Rz. 4

§ 16 Abs. 1 bis 3 EStG geht zurück auf § 30 EStG von 1925 und besteht seither im Wesentlichen in unveränderter Form. Die Regelung war bei ihrer Einführung 1925 heftig umstritten[1]. In der Zeit davor waren Veräußerungsgewinne allenfalls als Spekulationsgewinne steuerpflichtig, wozu jedoch die Anschaffung des Betriebs in Spekulationsabsicht erforderlich war[2].

 

Rz. 5

Die Einführung der Besteuerung der Veräußerungs- und Aufgabegewinne im Jahr 1925 wurde vor allem mit der Forderung nach steuerlicher Gerechtigkeit gegenüber Stpfl. anderer Einkunftsarten begründet[3]. Die Nichtbelastung stiller Reserven und sonstiger nicht bilanziell ausgewiesener Wertsteigerungen des Betriebs einschl. selbstgeschaffener Geschäfts- und Firmenwerte wurde lediglich als ein Hinausschieben der Besteuerung angesehen, die im letztmöglichen Augenblick der Betriebsveräußerung oder -aufgabe insoweit nachzuholen war, als die Werte realisiert oder in das Privatvermögen übernommen wurden.

 

Rz. 6

Neben dem Vollständigkeitsprinzip waren in den §§ 32 und 58 EStG 1925 bereits die Steuervergünstigungen durch Freibetrag und Steuersatz enthalten[4]. Das Vollständigkeitsprinzip verlor in der Folgezeit schnell an Bedeutung, indem man der Vorschrift insoweit nur noch deklaratorische Bedeutung beimaß; der Gesetzeszweck wurde nur noch in der Gewinnerfassung als Grundlage für die Steuererleichterungen gesehen[5].

 

Rz. 7

Mit Wirkung für Veräußerungen nach dem 31.12.1993 sind die mit § 16 EStG verbundenen Steuervergünstigungen nicht mehr anwendbar, soweit bei Veräußerungen bzw. Verwertungsvorgängen im Rahmen einer Betriebsaufgabe auf der Veräußerer- und der Erwerberseite dieselben Personen beteiligt sind (§ 16 Abs. 2 S. 3 sowie § 16 Abs. 3 S. 2 EStG a. F., § 16 Abs. 3 S. 5 EStG n. F., § 52 Abs. 19a S. 1 EStG a. F., § 52 Abs. 34 S. 2 EStG n. F.). Mit Einfügen von S. 2 in § 16 Abs. 3 EStG durch Gesetz v. 24.3.1999[6] wurde mit Wirkung v. 1.1.1999 die Realteilung von Personengesellschaften erstmals gesetzlich geregelt und durch Gesetz v. 20.12.2001[7] mit Wirkung v. 1.1.2001 in § 16 Abs. 3 S. 2 bis 4 EStG umgestaltet (§ 52 Abs. 34 S. 4 EStG). Die erweiterte Körperschaftsklausel in § 16 Abs. 5 EStG (Rz. 207a) wurde durch Gesetz v. 7.12.2006[8] mit Wirkung v. 12.12.2006 eingefügt (§ 52 Abs. 34 S. 7 EStG).

 

Rz. 8

Höhe und Voraussetzung der Freibeträge haben sich seit 1984 mehrfach geändert. Bis einschl. Vz 1983 galt ein Grundfreibetrag von 30.000 DM, der ab einem Veräußerungsgewinn von 100.000 DM um den darüber hinausgehenden Betrag zu vermindern war; bei Vollendung des 55. Lebensjahrs oder dauernder Berufsunfähigkeit verdoppelten sich diese Beträge. Mit Wirkung vom Vz 1984 galt anstelle der verdoppelten Beträge ein Freibetrag von 120.000 DM, der ab 300.000 DM um den überschießenden Betrag zu vermindern war.

Seit dem Vz 1996 ist der Grundfreibetrag von 30.000 DM entfallen; der Freibetrag bei Vollendung des 55. Lebensjahrs oder dauernder Berufsunfähigkeit ist auf 60.000 DM festgesetzt und wird weiterhin bei Überschreiten eines Betrags von 300.000 DM vermindert und zudem jedem Stpfl. nur einmal im Leben gewährt (§ 52 Abs. 19a S. 2 EStG a. F., § 52 Abs. 34 S. 5 EStG). Seither können nur noch natürliche Personen in den Genuss der Steuervergünstigung des § 16 Abs. 4 EStG kommen. Durch Gesetz v. 29.12.2003[9] wurden der Freibetrag auf 45.000 EUR und der Grenzbetrag auf 136.000 EUR festgesetzt (zu den Freibeträgen ab Vz 2002 Rz. 238).

 

Rz. 9

Die Steuervergünstigung des § 34 EStG ist seit dem Vz 1990 nur insoweit anwendbar, als der außerordentliche Gewinn 30 Mio. DM (seit Vz 2004: 5 Mio. EUR) nicht überschreitet (§ 52 Abs. 23a EStG 1990). Durch Gesetz v. 24.3.1999[10] wurde die begünstigte Versteuerung nach § 34 EStG grundlegend verändert (§ 34 EStG Rz. 3).

 

Rz. 9a

§ 16 Abs. 3 S. 2 EStG wurde geändert mit Wirkung zum Vz 2010 durch Gesetz v. 8.12.2010[11].

§ 16 Abs. 3a EStG wurde eingefügt durch Gesetz v. 8.12. 2010[12]; zur Anwendung s. § 52 Abs. 34 S. 5 EStG. § 16 Abs. 3b EStG wurde eingefügt durch Gesetz v. 1.11.2011[13]; zur Anwendung s. § 52 Abs. 34 S. 9 EStG. § 16 Abs. 4 S. 1 und 3 EStG wurden inhaltlich bestätigt durch Gesetz v. 5.4.2011[14].

[1] Strutz, Handausgabe des EStG, 1921, § 30 EStG Anm. 2, 3.
[3] Gesetzesbegründung, abgedruckt bei Evers, Kommentar zum KStG, 1927 zu KStG § 13, EStG, § 30 Rz. 2.
[4] Zur weiteren Rechtsentwicklung vgl. die Darstellung in BFH v. 16.12.1975, VIII R 147/71, BStBl II 1976, 360, 362.
[5] Becker, Handkommentar der Reichssteuergesetze II, dritter Teil, EStG, 1933, § 30 EStG Rz. 2-6.
[6] BGBl I 1999, 403.
[7] BGBl I 2001, 3858.
[8] BGBl I 2006, 2782.
[9] BGBl I 2003, 3076.
[10] BGBl I 1999, 403.
[11] BGBl I 2010, 1768.
[12] BGBl I 2010, 1768.
[13] BGBl I 2011, 2131.
[14] BGBl I 2011, 554.

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