Rz. 675

§ 8 Abs. 10 EStG enthält eine Sonderregelung für die Anwendung der Vorschriften zur Abgeltungsteuer bei Kapitalerträgen. Damit wird die pauschale Verweisung des § 8 Abs. 1 S. 1 KStG auf die Vorschriften des EStG modifiziert. Zweck der Regelung ist es, die Einkünfte bei den Körperschaften den allgemeinen körperschaftsteuerlichen Regeln – und nicht der Abgeltungsteuer – zu unterwerfen.[1]

 

Rz. 676

Anwendbar ist § 8 Abs. 10 KStG nur bei Körperschaften, die auch andere Einkünfte also solche aus Gewerbebetrieb, und damit auch Einkünfte aus Kapitalvermögen, haben können[2]. Für unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaften i. S. v. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 KStG, die nach § 8 Abs. 2 KStG stets Einkünfte aus Gewerbebetrieb haben, gilt die Abgeltungswirkung eines Kapitalertragsteuerabzugs ohnehin nicht, da die Kapitalerträge zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören, § 31 Abs. 1 S. 1 KStG i. V. m. § 43 Abs. 5 S. 2 EStG[3]. Daher war für diese Körperschaften keine besondere Regelung nötig.

 

Rz. 677

Nach § 8 Abs. 10 S. 1 KStG ist § 2 Abs. 5b S. 1 EStG nicht anzuwenden. Über die Verweisung in § 8 Abs. 1 S. 1 KStG würde § 2 EStG, und damit auch § 2 Abs. 5b, auch für Körperschaften mit Kapitaleinkünften gelten. Das schließt § 8 Abs. 10 S. 1 KStG ausdrücklich aus. Nach § 2 Abs. 5b EStG gelten die Kapitalerträge, die der Abgeltungsteuer unterliegen, oder für die der proportionale Steuersatz nach § 32d Abs. 1 KStG gilt[4], nicht als Teil der Einkünfte, der Summe der Einkünfte, des Gesamtbetrags der Einkünfte, des Einkommens und des zu versteuernden Einkommens. Sie werden daher aus der allgemeinen steuerlichen Bemessungsgrundlage ausgeschieden. Die Nichtgeltung des § 2 Abs. 5b EStG bedeutet, dass bei solchen Körperschaften, die auch Einkünfte aus Kapitalvermögen haben können, die Kapitalerträge zu den Einkünften, der Summe der Einkünfte, dem Gesamtbetrag der Einkünfte, dem Einkommen und dem zu versteuernden Einkommen gehören. Die Regelungen in § 20 EStG sind auf diese Einkünfte anwendbar. Das gilt sowohl für die Verlustausgleichs- und Verlustabzugsbeschränkung des § 20 Abs. 6 EStG als auch für § 20 Abs. 9 EStG, der den Abzug des Sparer-Pauschbetrags und der tatsächlich entstandenen Werbungskosten regelt.[5]

 

Rz. 678

Die Einkünfte aus Kapitalvermögen bilden hiernach zusammen mit den anderen Einkünften einen Teil der Bemessungsgrundlage für die KSt. Diese Einkünfte unterliegen dem Tarifsteuersatz nach § 23 KStG, nicht der Abgeltungsteuer nach § 32d EStG, da das KStG keinen generellen Verweis auf einkommensteuerliche Tarifvorschriften vorsieht.[6]

 

Rz. 679

Nach Abs. 10 S. 2 sind einige Bestimmungen des § 32d EStG auch auf Körperschaften, die Einkünfte aus Kapitalvermögen haben können, anzuwenden. § 32d EStG ist eine Tarifvorschrift, die daher nicht von der Verweisung des § 8 Abs. 1 KStG erfasst wird.[7] Daher muss Abs. 10 ausdrücklich bestimmen, welche Regelungen des § 32d EStG anzuwenden sind.

 

Rz. 680

Nach § 32d Abs. 2 EStG gilt der lineare Tarif nach § 32d Abs. 1 EStG für bestimmte Einkünfte aus Kapitalvermögen nicht. Weiterhin sind ein Verlustausgleich und ein Abzug der tatsächlichen Werbungskosten möglich. Dies wird innerhalb des § 32 Abs. 2 EStG durch eine ausdrückliche Ausschließung der Anwendung von § 20 Abs. 6 und Abs. 9 EStG erreicht.[8] § 8 Abs. 10 S. 2 Hs. 1 KStG verweist punktuell auf die Tatbestände des § 32d Abs. 2 Nr. 1 S. 1 und Nr. 3 S. 1 EStG.[9] Dies sind:

  • Kapitalerträge i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 4 und 7, Abs. 2 S. 1 Nr. 4 und 7 EStG, wenn der Gläubiger und der Schuldner einander nahestehende Personen sind;
  • die vorgenannten Kapitalerträge, wenn Zahlungen einer Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft an einen zu mindestens 10 % beteiligten Anteilseigner oder eine dem Anteilseigner nahestehende Person erfolgen und der Schuldner der Kapitalerträge einen korrespondierenden Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug hat[10];
  • die vorgenannten Kapitalerträge, wenn Back-to-Back Finanzierungskonstellationen vorliegen;
  • Kapitalerträge i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG bei Vorliegen einer qualifizierten Beteiligung i. H. v. mindestens 25 % oder i. H. v. mindestens 1 % bei gleichzeitigem maßgeblichen unternehmerischen Einfluss auf die wirtschaftliche Tätigkeit der Kapitalgesellschaft.[11] Anders als die vorgenannten Tatbestände ist § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 1 EStG antragsgebunden. Siehe für die – zeitlich engen – Antragsvoraussetzungen § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 3 bis 6 EStG, auf die § 8 Abs. 10 S. 2 KStG ebenfalls verweist.

Auf den jeweiligen S. 2 von § 32d Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 3 EStG wird nicht verwiesen. Vielmehr erklärt § 8 Abs. 10 S. 2 Hs. 2 KStG insoweit eigenständig § 20 Abs. 6 und Abs. 9 EStG für unanwendbar. Dies wird seinen Grund darin haben, dass § 32d Abs. 2 Nr. 3 S. 2 EStG auch einen Verweis auf § 3 Nr. 40 S. 2 EStG enthält, dessen Inkorporation in das KStG keinen Sinn ergeben würde.

 

Rz. 681

Soweit die vorgenannten Voraussetzungen vorliegen, sind § 20 Abs. 6 EStG (Verlustausgleichsverbot) und § 20 Abs. 9 EStG (Sparer-Pa...

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