Rz. 39

Eine Beendigung des unternehmerischen Engagements des Stpfl. kann sich auf verschiedene Art und Weise und zu unterschiedlichen Zwecken vollziehen. Zur Bestimmung des Anwendungsbereichs des § 16 EStG ist deshalb eine Abgrenzung zum (identitätswahrenden) Strukturwandel, zur Betriebsunterbrechung und zur Betriebsverlegung unter Berücksichtigung des Gesetzeszwecks erforderlich. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Frage, ob ein solcher Vorgang unter § 16 EStG fällt, durchaus zweischneidig ist: Die Anwendung des § 16 EStG bedeutet nicht nur die Möglichkeit, Steuervergünstigungen in Anspruch nehmen zu können; sie ist vielmehr auch mit einer belastenden Zwangsaufdeckung aller stillen Reserven der betrieblichen Einheit verbunden.

 

Rz. 40

Da ein Betrieb dadurch identifiziert wird, dass organisatorisch verknüpfte personelle und sächliche Mittel einem bestimmten betrieblichen Zweck dienen[1], kann sowohl das Ausscheiden wesentlicher Betriebsgrundlagen als auch die Änderung des Betriebszwecks die Betriebsidentität berühren. Eine betriebliche Umstrukturierung führt deshalb dann nicht zur Betriebsaufgabe, wenn sie die betriebliche Identität unbeeinflusst lässt[2].

Das Ausscheiden von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen ändert regelmäßig an der Identität des Betriebs nichts, wenn die Verknüpfung der verbliebenen Betriebsmittel zu einem einheitlichen Betrieb und der Betriebszweck fortbestehen oder die Wirtschaftsgüter lediglich planmäßig ausgewechselt werden. Entsprechendes gilt, wenn eine wesentliche Betriebsgrundlage zerstört, der Betrieb aber nach Wiederherstellung wieder aufgenommen wird[3].

Ebenfalls keine Betriebsaufgabe ist eine Veränderung der steuerrechtlichen Beurteilung der Tätigkeit (sog. Beurteilungswandel). Deshalb ist der Wandel eines Gewerbebetriebs zum land- und forstwirtschaftlichen Betrieb oder umgekehrt (bei Identitätswahrung sowie ggf. ohne Weiteres Zutun wie Betriebsaufgabeerklärung) ebenso wenig eine Betriebsaufgabe wie der Wechsel zu einer freiberuflichen, vermögensverwaltenden oder sogar zur steuerlich unerheblichen Liebhaberei-Tätigkeit (h. L.; zu Einzelheiten und Kritik Rz. 135ff.).

Ebenso führt nach h. L. der Tod des Betriebsinhabers oder die unentgeltliche Übertragung des Betriebs auf einen Dritten zu Lebzeiten nicht zu einer Betriebsaufgabe; vielmehr soll auch in diesen Fällen die (objektive) Betriebsidentität erhalten bleiben (Rz. 28, 152).

 

Rz. 41

Bei der Änderung des Betriebszwecks ist die betriebliche Identität gewahrt, wenn nach der Verkehrsanschauung der neu bestimmte Zweck mit dem bisherigen Vorhaben zumindest teilidentisch ist. Das ist der Fall, wenn die Tätigkeit nach der Unterbrechung in reduziertem Umfang fortgesetzt wird (z. B. Aufgabe der Produktion bei Beibehaltung des Handels oder umgekehrt)[4] oder sich zwar die Art der Aktivität, nicht jedoch deren Ergebnis ändert[5]. Der Betrieb ist nur dann i. S. v. § 16 EStG aufgegeben, wenn die Abweichung vom bisherigen Tätigkeitsbild so sehr ins Gewicht fällt, dass nach der Verkehrsanschauung nicht mehr von einem im Wesentlichen identischen Betrieb auszugehen ist[6].

 

Rz. 42

Auch die Einstellung der werbenden Tätigkeit des Betriebs führt nicht notwendigerweise zu einer Betriebsaufgabe. Von der endgültigen Einstellung des Betriebs ist das nur zeitweilige Nichtbetreiben zu unterscheiden; Letzteres ist lediglich eine Betriebsunterbrechung, die den Fortbestand des Unternehmens nicht berührt. Eine solche Betriebsunterbrechung kann in einem schlichten Ruhenlassen des Betriebs[7], einer vorübergehenden Einstellung im Zusammenhang mit einer Betriebsverlegung, aber auch in einer Betriebsverpachtung (Rz. 145ff.) bestehen[8].

 

Rz. 42a

Andererseits steht die bis zur Höhe von bis zu 10 % der in den letzten 3 Jahren erzielten Einnahmen umfassende Wiederaufnahme der bisherigen selbstständigen unternehmerischen Tätigkeit nach 2 bis 3 Jahren im bisherigen örtlichen Wirkungskreis einer Betriebsaufgabe nicht entgegen.[9]

 

Rz. 43

Eine Betriebsunterbrechung setzt voraus, dass im Zeitpunkt der Betriebseinstellung, d. h. der Beendigung der werbenden Tätigkeit, nach den erkennbaren Umständen wahrscheinlich ist, dass der Unternehmer (oder sein Rechtsnachfolger) den Betrieb wieder aufnehmen wird und aufnehmen kann. Dazu gehört im Regelfall einerseits die subjektive Absicht des Unternehmers, den Betrieb wieder aufzunehmen, als auch die objektive Möglichkeit dazu, insbesondere der Erhalt der wesentlichen Betriebsgrundlagen[10].

Solange der Stpfl. dem FA gegenüber nicht erklärt, seinen Betrieb aufgeben zu wollen[11], oder sich aus den äußerlich erkennbaren Umständen wie etwa dem Verlust der Sachherrschaft über die wesentlichen Betriebsgrundlagen[12] nicht eindeutig ergibt, dass der Betrieb endgültig aufgegeben wird, bleibt der Gewerbebetrieb steuerrechtlich bestehen.

Die Aufgabeerklärung sowie die "äußerlich erkennbaren Umstände" müssen dem FA zur Kenntnis kommen und diesem den eindeutigen Schluss nahe legen, dass der Betrieb aufgegeben ist[13]. Denn nur dann kann d...

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