Rz. 286

Der Ausnahmetatbestand des Abs. 4 S. 1 Nr. 1 a. F. richtet sich gegen Kapitalgesellschaften, die ein an sich nicht steuerbefreites Wirtschaftsgut dadurch der Steuerfreistellung zu unterwerfen versuchen, dass sie es in Anteile an einer Kapitalgesellschaft "umwandeln", also versuchen, den sachlichen Geltungsbereich der Vorschrift zu umgehen. Der Ausnahmetatbestand des Abs. 4 S. 1 Nr. 2 a. F. richtet sich dagegen gegen natürliche Personen, die nicht die Voraussetzungen der Steuerfreistellung erfüllen, aber von ihnen gehaltene Anteile dadurch steuerfrei veräußern wollen, dass sie zwischen sich und die zu veräußernden Anteile eine Körperschaft, die in den Anwendungsbereich der Steuerfreistellung fällt, zwischenschalten. Bei der Ausnahme der Nr. 1 geht es also um den Versuch, den sachlichen Geltungsbereich der Steuerfreiheit auszuweiten, bei der Ausnahmeregelung der Nr. 2 dagegen um die Ausweitung des persönlichen Geltungsbereichs.[1]

 

Rz. 287

Abs. 4 S. 1 Nr. 2 a. F. enthält einen Umgehungstatbestand, der die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen für natürliche Personen nach dem Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren sichern soll. Veräußert eine natürliche Person Anteile an einer Kapitalgesellschaft, unterliegt der Veräußerungsgewinn nach § 3 Nr. 40 Buchst. a EStG dem Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren. Diese Besteuerung könnte vermieden werden, indem der Stpfl. die Anteile steuerneutral in eine Körperschaft einbringt, die dann die Anteile nach Abs. 2 steuerfrei veräußert. Die veräußerten Anteile sind zwar von der Körperschaft durch Einbringung erworben, aber nicht einbringungsgeboren i. S. d. § 21 UmwStG a. F. Die Anteile, die die natürliche Person für die Einbringung erhalten hat, sind zwar einbringungsgeboren i. S. d. § 21 UmwStG a. F. und damit steuerlich gebunden, diese werden aber nicht veräußert (und würden, als von einer natürlichen Person gehalten, ohnehin nicht der Steuerfreiheit nach Abs. 2 unterliegen).

 

Rz. 288

Der Tatbestand des Abs. 4 S. 1 Nr. 2 a. F. setzt voraus, dass die veräußerten Anteile von einem KSt-Subjekt zu einem Wert unter dem Teilwert von einer Person erworben worden sind, die nicht nach Abs. 2 begünstigt ist. Erfasst werden somit die Fälle, in denen eine natürliche Person Anteile an einer Körperschaft durch Einbringung auf eine andere Körperschaft zu einem Wert, der unter dem Teilwert liegt, überträgt. Nicht anwendbar ist die Regelung, wenn das veräußernde KSt-Subjekt die Anteile von einer Person erworben hat, die selbst nach Abs. 2 begünstigt ist.

 

Rz. 289

Ein KSt-Subjekt kann Anteile zu einem Wert unter dem Teilwert regelmäßig nur durch eine Einbringung nach den §§ 20ff. UmwStG a. F. gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten erwerben. Unter dem Teilwert erworben sind die Anteile, wenn der Buch- oder ein Zwischenwert angesetzt worden ist. Es ist ohne Bedeutung, ob die Anteile isoliert nach § 20 UmwStG a. F. (z. B. eine 100 %ige Beteiligung) oder als Teil eines Betriebs oder Teilbetriebs (z. B. als Minderheitsbeteiligung) eingebracht worden sind.

 

Rz. 290

Eine verdeckte Einlage führt nicht zu einem Erwerb unter dem Teilwert, da eine Einlage, auch eine verdeckte Einlage, nach § 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG mit dem Teilwert anzusetzen ist. Die Ausnahmetatbestände des § 6 Abs. 1 Nr. 5 Buchst. a und b EStG, die zu einer Bewertung mit den Anschaffungskosten führen und damit u. U. zu einem Ansatz unter dem Teilwert, sind nur auf Einlagen in ein eigenes Betriebsvermögen, nicht auf Einlagen in Körperschaften anwendbar. Soweit die Anteile verdeckt in eine Kapitalgesellschaft eingelegt worden sind, ist daher die Weiterveräußerung durch die Kapitalgesellschaft nach § 8b Abs. 2 KStG steuerfrei. Das gilt auch, wenn die verdeckte Einlage fälschlich zu einem Wert unter dem Teilwert abgewickelt wurde.[2] In diesem Fall ist der Wertansatz bei dem Einbringenden im Rahmen des verfahrensrechtlich Möglichen zu berichtigen. Die übernehmende Kapitalgesellschaft hat den Teilwert als Anschaffungskosten anzusetzen.

 

Rz. 291

Die Einbringung durch den nicht nach Abs. 2 Begünstigten kann unmittelbar, mittelbar oder mittelbar über eine Personengesellschaft erfolgen.

 

Rz. 292

Unmittelbar erfolgt sie, wenn die natürliche Person die Anteile direkt in die Körperschaft zu einem Wert unter dem Teilwert einlegt.

 

Rz. 293

Mittelbar erfolgt der Erwerb von einer nicht nach § 8b KStG berechtigten Person, wenn diese die Anteile zu einem Wert unter dem Teilwert in eine Kapitalgesellschaft einbringt und diese die Anteile in eine weitere Kapitalgesellschaft einbringt, die die Anteile dann veräußert (Einbringungskette). Der mittelbare Erwerb ist durch Gesetz v. 22.12.2003[3] eingeführt worden. Mittelbar über eine Mitunternehmerschaft werden Anteile an einer Körperschaft erworben, wenn die natürliche Person die Anteile steuerneutral nach § 24 UmwStG a. F. in das Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft einbringt und dadurch eine Körperschaft, die an der Personengesellschaft beteiligt ist, mittelbar eine Beteiligung an den eingebrachten Anteilen erl...

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