Rz. 135

S. 4 behandelt den Sonderfall der verdeckten Gewinnausschüttung an eine nahe stehende Person, also den einer verdeckten Gewinnausschüttung im Dreiecksverhältnis. Nach deutschem Recht ist die verdeckte Gewinnausschüttung dem Gesellschafter zuzuordnen, der sie als private Zuwendung (bei natürlichen Personen) oder als verdeckte Einlage (bei Körperschaften) an die nahe stehende Person weiterreicht. Bei dieser Gestaltung kann es vorkommen, dass die Leistung zwischen der auskehrenden Gesellschaft und der nahe stehenden Person einheitlich als betrieblich veranlasst angesehen wird und daher bei der auskehrenden Gesellschaft das Einkommen gemindert, bei der nahe stehenden Person das Einkommen erhöht wird. Dann ist die verdeckte Gewinnausschüttung zwar bei der falschen Person (der nahe stehenden Person) versteuert worden, aber jedenfalls nicht unbesteuert geblieben. Im Normalfall ermöglicht § 32a KStG in diesen Fällen die Korrektur, wenn bei der auskehrenden Gesellschaft eine verdeckte Gewinnausschüttung angenommen wird, nämlich die Erfassung bei dem Gesellschafter nach § 32a Abs. 1 KStG und die Berücksichtigung der verdeckten Einlage (mit der entsprechenden Minderung des Einkommens) bei der nahe stehenden Person nach § 32a Abs. 2 KStG.

 

Rz. 136

Der Begriff der "nahe stehenden Person" ist der gleiche wie im Recht der verdeckten Gewinnausschüttung; die Regelung hängt mit der verdeckten Gewinnausschüttung zusammen und muss daher die gleichen Begriffe verwenden. § 1 Abs. 2 AStG ist mangels einer ausdrücklichen Verweisung nicht anwendbar.[1]

 

Rz. 137

Es können aber auch Fälle vorkommen, in denen diese Korrektur nicht möglich ist oder nicht erfolgt. So kann die Steuerfestsetzung der auskehrenden Körperschaft nicht mehr änderbar sein (z. B. weil kein Änderungstatbestand vorliegt oder die Festsetzungsfrist abgelaufen ist), es kann aber bei ausl. Körperschaften auch vorkommen, dass das ausl. Recht den fraglichen Vorgang als betrieblich qualifiziert und sich daher die Frage einer Änderung nicht stellt. An sich wäre dann Abs. 1 S. 2 anwendbar, d. h., bei dem Gesellschafter wäre die verdeckte Gewinnausschüttung zu erfassen, eine Steuerfreistellung nach Abs. 1 S. 1 erfolgte nicht. Dies hätte dann nach § 32a Abs. 2 KStG zur Folge, dass die Steuerfestsetzung gegenüber der nahe stehenden Person geändert werden könnte, bei ihr also die entsprechende Steuerminderung einträte. Es kann aber auch sein, dass dies nicht möglich ist, z. B. weil die nahe stehende Person im Ausland ansässig ist. Damit würde eine Doppelbesteuerung eintreten. Dies will Abs. 1 S. 4 verhindern. Danach ist S. 2 nicht anwendbar, d. h., die verdeckte Gewinnausschüttung ist bei dem Gesellschafter nach Abs. 1 S. 1 steuerlich freigestellt, wenn sie das Einkommen der nahe stehenden Person erhöht hat (also bei ihr besteuert worden ist), aber die Steuerfestsetzung gegenüber ihr nach § 32a KStG nicht mehr geändert werden kann. Die nahe stehende Person, deren Einkommen erhöht worden ist, braucht nicht die Gesellschaft zu sein, die die Leistung erbracht hat; vielmehr wird es sich um den Leistungsempfänger handeln. Im Ergebnis bleibt die Freistellung erhalten, wenn aufgrund der verdeckten Gewinnausschüttung zwar nicht das Einkommen der die Gewinnausschüttung vornehmenden Gesellschaft, wohl aber das der nahe stehenden Person als Empfänger der Leistung erhöht wird.[2] Diese Regelung ist notwendig, da sonst nahezu uferlose Steueransprüche entstehen können, die die Bundesrepublik nicht berühren.

 
Praxis-Beispiel

Die im Inland ansässige A-AG ist an den in 2 anderen Staaten ansässigen Kapitalgesellschaften X und Y beteiligt. Zwischen X und Y bestehen Lieferungs- und Leistungsbeziehungen, die von den beteiligten Staaten nicht beanstandet werden, nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung aber den Grundsätzen der Verrechnungspreise widersprechen. Ohne S. 4 müssten bei der deutschen Muttergesellschaft fiktive Einnahmen aus den verdeckten Gewinnausschüttungen der Tochtergesellschaften besteuert werden, obwohl Deutschland in den Vorgang überhaupt nicht involviert ist. Im Ergebnis müsste die Finanzverwaltung bei deutschen Muttergesellschaften die weltweiten Lieferungs- und Leistungsbeziehungen der ausl. Tochter- und Enkelgesellschaften untereinander kontrollieren, da sich daraus Steueransprüche in der Bundesrepublik ergeben könnten.

 

Rz. 138

Trotzdem ist die Regelung immer noch zu weit und kann Fälle[3] erfassen, die den deutschen Steueranspruch nicht berühren. Dies zeigt, dass die Regelung insgesamt systematisch falsch ist.

 
Praxis-Beispiel

Die Ausgangssituation entspricht der im Beispiel in Rz. 137. Die Tochtergesellschaft X (oder eine Enkelgesellschaft bei tiefer gestaffelten Konzernverhältnissen) verkauft an die Schwestergesellschaft Y ein Grundstück zu einem (nach deutschem Steuerrecht) zu niedrigen Preis. In diesem Fall hat die verdeckte Gewinnausschüttung das Einkommen keiner der beiden Gesellschaften erhöht, es müsste also in Deutschland bei der Muttergesellschaft ein steuerpf...

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