1.3.3.1 Verhältnis zu § 1 AStG

 

Rz. 29

Das Verhältnis des Tatbestands der verdeckten Gewinnausschüttung (und der verdeckten Einlage, vgl. § 8 KStG Rz. 67ff.) zu § 1 AStG ist durch das Gesetz v. 14.8.2007[1] geklärt worden.[2]

§ 1 Abs. 1 AStG enthält den Grundsatz, dass bei Geschäftsbeziehungen zu nahestehenden Personen im Verhältnis zum Ausland Bedingungen zugrunde zu legen sind, die im Verhältnis zu unabhängigen Dritten vereinbart worden wären.[3] Die Vorschrift enthält damit eine gesetzliche Ausformung des arm"s-length-Prinzips und stimmt im Grundsatz, wenn auch nicht in den Einzelheiten, mit dem Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung (vgl. Rz. 31) überein.

 

Rz. 30

§ 8 KStG enthält keinen Hinweis über die Regelung des Verhältnisses zu § 1 AStG. § 1 Abs. 1 S. 1 AStG andererseits bestimmt, dass diese Vorschrift "unbeschadet anderer Vorschriften" gelte. Damit wird ausgedrückt, dass § 1 AStG den Tatbestand der verdeckten Gewinnausschüttung oder der verdeckten Einlage nicht verdrängt; es war aber andererseits nicht geregelt, ob die verdeckte Gewinnausschüttung bzw. die verdeckte Einlage den Tatbestand des § 1 AStG verdrängt. In der Diskussion hat sich keine überzeugende Begründung für den Vorrang der einen oder der anderen Vorschrift finden lassen.[4]

Auch der BFH sieht in der Formulierung ""unbeschadet anderer Vorschriften"" keine Regelung, die einer der beiden Tatbestände einen Vorrang vor dem anderen einräumt.[5] Danach seien beide Vorschriften nebeneinander in der Weise anzuwenden, dass sich eine Gewinnkorrektur nach der einen Vorschrift erübrige, wenn sie bereits nach der anderen Vorschrift erfolgt sei. Soweit die Rechtsfolgen der beiden Vorschriften nicht voneinander abwichen, könne der Stpfl. wählen, welche von ihnen vorrangig sein solle.

Die Finanzverwaltung hat sich der Ansicht, dass die beiden Tatbestände nebeneinander angewandt werden können, angeschlossen, nachdem sie ursprünglich von einem Vorrang der verdeckten Gewinnausschüttung bzw. der verdeckten Einlage vor § 1 AStG ausgesprochen hatte. Allerdings lehnt die Finanzverwaltung ein Wahlrecht des Stpfl. zur Anwendung der Regeln über die verdeckte Gewinnausschüttung oder § 1 AStG ab.[6]

Ergänzend hierzu hat der Gesetzgeber das Verhältnis von verdeckter Gewinnausschüttung bzw. Einlage einerseits und § 1 AStG andererseits durch das Gesetz v. 14.8.2007[7] weiter konkretisiert. Nach § 1 Abs. 1 S. 4 AStG sind die Rechtsfolgen von verdeckter Gewinnausschüttung bzw. Einlage und § 1 AStG nebeneinander anzuwenden, wenn § 1 AStG zu weitergehenden Berichtigungen als die anderen Vorschriften führt. Nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 S. 4 AStG sind in diesem Fall die Rechtsfolgen nach den Grundsätzen der verdeckten Gewinnausschüttung bzw. der verdeckten Einlage zu ziehen und zusätzlich die darüber hinausgehenden Rechtsfolgen nach § 1 AStG (hierzu Rz. 30a). Weitergehende Rechtsfolgen nach § 1 AStG gegenüber der verdeckten Gewinnausschüttung können sich beispielsweise ergeben, wenn der Verrechnungspreis bei Bestehen einer Bandbreite nicht nur nach dem gemeinen Wert (verdeckte Gewinnausschüttung), sondern zusätzlich nach dem Median der Bandbreite zu ermitteln ist und damit zusätzlich zu einer Korrektur nach § 1 AStG führt.[8]

Im Ergebnis bedeutet die Regelung, dass die beiden Vorschriften nebeneinander und dann jeweils die dem Stpfl. ungünstigere Regelung anwendbar ist.[9]

 

Rz. 30a

Die verschiedenen Tatbestände sind nebeneinander anwendbar, keine der Vorschriften verdrängt die andere. Das bedeutet, dass der Stpfl. wählen kann, welche Vorschrift angewendet werden soll, wenn beide Tatbestände zum gleichen Ergebnis führen. Allerdings hat dies nur Bedeutung für die Besteuerung des Stpfl., nicht für die des Vorteilsempfängers. Daher kann bei dem Vorteilsempfänger eine verdeckte Gewinnausschüttung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 1 EStG vorliegen, soweit er im Inland steuerbar ist. Die inländische Besteuerung des Vorteilsempfängers kann also nicht dadurch ausgeschlossen werden, dass sich der Leistende für die Anwendung des § 1 AStG entscheidet. Diese Frage wird allerdings nur in Ausnahmefällen relevant, da § 1 AStG i. d. R. voraussetzt, dass der Vorteilsempfänger im Ausland ansässig, im Inland also nicht steuerbar ist. Bleiben die Rechtsfolgen des § 1 AStG hinter der der verdeckten Gewinnausschüttung zurück, sind nur die Regeln der verdeckten Gewinnausschüttung anzuwenden. Gehen die Rechtsfolgen des § 1 AStG über die der verdeckten Gewinnausschüttung hinaus, sind zwei Ansichten denkbar. Nach der ersten Ansicht wären die Regeln über die verdeckte Gewinnausschüttung anwendbar, soweit sich die Korrekturen der Höhe nach decken. Für den überschießenden Korrekturbetrag wäre § 1 AStG anwendbar.[10] Nach der zweiten Ansicht könnte der Stpfl. wählen, ob nicht stattdessen die gesamte Korrektur nach § 1 AStG zu erfolgen hätte, was Vorteile bei der KESt bringen könnte. M.E. spricht die Formulierung des § 1 Abs. 1 S. 4 AStG, wenn auch nicht zwingend, für die erste Ansicht. Allerdings entspricht das nicht der in Rz. 30 zitierten An...

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