Rz. 36

Nach § 8c Abs. 1 S. 1 KStG werden unmittelbare und mittelbare Übertragungen erfasst.

Unmittelbar ist eine Übertragung, wenn das rechtliche Eigentum an den Anteilen bzw. die Stimmrechte von dem Übertragenden auf den Erwerber übergehen.

 

Rz. 37

Mittelbar ist eine Übertragung, wenn wirtschaftlich eine vergleichbare Situation hergestellt wird. Das ist z. B. der Fall, wenn Anteile an dem Gesellschafter der Verlustgesellschaft übertragen werden; dadurch gelangt der Erwerber wirtschaftlich mittelbar in den Vorteil der Verlustnutzung. Der Gesellschafter, dessen Anteile übertragen werden, kann eine Kapital- oder eine Personengesellschaft sein.

 

Rz. 37a

Es ist unbeachtlich, wie lang die Beteiligungskette ist, durch die die mittelbare Beteiligung vermittelt wird. Die Länge der Beteiligungskette hat bei einer nicht 100-%-igen Beteiligung lediglich Auswirkungen auf die Höhe der mittelbaren Beteiligung.[1] Für die Beschränkung der Anwendung des § 8c Abs. 1 KStG auf den Erwerb einer mittelbaren Beteiligung auf der zweiten Stufe[2] gibt das Gesetz keinen Anhaltspunkt; diese Einschränkung ist daher abzulehnen.[3] Ebenfalls erfasst werden Vorgänge zur Verlängerung oder Verkürzung einer Beteiligungskette sowie zum Umhängen von Beteiligungen, soweit die Konzernklausel in S. 4 nicht eingreift. Eine teleologische Reduktion für diese Fälle ist m. E. nicht möglich, da keine ungewollte Gesetzeslücke vorliegt. Der Gesetzgeber hat mit der Konzernklausel bestimmte Transaktionen unter genau definierten Voraussetzungen ausgenommen. Daraus ergibt sich, dass er für andere Fälle keine Ausnahme vorsehen wollte. Eine vom Gesetzgeber nicht gewünschte Ausnahmeregelung kann nicht durch eine teleologische Interpretation geschaffen werden.[4]

 

Rz. 38

Da das Gesetz insoweit keine Einschränkungen enthält, sind auch Anteilsübertragungen im Ausland schädlich.[5] Internationale Konzerne haben daher bei Anteilsübertragungen in der Beteiligungskette bis hin zur Konzernobergesellschaft die Folgerungen für die Verlustvorträge der inl. Gesellschaften zu berücksichtigen.

 
Praxis-Beispiel

Die X-Inc., USA, ist zu 100 % an der Y-Ltd. und der Z-Ltd. beteiligt. Die Y-Ltd. hält 100 % der inl. A-AG. Diese ist zu 100 % an der B-GmbH beteiligt, die Verlustvorträge aufweist. Die Y-Ltd. wird auf die Z-Ltd. verschmolzen. Dadurch liegt ein mittelbarer Übergang der Anteile an der B-GmbH von der Y-Ltd. auf die Z-Ltd. vor. Die Verlustvorträge gehen unter.

Diese Rechtsfolgen treten auch bei längeren Beteiligungsketten ein; die Sitzstaaten der beteiligten Unternehmen sind für die Tatbestandsverwirklichung ohne Bedeutung.[6] Hinsichtlich der Ermittlung solcher Übertragungen im Ausland ist die inl. Körperschaft zur Auskunft verpflichtet. Die deutsche Konzerngesellschaft wird solche Änderungen im Konzernaufbau auch kennen, da sie regelmäßig zur Prüfung etwaiger steuerlicher Konsequenzen eingeschaltet wird. Zumindest hat sie die Finanzverwaltung über den Konzernaufbau zu informieren, woraus sich dann Änderungen gegenüber früheren Strukturen ergeben.[7] Erforderlichenfalls kann die Finanzverwaltung Auskunftsersuchen an die für die oberste Konzerngesellschaft zuständige Finanzbehörde richten, um Veränderungen im Konzernaufbau zu ermitteln.

 

Rz. 39

Bei der Frage, ob eine mittelbare Übertragung der Anteile die Grenze von 50 % überschreitet, ist die Höhe der auf die Verlustgesellschaft durchgerechneten Beteiligung maßgebend.[8]

 
Praxis-Beispiel

An der X-GmbH (Verlustgesellschaft) ist die Y-GmbH mit 60 % beteiligt. Erwirbt nun ein Käufer 60 % der Anteile an der Y-GmbH, erwirbt er mittelbar (60 % × 60 %) 36 % der Anteile an der X-GmbH. Es kommt somit zu keinem Verlustuntergang, auch wenn unmittelbar 50 % der Anteile übertragen werden. Entscheidend ist die mittelbare Anteilsübertragung, da sich nur diese auf die Verlustgesellschaft bezieht. Insoweit kommt es aber nur zu einer Anteilsübertragung von 36 %.

Entsprechendes gilt bei tiefergestaffelten Beteiligungsverhältnissen.

 
Praxis-Beispiel

An der X-GmbH (Verlustgesellschaft) ist die Y-GmbH mit 80 % beteiligt, an dieser die Z-GmbH mit 80 %. Erwirbt nun ein Käufer 100 % der Anteile an der Z-GmbH, erwirbt er mittelbar (100 × 80 % × 80 %) 64 % der Anteile an der X-GmbH. In diesem Fall kommt es zu einem Untergang der Verluste.

 

Rz. 39a

Der "durchgerechnete" Prozentsatz ist auch bei der Beurteilung maßgebend, ob mehr als 50 % der Stimmrechte erworben wurden.[9] Für die Ermittlung der Höhe der erworbenen Stimmrechte ist daher die gleiche Methode wie bei der Berechnung der Höhe der mittelbar erworbenen Beteiligung anzuwenden. Damit kann der Tatbestand des Erwerbs der Stimmrechte nicht zu einem anderen Ergebnis führen als der Tatbestand des Erwerbs der Beteiligung, wenn die Anteile gleichmäßig mit Stimmrechten ausgestattet sind.

 

Rz. 39b

Ein "schädlicher Beteiligungserwerb" i. S. d. § 8c Abs. 1 KStG liegt nur vor, wenn mehr als 50 % der Stimmrechte an einen Erwerber "übertragen" werden oder ein der Übertragung "vergleichbarer Sachverhalt" gegeben ist. Bei der ...

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