Rz. 45

Nach § 8c Abs. 1 S. 1 KStG muss die Übertragung der Anteile oder Stimmrechte auf "einen" Erwerber erfolgen. Während auf der Seite der Übertragenden mehrere Personen beteiligt sein können, ist nur die Übertragung an einen einzigen Erwerber schädlich. Die Erwerbe durch mehrere Erwerber werden also grundsätzlich nicht zusammengerechnet.[1]"Erwerber" der Beteiligung von mehr als 50 % muss daher die gleiche natürliche oder juristische Person bzw. die gleiche Personengesellschaft sein.

 

Rz. 46

Ebenfalls einbezogen wird der Erwerb durch "nahestehende Personen". Das bedeutet, dass Erwerbe durch den Erwerber und durch ihm nahestehende Personen innerhalb des Zeitrahmens[2] zusammengerechnet werden. Dadurch sollen Umgehungen durch die formale Aufspaltung eines Erwerbs auf mehrere Personen vermieden werden. Maßgebend ist nur, dass die Person dem Erwerber nahe steht. Unbeachtlich ist, ob der Veräußerer dem Erwerber nahe steht.[3]

 

Rz. 47

§ 8c Abs. 1 KStG definiert nicht, was unter "nahestehenden Personen" zu verstehen ist. Insbes. wird, anders als in § 8a KStG, nicht auf § 1 Abs. 2 AStG verwiesen. Dies ist insofern systematisch richtig, als nahestehende Personen i. S. v. § 8c Abs. 1 KStG auch natürliche Personen sein können, für die die Definition des § 1 Abs. 2 AStG nicht gilt.[4] Andererseits gibt das Gesetz dadurch keinen Hinweis darauf, wann eine Kapitalgesellschaft "nahestehende Person" ist. Daher wird auf allgemeine Grundsätze, wie sie insbes. zum Recht der verdeckten Gewinnausschüttung entwickelt worden sind, zurückgegriffen werden müssen.[5] Jedoch ist dabei zu beachten, dass die Auslegung des Begriffs im Recht der verdeckten Gewinnausschüttung mit der Verhinderung einer Vorteilsgewährung der Gesellschaft an den Gesellschafter ein abweichendes Ziel verfolgt. Im Rahmen des § 8c Abs. 1 KStG spielt eine solche "Vorteilsgewährung" keine Rolle. Die Auslegungsergebnisse zum Recht der verdeckten Gewinnausschüttung können daher nur einen Anhaltspunkt bieten, aber nicht direkt übernommen werden.[6]

 

Rz. 48

Die Finanzverwaltung[7] geht sehr weit und will jede rechtliche oder tatsächliche Beziehung, die auch unabhängig von dem Anteilserwerb bestehen kann, genügen lassen. Dies verfehlt das eigentliche Problem, denn zur Anwendung des § 8c Abs. 1 KStG kann nicht "jede" Beziehung führen, sondern nur eine Beziehung, die im Hinblick auf den Regelungszweck der Vorschrift als relevant angesehen werden kann. Wann eine rechtliche oder tatsächliche Beziehung "relevant" ist, lässt das BMF aber gerade offen.

 

Rz. 49

Ausgangspunkt der Auslegung muss sein, dass der "Erwerber" nach dem Gesetzestext im Vordergrund steht und die nahestehenden Personen "diesem", also dem Erwerber, nahe stehen müssen. Daraus folgt, dass es einen Erwerber gibt, dem die Erwerbe durch die nahestehenden Personen zugerechnet werden. Es muss also wirtschaftlich betrachtet ein Erwerb durch "einen" Erwerber vorliegen, in dessen Interesse die Übertragung der Anteile erfolgt, diese Übertragung aber auf mehrere Personen, den Erwerber und nahestehende Personen, aufgespalten wird. Soweit ein solcher "Haupterwerber" nicht vorliegt oder selbst keine Anteile erwirbt, sondern nur durch nahestehende Personen erwerben lässt, ist nicht die Regelung über nahestehende Personen, sondern die über eine "Gruppe von Erwerbern" anzuwenden.[8]

 

Rz. 50

Daraus folgt, dass die Anteile im Interesse des "Haupterwerbers" (im Folgenden: "Erwerber") erworben werden müssen. Die nahestehenden Personen müssen, wirtschaftlich betrachtet, im Interesse des "Erwerbers" handeln. Die Übertragung der Anteile auf die nahestehenden Personen darf aus sich allein heraus nicht verständlich erscheinen, sondern erst verständlich werden, wenn die Beziehung zwischen dem "Erwerber" und den nahestehenden Personen bei der Betrachtung berücksichtigt wird.

 

Rz. 50a

Die nahestehende Person kann dabei ein Familienangehöriger i. S. d. § 15 AO sein, der sich im Interesse des "Erwerbers" an der Übertragung der Anteile oder Stimmrechte beteiligt, es kann aber auch ein Dritter sein, der sich aufgrund besonderer Beziehungen im Interesse des "Erwerbers" an der Übertragung beteiligt. Diese Beziehungen können z. B. treuhandähnlich sein.

 

Rz. 50b

Eine Person ist aber immer nur dann eine nahestehende Person, wenn sie aufgrund einer solchen familien- oder schuldrechtlichen Beziehung im Interesse des "Erwerbers" handelt. Die bloße Tatsache, dass eine Person Ehegatte oder Familienangehöriger des Stpfl. ist, kann ein "Nahestehen" nicht begründen.[9]

 

Rz. 51

Als Auslegungshilfe für den Begriff der "nahestehenden Person" kann bezogen auf die Stimmrechte § 30 WpÜG herangezogen werden, der bestimmt, wann Stimmrechte einer bestimmten Person zuzurechnen sind. Das ist u. a. der Fall, wenn

  • die Anteile einem Tochterunternehmen gehören; Tochterunternehmen ist ein Unternehmen, das zu dem Konsolidierungskreis nach § 290 HGB gehört oder auf das der Stpfl. einen beherrschenden Einfluss ausüben kann[10]; in diesem Fall bedarf es für Zwecke des § 8c KStG regelmä...

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