Rz. 94

Nach § 8c Abs. 1 S. 3 KStG wird auch eine Kapitalerhöhung in die Regelung einbezogen. Auf einen "Erwerber übertragen" (i. S. d. S. 1) werden können nur bestehende Anteile; erfasst wird also nur der derivative Erwerb, nicht der Ersterwerb von durch eine Kapitalerhöhung entstandenen Anteilen. Insoweit könnte ein "vergleichbarer Sachverhalt" vorliegen; der Gesetzgeber hat es zur Klarstellung aber vorgezogen, in S. 3 insoweit eine ausdrückliche Regelung zu schaffen.

Die Kapitalerhöhung unter Erwerb neuer Anteile stellt einen "schädlichen Beteiligungserwerb" dar, wenn sie derart zu einer Veränderung der Beteiligungsquoten führt, dass ein Gesellschafter seine Beteiligungsquote um mehr als 50 % erhöht. Ob die Beteiligungsquote bzw. die Stimmrechte durch die Kapitalerhöhung entsprechend erhöht werden, richtet sich nach dem Verhältnis zum Nennkapital bzw. den Stimmrechten nach der Kapitalerhöhung.[1]

Erfasst werden dadurch folgende Fälle (zu Bezugsrechten aus einer Kapitalerhöhung vgl. Rz. 24):

  • die Kapitalerhöhung, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eine Kapitalerhöhung gegen Einlage oder um eine Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln handelt;
  • die Einbringung eines Betriebs, Teilbetriebs oder einer Beteiligung in die Verlustgesellschaft gegen Gewährung neuer Anteile;
  • die Verschmelzung einer anderen Kapitalgesellschaft auf die Verlustgesellschaft unter Erhöhung des Nennkapitals der Verlustgesellschaft;
  • die Abspaltung oder Aufspaltung auf die Verlustgesellschaft als übernehmende Gesellschaft unter Erhöhung des Nennkapitals der aufnehmenden Gesellschaft.

Umwandlungsfälle fallen jedoch nur dann unter diesen Tatbestand, wenn es tatsächlich zu einer die Beteiligungsquoten verändernden Kapitalerhöhung kommt, also nicht, wenn z. B. der übernehmende Rechtsträger bereits zu 100 % an dem übertragenden Rechtsträger beteiligt ist, oder wenn der oder die Gesellschafter des übertragenden Rechtsträgers auf eine Kapitalerhöhung verzichten.[2]

 

Rz. 94a

Eine Kapitalerhöhung kann auch zu einer mittelbaren Erhöhung der Beteiligungsrechte an einer Verlustgesellschaft führen, wenn sie bei dem Gesellschafter der Verlustgesellschaft erfolgt.[3] § 8c Abs. 1 S. 3 KStG verweist auf die "Übertragung auf einen Erwerber" nach S. 1 und damit auf den unmittelbaren und den mittelbaren Erwerb. Das Gesetz enthält keinen Hinweis darauf, dass der Tatbestand der Kapitalerhöhung auf einen unmittelbaren Erwerb zu beschränken ist.

 
Praxis-Beispiel

An der A-AG, die über ein Nennkapital von einer Mio. EUR verfügt, sind A, B, C und D zu je 25 % beteiligt. Die A-AG ist an der B-GmbH zu 100 % beteiligt; die B-GmbH weist Verlustvorträge auf. Das Nennkapital der A-AG wird auf 5 Mio. EUR erhöht, wobei A die neuen Anteile allein übernimmt. Nach der Kapitalerhöhung ist sowohl seine unmittelbare Beteiligung an der A-AG als auch seine mittelbare Beteiligung an der B-GmbH von 25 % auf 85 % gestiegen und damit um mehr als 50 %. Die Verlustvorträge bei der B-GmbH werden daher in voller Höhe unabziehbar.

 

Rz. 95

Eine Kapitalerhöhung stellt dann keinen "schädlichen Beteiligungserwerb" dar, wenn die bisherigen Gesellschafter die Kapitalerhöhung in einem ihrer Beteiligung entsprechenden Verhältnis durchführen, sich die Kapitalanteile also überhaupt nicht oder um nicht mehr als 50 % verändern.

 

Beispiele:

(1) An der Verlustgesellschaft A-GmbH[4] sind A und B zu je 50 % beteiligt. Das Stammkapital der Gesellschaft wird um 4 Mio. EUR auf 5 Mio. EUR erhöht, wobei sich A und B zu je 50 % beteiligen. Die Beteiligungsverhältnisse bleiben unverändert, d. h., keiner der Gesellschafter erhöht seine Beteiligung um mehr als 50 %. § 8c Abs. 1 KStG ist daher nicht anwendbar.

(2) Eine ertragreiche Gesellschaft wird auf eine einen Verlustvortrag ausweisende Schwestergesellschaft verschmolzen. An beiden Gesellschaften ist die Muttergesellschaft zu jeweils 100 % beteiligt. Zur Durchführung der Verschmelzung führt die aufnehmende Gesellschaft zwar eine Kapitalerhöhung durch. Die Muttergesellschaft erhöht hierdurch ihre Beteiligung aber nicht, sie bleibt mit 100 % beteiligt.

 

Rz. 96

Daher kann § 8c Abs. 1 KStG in Umwandlungsfällen nur eingreifen, wenn sich die Beteiligungsquote eines der beteiligten Gesellschafter um mehr als 50 % erhöht.

 
Praxis-Beispiel

A, B, C und D sind zu je 25 % an der Verlustgesellschaft A-GmbH[5] beteiligt. Das Stammkapital der Gesellschaft wird auf 10 Mio. EUR erhöht. Die neue Stammeinlage wird vollständig von A übernommen. Damit wird der Verlust steuerlich nicht abziehbar, da sich die Beteiligungsquote des A von 25 % auf 92,5 %, also um mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals, erhöht hat.

Innerhalb eines Konzerns kann damit eine Kapitalerhöhung (einschließlich der Kapitalerhöhung bei Verschmelzung, Spaltung oder Einbringung) nicht zur Anwendung des § 8c Abs. 1 KStG führen, wenn der Erwerber der neuen Anteile bereits mindestens 50 % der Anteile an der Kapitalgesellschaft hält, die die Kapitalerhöhung durchführt. § 8c Abs. 1 KStG kann nur dann eingreifen, wenn die Anteile vo...

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