Rz. 22

Vorgänge, die steuerrechtlich als verdeckte Gewinnausschüttung einzustufen sind, entsprechen in aller Regel dem Handelsrecht und sind daher handelsrechtlich wirksam. So kennt das Handelsrecht kein Erfordernis der klaren und eindeutigen Vereinbarung (vgl. Rz. 117); auch ein Rückwirkungsverbot ist dem Handelsrecht fremd. Es gibt keine Einschränkungen für Umsatztantiemen (vgl. Rz. 302 "Tantieme"), Geschäftsführergehälter (vgl. Rz. 302 "Gehälter") und Pensionszusagen (vgl. Rz. 302 "Pensionszusagen"). Bei der GmbH ist darüber hinaus die einzige Grenze der Schutz des Stammkapitals nach § 30 GmbHG. Soweit das Stammkapital nicht angegriffen wird, sind daher bei Ein-Mann-Gesellschaften auch Geschäfte mit unangemessenen Vergütungen zugunsten des Gesellschafters wirksam, bei mehrgliedrigen Gesellschaften zumindest dann, wenn die anderen Gesellschafter einwilligen oder nachträglich zustimmen. Eine entsprechende Rückstellung oder Betriebsausgabe ist handelsrechtlich daher nur in wenigen Fällen nicht betrieblich veranlasst. Nicht betrieblich veranlasst sind nur diejenigen Fälle, in denen handelsrechtlich gegen § 30 GmbHG verstoßen wird, und entsprechende Fälle bei anderen Rechtsformen. Daraus ergibt sich, dass die Geschäfte so, wie sie vereinbart sind und unabhängig von der steuerlichen Behandlung, in der Handelsbilanz abzubilden sind. Ein Vermögensabgang (Vermögensminderung) ist also als Betriebsausgabe auszuweisen, eine verhinderte Vermögensmehrung kann nicht zu einer Erhöhung des Handelsbilanzvermögens führen. Eine bestehende Verpflichtung (Tantiemeverbindlichkeit, Pensionsrückstellung) ist zu passivieren, auch wenn sie steuerlich als verdeckte Gewinnausschüttung zu behandeln ist.[1]

 

Rz. 23

Die Handelsbilanz ist nach § 5 Abs. 1 EStG maßgeblich für die Steuerbilanz. Das bedeutet, dass handelsrechtlich bestehende und in der Handelsbilanz auszuweisende Vorgänge in der Steuerbilanz ebenso wie in der Handelsbilanz abgebildet werden müssen.[2] Dementsprechend führt auch eine Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafter, die steuerlich als überhöht anzusehen ist, zu einer echten Verbindlichkeit, die in der Steuerbilanz zu passivieren ist. Sie kann nicht, auch nicht für die Steuerbilanz, in Eigenkapital umqualifiziert werden. Der BFH hat erwogen, ob solche Verbindlichkeiten "Ausschüttungsverbindlichkeiten" sein könnten; auch dann seien sie aber Fremdkapital und als solche zu passivieren.

Weiter folgt hieraus, dass Aufwendungen, die verdeckte Gewinnausschüttungen sind, in der Handels- und Steuerbilanz als Betriebsausgaben zu qualifizieren sind.[3] Da die steuerliche Korrektur systematisch erst nach der Steuerbilanz ansetzt (vgl. Rz. 212), wird die Behandlung der Aufwendungen als Betriebsausgaben in (Steuer-)Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung nicht beeinflusst. Gedanklich lassen sich die Betriebsausgaben, die eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen, mit den nicht abzugsfähigen Ausgaben nach § 4 Abs. 5 EStG vergleichen. Auch diese sind in der Handels- und Steuerbilanz zu berücksichtigen; bei der Einkommensermittlung erfolgt jedoch eine Korrektur.[4]

Die steuerlichen Folgen der verdeckten Gewinnausschüttung bestehen daher in einer "Gewinnkorrektur" in dem Sinne, dass der in der Steuerbilanz ermittelte steuerliche Gewinn bei der Einkommensermittlung, d. h. außerhalb der Steuerbilanz, korrigiert wird. "Gewinnkorrektur" bedeutet daher nicht Korrektur des Gewinns innerhalb der Steuerbilanz.[5]

Rz. 24 – 26 einstweilen frei

[1] Vgl. auch Kirchgesser, DB 1996, 703; zu den Folgen für die steuerliche Abwicklung der verdeckten Gewinnausschüttung vgl. Rz. 226ff.
[2] Vgl. BFH v. 29.6.1994, I R 137/93, BStBl II 2002, 366; Wassermeyer, GmbHR 1993, 329, 334.
[4] Im Ergebnis ebenso Wassermeyer, GmbHR 1993, 329, 333.
[5] Hierzu sowie zu der Bedeutung dieser Frage vgl. Rz. 212ff.

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