Rz. 54

§ 8c Abs. 1 S. 1 KStG erweitert den Begriff des "schädlichen Beteiligungserwerbs" über die Übertragung von Anteilen am gezeichneten Kapital sowie von Mitgliedschafts-, Beteiligungs- oder Stimmrechten hinaus auf "vergleichbare Sachverhalte".

 

Rz. 54a

Bei der Beantwortung der Frage, was "vergleichbare Sachverhalte" sind, ist davon auszugehen, dass Mitgliedschaftsrechte an Vereinen und beteiligungsähnliche Genussrechte bereits unter den Grundtatbestand fallen[1]; soweit die Ansicht vertreten wird, dass dies nicht der Fall ist, würde die Übertragung dieser Rechte auf jeden Fall unter die "vergleichbaren Sachverhalte" fallen.[2]

 

Rz. 55

Neben der Übertragung von Mitgliedschafts- und Stimmrechten fallen daher auch andere Gestaltungen unter die Vorschrift; diese müssen aber der Übertragung von Mitgliedschafts- und Stimmrechten wertungsmäßig vergleichbar sein. Eine solche Gestaltung kann vorliegen, wenn (rechtlich) zwar keine Anteile übertragen werden, der wirtschaftliche Erfolg einer Anteilsübertragung aber durch andere Maßnahmen erreicht wird, sodass zwar nicht das rechtliche, wohl aber das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen übergeht.[3]

 

Rz. 55a

Ein vergleichbarer Sachverhalt liegt auch dann vor, wenn die Beteiligung an der Verlustgesellschaft steuerlich auf eine Personengesellschaft übertragen wird, ohne dass eine zivilrechtliche Übertragung erfolgt. Dies ist z. B. bei der Begründung einer atypisch stillen Beteiligung der Fall.[4]

Dabei erfolgt zwar keine zivilrechtliche Anteilsübertragung. Steuerlich wird die Beteiligung aber nach der Begründung der atypisch stillen Gesellschaft der Mitunternehmerschaft "atypisch stille Gesellschaft" zugeordnet.

 

Rz. 56

Der Erwerb eigener Anteile durch die Kapitalgesellschaft fällt nicht unmittelbar unter den Tatbestand der Übertragung von Anteilen oder Stimmrechten.[5] Die Kapitalgesellschaft kann die Vermögens- und Stimmrechte aus den eigenen Anteilen nicht wahrnehmen, daher wechselt auch nicht die "mittelbare Verlustbeteiligung". Stattdessen ist der Gesamtbestand der Anteile um die eigenen Anteile zu kürzen, sodass auch eine Übertragung an einen Dritten von 50 % oder weniger des Nennkapitals zum Eingreifen der Vorschrift führen kann. Die Vorschrift greift dann ein, wenn mehr als 50 % des gezeichneten Kapitals, das um den Nennbetrag der eigenen Anteile gekürzt wurde, übertragen werden. Entsprechendes gilt für die Übertragung der Stimmrechte. Ob mehr als 50 % der Stimmrechte übertragen worden sind, richtet sich dann nach dem Verhältnis der übertragenen Stimmrechte zu den gesamten, um die Stimmrechte der eigenen Anteile gekürzten Stimmrechten.[6]

 

Rz. 57

Erlangt ein Gesellschafter dadurch, dass die Kapitalgesellschaft eigene Anteile erwirbt, eine Erhöhung seiner Beteiligung um mehr als 50 % des Nennkapitals nach Abzug der eigenen Anteile, ist dies somit ein "vergleichbarer Sachverhalt", der unter § 8c Abs. 1 KStG fällt.[7] Der Grundtatbestand ist nicht anwendbar, da in diesem Fall keine Anteile auf den Gesellschafter übertragen werden.

 
Praxis-Beispiel

An der A-GmbH ist A mit 30 %, B mit 70 % beteiligt. Die A-GmbH erwirbt die Anteile des B und hält sie als eigene Anteile. Dadurch wandelt sich die Beteiligung des A von 30 % des gesamten Nennkapitals in eine Beteiligung von 100 % des Nennkapitals abzüglich der eigenen Anteile. Der Fall ist vergleichbar mit dem Grundtatbestand, in dem 70 % des gezeichneten Kapitals erworben werden.

 

Rz. 58

Ein "vergleichbarer Sachverhalt" liegt beim Erwerb eigener Anteile aber nur vor, wenn der verbleibende Gesellschafter durch den Erwerb der eigenen Anteile auf Dauer die Stellung des Mehrheits- oder Alleingesellschafters erlangen soll. Von der Geltung des § 8c Abs. 1 KStG ist m. E. im Wege der teleologischen Reduktion der Fall auszunehmen, in dem der Erwerb der eigenen Anteile nur ein "Zwischenerwerb" bis zum Eintritt neuer Gesellschafter ist.

 
Praxis-Beispiel

Wie Rz. 57; der Erwerb der eigenen Anteile erfolgt nur, um den Eintritt der Gesellschafter C, D und E zu ermöglichen, die die eigenen Anteile i. H. v. 25 %, 25 % und 20 % erwerben. § 8c Abs. 1 KStG ist m. E. auf den Zeitpunkt, zu dem die Anteile von der GmbH erworben werden und A kurzfristig wirtschaftlich die Stellung des Alleingesellschafters erhält, nicht anwendbar. Der Fall ist so zu behandeln, als ob die Anteile direkt von B auf die neuen Gesellschafter übergegangen wären.

§ 8c Abs. 1 KStG erfasst aber den Fall, dass die Kapitalgesellschaft die eigenen Anteile an eine andere Person veräußert und dadurch mehr als 50 % der Anteile auf diese andere Person übergehen.

 

Rz. 59

Ein "vergleichbarer Sachverhalt" liegt auch vor, wenn Anteile nach § 34 GmbHG eingezogen werden und dadurch die Beteiligung eines der verbleibenden Gesellschafter am Nennkapital um mehr als 50 % steigt. Entsprechend kann ein vergleichbarer Sachverhalt bei einer disproportionalen Kapitalherabsetzung vorliegen, wenn sich dadurch die Beteiligungsverhältnisse in der in § 8c Abs. 1 KStG angegebenen Höhe ändern.[8]

Ein "vergleichba...

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