Rz. 209a

Erbringt eine Kapitalgesellschaft an ihren Gesellschafter eine überhöhte Leistung, die als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren ist, hat dies grundsätzlich keine schenkungsteuerlichen Konsequenzen. Eine Gewinnausschüttung, auch wenn sie verdeckt ist, erfolgt in Erfüllung des Gesellschaftszwecks der Kapitalgesellschaft und ist daher ebenso wenig wie eine offene Gewinnausschüttung eine freigebige Zuwendung der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter. Der Gesellschafter erhält den Vermögensvorteil bei der verdeckten Gewinnausschüttung aufgrund seiner Gesellschafterstellung und damit als Gewinnausschüttung; eine Gewinnausschüttung ist aber keine freigebige Zuwendung und damit auch keine Schenkung. Mit einer offenen oder verdeckten Gewinnausschüttung erfüllt die Kapitalgesellschaft den gegenwärtigen oder künftigen gesellschaftsrechtlichen Anspruch des Gesellschafters auf den Gewinn der Kapitalgesellschaft, handelt also nicht "freigebig". Im Verhältnis der Kapitalgesellschaft zu den Gesellschaftern gibt es daher nur betrieblich veranlasste Rechtsbeziehungen oder offene oder verdeckte Gewinnausschüttungen, aber keine freigebigen Zuwendungen. Die Erfassung der verdeckten Gewinnausschüttung bei dem Gesellschafter nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG und die SchenkSt schließen sich aus.[1] Die Einfügung von Abs. 8 in § 7 ErbStG durch das Gesetz v. 7.12.2011[2] hat insoweit keine Änderung gebracht, da diese Vorschrift nach S. 1 nur für die Werterhöhung von Anteilen, und damit für Einlagen, gilt.

 

Rz. 209b

Die Finanzverwaltung hatte ursprünglich die Ansicht vertreten, dass eine Leistung der Kapitalgesellschaft an den Gesellschafter gleichzeitig die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung und einer freigebigen und damit schenkungsteuerpflichtigen Zuwendung erfüllen kann. Das sollte der Fall sein, wenn und soweit ein Gesellschafter eine überhöhte Vergütung erhält und der oder die anderen Gesellschafter dem zustimmen oder dies wissentlich dulden. Die Höhe der freigebigen Zuwendung bestimme sich nach dem Betrag, um den der Vorteil die Beteiligungsquote des begünstigten Gesellschafters übersteigt.[3]

Nachdem der BFH in den Urteilen v. 13.9.2017, a. a. O., seine Ansicht bestätigt hat, dass eine offene oder verdeckte Gewinnausschüttung kein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang sein könne, hat die Finanzverwaltung sich der Ansicht des BFH angeschlossen und die entgegenstehenden Erlasse aufgehoben.[4]

 

Rz. 209c

Eine Regelung enthält § 7 Abs. 8 S. 2 ErbStG lediglich für den Fall, dass eine Kapitalgesellschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung an eine andere Kapitalgesellschaft in der Absicht erbringt, die Gesellschafter dieser anderen Kapitalgesellschaft zu bereichern.[5]

[1] Rz. 302 "Schenkungsteuer"; BFH v. 30.1.2013, II R 6/12, BStBl II 2013, 930, BFH/NV 2013, 846; BFH v. 13.9.2017, II R 54/15, BStBl II 2018, 292, BFH/NV 2018, 383, Rz. 17ff.; BFH v. 13.9.2017, II R 32/16, BStBl II 2018, 296, BFH/NV 2018, 386, Rz. 16ff.; BFH v. 13.9.2017, II R 42/16, BStBl II 2018, 299, BFH/NV 2018, 389, Rz. 17ff.; jedoch gleichlautende Nichtanwendungserlasse der Länder v. 5.6.2013, S 3806, BStBl I 2013, 1465; BFH-Rechtsprechung gegen den Nichtanwendungserlass aufrechterhalten von BFH v. 2.9.2015, II B 146/14, BFH/NV 2015, 1586; zur SchenkSt-Pflicht im Dreiecksverhältnis, bei dem die Zuwendung an eine dem Gesellschafter nahestehende Person nicht in Erfüllung des Gesellschaftszwecks erfolgt, Rz. 236f.
[2] BGBl I 2011, 2592.
[3] Ländererlass v. 14.3.2012, S 3806, BStBl I 2012, 331, Rz. 2.6.1, Beispiele 1 und 3; Nichtanwendungserlass der Länder v. 5.6.2013, S 3806, BStBl I 2013, 1465 zu der gegenteiligen BFH-Rechtsprechung.
[4] Gleichlautende Ländererlasse v. 20.4.2018, S 3806, BStBl I 2018, 632, Rz. 2.6.1, 7; hierzu Kotzenberg/Lorenz, DStR 2018, 1346; Sievert/Nürnberg, Ubg 2018, 226; Binnewies, GmbHR 2018, 247; Rodewald, BB 2018, 663.

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