nicht mehr die Möglichkeit einer schuldrechtlichen oder gesellschaftsrechtlichen Beziehung. Vielmehr wird auf einen Geschäftsvorfall abgestellt, der einzelne oder mehrere zusammenhängende wirtschaftliche Vorgänge umfasst. Darüber hinausgehend wird als Geschäftsvorfall auch ein Vorgang angesehen, der in einem Verhältnis zu einem Dritten auf Basis einer schuldrechtlichen Vereinbarung geregelt würde (Fiktion). Diesbezüglich ist auf einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter abzustellen (§ 1 Abs. 4 S. 2 AStG). Vor diesem Hintergrund nimmt § 17 Abs. 2 BsGaV auch an, dass die Ausübung einer Finanzierungsfunktion eine sog. anzunehmende schuldrechtliche Beziehung (§ 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 AStG) darstellt. Allerdings wird diese Funktion als eine Dienstleistung und nicht als eine Zurverfügungstellung eigener finanzieller Mittel qualifiziert. Diese Dienstleistung ist nach der Verrechnungspreismethode "cost plus" zu verrechnen. Die Kosten bestimmen sich hierbei entsprechend der direkten Methode und dem Veranlassungsprinzip danach, welche konkret für die jeweilige Finanzierung angefallen sind; andernfalls sind die allgemeinen Kosten der Finanzierungsbetriebsstätte anzusetzen (§ 17 Abs. 3 BsGaV). Als einen Teil der Finanzierungsfunktion wird auch das Liquiditätsmanagement angesehen, welches die Mittelbeschaffung, die Mittelzuweisung und die externe Anlage von Liquiditätsüberschüssen beinhaltet. Die aus den externen Anlagen erwirtschafteten Erträge sind allerdings den Betriebsstätten zuzuordnen, wobei diese um die Kosten für das interne Asset Management gekürzt sein müssten (§ 17 Abs. 4 BsGaV). Vom Liquiditätsmanagement ausgenommen zu sein scheint das "Cashpooling". In § 17 Abs. 6 BsGaV wird ausgeführt, dass die Salden auf Verrechnungskonten keinen Vermögenswert begründen und auch nicht zu verzinsen sind.

Darlehen von anderen Personen (Schwestergesellschaften, Third Parties) sind der Betriebsstätte zuzuordnen, wenn ein selbstständiger Gewerbebetrieb am gleichen Ort und unter gleichen oder ähnlichen Bedingungen (gleiche Eigenkapitalausstattung) dieses Fremdkapital zur Erzielung eines vergleichbaren Geschäftserfolgs benötigen würde[3]. Darlehen sind daher dann Betriebsschulden der Betriebsstätte, wenn sie bei einem gedachten selbstständigen Vergleichsbetrieb Betriebsschulden darstellen würden. Ohne Bedeutung ist es dabei, ob die Darlehen von dem Stammhaus oder von der Betriebsstätte aufgenommen worden sind. Liegen die genannten Voraussetzungen vor, sind die Darlehen auch dann der Betriebsstätte zuzuordnen, wenn sie vom Stammhaus aufgenommen wurden; liegen die genannten Voraussetzungen nicht vor, sind die Darlehen auch bei Aufnahme durch die Betriebsstätte nicht dieser, sondern dem Stammhaus zuzuordnen.

 

Rz. 41

Geldmittel können der Betriebsstätte nur solange zugeordnet werden, wie sie sich in ihrer Verfügungsgewalt befinden und insoweit von ihr genutzt werden – etwa in Form der Refinanzierung eigener Tätigkeiten oder der schlichten Kapitalanlage. Nach Abfluss bei der Betriebsstätte (z. B. durch schlichte Überweisung an das Stammhaus ohne weitere Zweckverfolgung) können Geldmittel der Betriebsstätte nicht mehr zugerechnet werden[4]. Kapital, das die Betriebsstätten nicht i...

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