Rz. 149

§ 1 Abs. 3 UmwStG zählt alle zivilrechtlichen Einbringungsmöglichkeiten für die §§ 20ff. UmwStG abschließend[1] auf. Hierzu gehören neben den Umwandlungsfällen im Wege der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge auf der Grundlage des § 1 UmwG auch die Übertragungen im Wege der Einzelrechtsnachfolge.[2]

Rz. 150 – 151 einstweilen frei

 

Rz. 152

Eine Einbringung von Betriebsvermögen im Wege der Einzelrechtsnachfolge auf eine Schwestergesellschaft ("Abspaltung" im Wege der Einzelrechtsnachfolge) gegen unmittelbare Gewährung neuer Anteile an die Gesellschafter fällt mangels ausdrücklicher Erwähnung nicht in den Anwendungsbereich des § 20 UmwStG.

Rz. 153 – 156 einstweilen frei

 

Rz. 157

§ 20 UmwStG ist nicht anwendbar auf die verdeckte Sacheinlage, da der Einbringende hier keine neuen Anteile erhält.

 

Rz. 158

Schließlich erfasst § 20 UmwStG auch nicht die verschleierte Sacheinlage. Denn die neuen Anteile an der Kapitalgesellschaft werden für die Bareinlage, nicht aber für eine Sacheinlage i. S. v. § 20 UmwStG gewährt, mit der die Forderung der Kapitalgesellschaft auf die Bareinlage verrechnet wird.[3]

 

Rz. 159

Teilweise wird in der Literatur darauf hingewiesen, dass das UmwStG aufgrund der abschließenden Aufzählung der vom sachlichen Anwendungsbereich erfassten zivilrechtlichen Einbringungsmöglichkeiten nicht mehr auf das erweiterte Anwachsungsmodell anzuwenden ist.[4] Dieser Auffassung ist nicht zu folgen.[5] Das erweiterte Anwachsungsmodell besteht tatsächlich aus zwei voneinander zu trennenden Vorgängen, nämlich

  • der Übertragung von Mitunternehmeranteilen gegen Gewährung neuer Anteile und
  • der Anwachsung des Betriebsvermögens der Personengesellschaft auf die übernehmende Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft.
 

Rz. 160

Der erste Vorgang fällt unter Beachtung der weiteren Voraussetzungen in den Anwendungsbereich des § 20 UmwStG. Voraussetzung ist aber, dass tatsächlich ein Mitunternehmeranteil übertragen wird. Fraglich ist, ob diese Voraussetzung erfüllt ist, wenn z. B. alle anderen Gesellschafter gleichzeitig aus einer GmbH & Co. KG austreten und das Vermögen der GmbH als letztem verbleibenden Gesellschafter zuwächst. Denn zu einer Übertragung von Mitunternehmeranteilen ausschließlich auf die übernehmende Gesellschaft käme man in diesem Fall nur dann, wenn alle anderen Gesellschafter tatsächlich zu dem exakt gleichen Zeitpunkt austreten. Geht man dagegen davon aus, dass zwischen den einzelnen Austritten jeweils eine logische Sekunde liegt, würde nur der zuletzt austretende Gesellschafter seinen Mitunternehmeranteil ausschließlich auf die Kapitalgesellschaft übertragen. Die übrigen austretenden Gesellschafter würden ihren Mitunternehmeranteil teilweise auch an die noch verbliebenen, noch nicht ausgetretenen anderen Gesellschafter abtreten. Sofern also die Anwendung des § 20 UmwStG gewünscht ist, sollten im Zweifelsfall die Gesellschafter nicht lediglich austreten, sondern ihre Mitunternehmeranteile zivilrechtlich gegen Gewährung neuer Anteile auf die übernehmende GmbH übertragen.

 

Rz. 161

Der zweite Vorgang ist die quasi "automatische" bzw. "reflexartige" Übertragung aller Wirtschaftsgüter der Personengesellschaft auf die Kapitalgesellschaft. Mit der Übertragung des vorletzten Mitunternehmeranteils wächst eine logische Sekunde später das gesamte Vermögen der erworbenen Personengesellschaft der übernehmenden Kapitalgesellschaft als dem letzten verbleibenden Gesellschafter an. Es kommt zu einer liquidationslosen Vollbeendigung der erworbenen Personengesellschaft, wobei alle Aktiva und Passiva im Wege der Gesamtrechtsnachfolge reflexartig auf den (für eine logische Sekunde) verbleibenden letzten Gesellschafter dinglich übergehen, ohne dass es eines besonderen Übertragungsakts oder einer Übernahmeerklärung bedarf.[6] Inwieweit dieser zweite Vorgang steuerneutral möglich ist, hängt von der Anwendbarkeit anderer Vorschriften, insbes. des § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG ab. Sofern zum Betriebsvermögen der Personengesellschaft auch Verbindlichkeiten gehören, könnte dies grundsätzlich zu einem (teil-)entgeltlichen Vorgang und damit zu einer (teilweisen) Aufdeckung und Besteuerung von stillen Reserven führen.[7] Im Anwachsungsmodell gehen die einzelnen Wirtschaftsgüter jedoch reflexartig über. Da der reflexartige dingliche Vermögensübergang nicht auf Basis einer schuldrechtlichen Vereinbarung beruht, handelt es sich nicht um einen entgeltlichen Vorgang, weshalb eine unmittelbare Anwendung des § 6 Abs. 5 S. 3 Nr. 1 EStG möglich sein sollte.[8] Die Missbrauchsklausel des § 6 Abs. 5 S. 5 EStG kann dagegen nicht zur Anwendung kommen, da die Kapitalgesellschaft eine logische Sekunde vor dem Übergang der Wirtschaftsgüter bereits zu 100 % an allen Wirtschaftsgütern beteiligt war.

 

Rz. 161a

Für die Erfassung des erweiterten Anwachsungsmodells vom Anwendungsbereich des § 20 UmwStG spricht auch die Rspr. des BFH.[9] Auslösendes Moment für die Anwachsung war dort das unentgeltliche Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer zweigliedrigen Personengese...

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