Rz. 54

§ 17 EStG greift nur ein, wenn der Stpfl. (d. h. der Veräußerer) in bestimmter Höhe am Kapital der Gesellschaft beteiligt war. Nach § 17 Abs. 1 S. 3 bzw. S. 1 EStG muss die Beteiligung des Stpfl.

  • ab Vz 2001/2002: 1 % oder mehr betragen.

Dies gilt, wenn der Stpfl. unmittelbar oder mittelbar an der Kapitalgesellschaft beteiligt ist.

Eine geringere Beteiligung genügt nur, wenn es sich um verschmelzungs-, spaltungs- oder einbringungsgeborene Anteile handelt (Rz. 19).

Rz. 55 und 56 einstweilen frei

 

Rz. 57

Tatbestandsverwirklichung bei § 17 EStG ist die Realisierung des Veräußerungsgewinns durch die Veräußerung. Nicht zum Bereich der Tatbestandsverwirklichung gehört die Bildung der stillen Reserven, die zu dem Veräußerungsgewinn führen. Allein die Tatsache, dass Veräußerungsgewinne in einem Vz besteuert werden, die z. Zt. des Entstehens der entsprechenden Vermögensmehrungen noch nicht steuerbar waren, führt daher nur zu einer grundsätzlich zulässigen unechten, nicht zu einer unzulässigen echten Rückwirkung. Die Regelung über das Inkrafttreten der neuen Wesentlichkeitsgrenze in der Form der unechten Rückwirkung erfordert aber eine Rechtfertigung durch ein das Vertrauensinteresse überwiegendes öffentliches Interesse an einer rückwirkenden Regelung. Das Vorliegen solcher Rechtfertigungsgründe hat das BVerfG verneint.[1] Weder der Gesetzeszweck der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage noch der der Gegenfinanzierung, der Vermeidung von Missbräuchen oder verwaltungsmäßige Erschwerungen rechtfertigen danach eine rückwirkende Regelung. Die Regelung über das rückwirkende Inkrafttreten des Absenkens der Wesentlichkeitsgrenze ist daher verfassungswidrig und daher nichtig; die Vorschrift ergreift nur Wertsteigerungen, die nach der Verkündung des Gesetzes am 31.3.1999 eingetreten sind.[2] Hierzu gehören auch Währungskursänderungen.[3] Laut Finanzverwaltung[4] soll der Umfang des steuerbaren Wertzuwachses aus Vereinfachungsgründen zeitanteilig ermittelt werden; es soll also eine lineare Wertermittlung unterstellt werden. Der BFH[5] hat Zweifel geäußert, ob dies eine zutreffende Auslegung des Gesetzes bzw. eine zulässige Schätzung ist.[6] Außerdem soll der Stpfl. die objektive Beweislast dafür tragen, wenn er eine andere Verteilung des Vermögenszuwachses behauptet.[7] Dies ist unrichtig, da es sich bei der stpfl. Vermögensmehrung um steuerbegründende Tatsachen handelt, für die die Finanzverwaltung die objektive Beweislast trägt.[8] U. E. ist die Wertentwicklung, von einfach gelagerten Fällen abgesehen, durch eine Unternehmensbewertung zu ermitteln. Für Veräußerungsverluste sollen die ursprünglichen Anschaffungskosten anzusetzen sein, der Veräußerungsverlust wird also nicht durch Ansatz des Beteiligungswertes zum Zeitpunkt der Senkung der Beteiligungsgrenze ermittelt.[9] Gleiches gilt, wenn der Wert zum Zeitpunkt der Senkung der Beteiligungsgrenze unter die Anschaffungskosten gesunken war, dies aber durch Wertsteigerungen bis zum Veräußerungszeitpunkt aufgeholt wurde.[10]

Zu einem besonderen Problem der Neuregelung im Zusammenhang mit der Fünf-Jahres-Regelung vgl. Rz. 100.

Rz. 58 einstweilen frei

 

Rz. 58a

Die Absenkung der Beteiligungsgrenze durch das StSenkG v. 23.10.2000 auf 1 % wirft die Frage der verfassungsrechtlichen Ungleichbehandlung auf, da damit der Dualismus der Einkunftsarten (keine Besteuerung der privaten Vermögensmehrungen) in besonders starkem Maß durchbrochen wird. U.E. hält sich die Neuregelung jedoch noch in dem Rahmen des weit gespannten gesetzgeberischen Ermessens. So ist der Gedanke der vergleichbaren Behandlung der Beteiligung an einer Personengesellschaft noch tragfähig, weil Beteiligungen an einer Personengesellschaft ohne Rücksicht auf die Höhe der Beteiligung der Besteuerung unterliegen. Der Gesetzgeber kann auch Beteiligungen an einer Kapitalgesellschaft einer anderen Besteuerung unterwerfen als Vermögensmehrungen aus anderen privaten Vermögensanlagen, da eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, auch wenn sie nur 1 % beträgt, eine Teilnahme an der wirtschaftlichen Entwicklung bedeutet. Andererseits werden durch die Beteiligungsquote von 1 % reine "Portfolio"-Vermögensanlagen (z. B. über die Börse) ausgeschlossen, da in solchen Fällen die Beteiligung regelmäßig diese Höhe nicht erreicht, eine Vermögensanlage in Aktien also regelmäßig von der Geltung des § 17 EStG ausgeschlossen ist. Der Gesetzgeber konnte § 17 EStG auch eine neue Funktion geben, etwa die Besteuerung durch das Teileinkünfteverfahren sicherzustellen, um die Möglichkeit, thesaurierte Gewinne durch Anteilsveräußerung zu realisieren, zu beschränken. Auch der Umstand, dass durch eine Prozentgrenze der Umfang der stpfl. Vermögensmehrungen von der Größe und dem Wert der Kapitalgesellschaft abhängt, an dem die Beteiligung besteht, liegt noch im Bereich des gesetzgeberischen Ermessens. Es handelt sich um eine typisierende Regelung der Zugriffsschwelle der Besteuerung und um ein praktikables und im Rahmen des § 17 EStG hergebrachtes Differ...

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