Rz. 145

Die Betriebsunterbrechung oder Verpachtung eines Gewerbebetriebs (§ 15 EStG Rz. 128, 132) führt nach ständiger Rspr. nicht zwangsläufig zu einer Betriebsaufgabe und damit zur Aufdeckung der stillen Reserven. Die im Betriebsvermögen enthaltenen stillen Reserven sind dann nicht aufzudecken, wenn der Stpfl. zwar selbst seine werbende Tätigkeit einstellt, aber entweder den Betrieb im Ganzen als geschlossenen Organismus oder zumindest alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs weiter bestehen lässt oder an einen Pächter verpachtet, solange er nicht dem FA gegenüber die Aufgabe des Betriebs erklärt (Rz. 89[1]. Der Stpfl. hat somit ein Wahlrecht, durch Betriebsaufgabeerklärung die stillen Reserven aufzudecken und zu versteuern, oder aber das Betriebsvermögen weiterzuführen und die Verpachtung als gewerbliche Tätigkeit zu behandeln (zur Frage, ob dies ein "Wahlrecht" im eigentlichen Sinne ist, Rz. 89, 93).

 

Rz. 146

Eine Betriebsverpachtung setzt voraus, dass der Stpfl. dem Pächter einen Betrieb insgesamt oder jedenfalls dessen wesentliche Betriebsgrundlagen zur Nutzung überlässt und diesen so in die Lage versetzt, den Betrieb im Wesentlichen fortzusetzen[2]. Das Wahlrecht bleibt bestehen, solange es objektiv möglich ist, dass der Verpächter (oder sein Gesamtrechtsnachfolger) den durch die Verpachtung "vorübergehend" eingestellten Betrieb wieder selbst übernimmt und fortführt[3]. Bei Veräußerung wesentlicher Betriebsgrundlagen an Dritte oder den Pächter entfällt die objektive Möglichkeit einer Wiederaufnahme des Betriebs durch den Verpächter mit der Folge einer Zwangsentnahme des Betriebsvermögens in das Privatvermögen[4].

Die Grundsätze der Betriebsverpachtung können auch bei einer Vermietung der wesentlichen Betriebsgrundlagen gelten. Denn wie die Verpachtung ist auch die Vermietung der wesentlichen Betriebsgrundlagen einen Unterfall der Betriebsunterbrechung dar und kann zu einem ruhenden Betrieb führen[5]. Dieser Fall kommt insbesondere in Betracht, wenn das wesentliche Betriebsvermögen aus einem einzigen Wirtschaftsgut, vornehmlich aus einem Grundstück oder einem Schiff, besteht[6]. Somit ist nicht erforderlich, dass der Pächter einen dem ehemaligen Betrieb des Verpächters vergleichbaren Betrieb fortführt. Nutzt der Pächter das verpachtete Betriebsgrundstück gewerblich (oder freiberuflich), so liegt ungeachtet der Nicht-Vergleichbarkeit des Pächterbetriebs mit dem Verpächterbetrieb eine Betriebsverpachtung vor (Betriebsunterbrechung i. w. S.). Wird das Grundstück an einen nicht gewerblich (oder freiberuflich) tätigen Mieter vermietet, so kann das zu einem Ruhen des Betriebs führen (Betriebsunterbrechung i. e. S.).

Besteht der Betrieb aus einer Sachgesamtheit, so wird die Nutzungsüberlassung zur Betriebsfortführung i. d. R. die Merkmale einer Verpachtung erfüllen.

Möglich ist auch die Verpachtung von Teilbetrieben[7]. So kann ein Gesamtbetrieb, der aus mehreren Teilbetrieben besteht, in Teilbetrieben an unterschiedliche Pächter verpachtet werden, ohne dass die Möglichkeit der Wiederaufnahme der betrieblichen Tätigkeit durch den Verpächter entfällt. Eine solche Teilbetriebsverpachtung kann auch mit einer Vermietung der nicht mitverpachteten wesentlichen Betriebsgrundlagen oder auch deren Vorhalten ohne Nutzung zusammentreffen, ohne dass ein Zwang zur Aufdeckung der stillen Reserven entsteht.

 

Rz. 147

Begründet wird diese durch die Rspr. geschaffene Möglichkeit des Hinausschiebens der Realisierung der stillen Reserven damit, dass die Endgültigkeit der Betriebseinstellung von der – objektiv nicht nachprüfbaren bzw. nachweisbaren – Absicht des Stpfl. abhängt[8]. Solange im Verpachtungsfall die Möglichkeit besteht, dass der Verpächter die Betriebsführung selbst wieder übernimmt, gibt es zudem nach Sinn und Zweck der Norm keine Notwendigkeit zur Aufdeckung der stillen Reserven, weil das dem Betrieb gewidmete Kapital auch während der Verpachtungszeit noch eine – wenn auch nur mittelbare – Verbindung zu dem verpachtenden Gewerbebetrieb hat und somit noch weiterhin als verhaftetes Betriebsvermögen behandelt werden kann. Die Verpachtung eines Betriebs kann somit einkommensteuerrechtlich (nicht: gewerbesteuerrechtlich) die Fortführung des Gewerbebetriebs in anderer Form sein[9]. Deshalb soll zugunsten des Stpfl. vermieden werden, dass bei einer Betriebsverpachtung zwangsläufig die stillen Reserven aufzudecken sind, obwohl kein Veräußerungsentgelt zur Verfügung steht, um die auf die stillen Reserven entstehenden Steuern zu entrichten[10].

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