Rz. 46

Zum 31.12.2006 ist das System des Körperschaftsteuererhöhungsbetrags wesentlich geändert worden. Während bisher das Entstehen und die Entrichtung des Körperschaftsteuererhöhungsbetrags dem Grund und der Höhe nach von einer Gewinnausschüttung abhingen, ist die neue Regelung unabhängig hiervon. Vielmehr entsteht eine unbedingte Verbindlichkeit, die als Ausgleich dafür, dass sie nicht mehr von dem Ausschüttungsverhalten des Stpfl. abhängt, der Höhe nach beschränkt wird. Lediglich die Fälligkeit dieser Verbindlichkeit wird auf einen "Auszahlungszeitraum" von 2008 bis 2017 gestreckt. Dies betrifft aber nur die Fälligkeit dieses Anspruchs, nicht sein Entstehen.

 

Rz. 46a

Gesetzgeberischer Grund für die Neuregelung ist, dass die Kontrolle der Steuererhöhungen nach der Öffnung des deutschen Steuerrechts für grenzüberschreitende Umwandlungen und Sitzverlegungen nicht mehr gesichert erscheint. Außerdem sollte die "Ausschüttungssperre", die durch die KSt-Erhöhung bei Auskehrung aus dem EK 02 gebildet wird, beseitigt werden.[1]

 

Rz. 46b

Die Neuregelung ist nachteilig für Körperschaften, die üblicherweise keine Gewinnausschüttungen vornehmen. Diese Körperschaften hätten den Ablauf des Übergangszeitraums nach Abs. 2 abwarten können und wären dann steuerlich nicht belastet worden. Derartigen Körperschaften eröffnet § 34 Abs. 14 KStG die Möglichkeit, für die Anwendung des bisherigen Rechts zu optieren. Sie unterliegen dann für den gesamten Übergangszeitraum noch der (ungemilderten) KSt-Erhöhung, wenn sie Gewinnausschüttungen vornehmen.[2]

 

Rz. 46c

Die Regelung über die pauschalierende Abgeltung des (ehemaligen) EK 02 gilt für jede Körperschaft, bei der noch Beträge an EK 02 vorhanden sind, damit auch für Organgesellschaften. Innerhalb eines Organkreises unterliegt daher jede Gesellschaft als selbstständiges Steuersubjekt der KSt-Erhöhung nach Abs. 5. Die Regelung gilt auch für steuerbefreite Körperschaften, soweit sie nicht unter § 38 Abs. 3 KStG fallen.[3] Das FG München vertritt darüber hinaus die Ansicht, dass die Neuregelung auch zur Besteuerung von gemeinnützigen Körperschaften führt, soweit sie unter § 38 Abs. 3 KStG fallen, da die Abs. 4-10 keinen Hinweis auf Abs. 3 enthalten.[4] M. E. ist diese Ansicht bedenklich, da die Neuregelung die latente Steuerbelastung in eine tatsächliche umwandeln sollte; hat keine latente Steuerbelastung bestanden, kann sie auch nicht in eine tatsächliche Steuerbelastung umgewandelt werden. M. E. ist eine Lücke im Gesetz anzunehmen, die durch eine teleologische Reduktion geschlossen werden kann.

 

Rz. 46d

Das neue System führt dazu, dass die latente Steuerbelastung, die für den Fall der Ausschüttung auf dem ehemaligen EK 02 geruht hat, zu einer tatsächlichen Steuerbelastung wird. Da die latente Steuerbelastung nur bei einer Ausschüttung tatsächlich eingetreten wäre, die Systemänderung aber eine ausschüttungsunabhängige Steuerbelastung einführt, wurde eine mögliche Benachteiligung der Stpfl. pauschaliert vermieden, indem der Steuersatz mit 3 % angesetzt wurde und damit nur ein Zehntel der latenten Steuerbelastung beträgt. Diese Pauschalierung ist auch insoweit verfassungsgemäß, als sie Körperschaften belastet, die zwar Ausschüttungen vornehmen können, dies aber bisher nicht getan haben. Die bloße Möglichkeit, dass während des ursprünglichen Übergangszeitraums von 18 Jahren keine Gewinnausschüttungen erfolgen würden, begründet keinen verfassungsrechtlich geschützten Vermögensgegenstand und keinen Vertrauenstatbestand.[5] Als Abgeltung einer latenten Steuerbelastung auf Einkünfte ist die Steuer eine pauschal ermittelte KSt, keine VSt. Auch eine verfassungswidrige echte Rückwirkung liegt nicht vor, da eine bereits entstandene Steuerschuld nicht rückwirkend geändert, sondern die in die Zukunft weisende latente Steuerbelastung für künftige Jahre neu geordnet wird.[6] Insoweit handelt es sich um eine unechte Rückwirkung, da an das beim Systemwechsel bestehende ehemalige EK 02 angeknüpft wird, aber Rechtsfolgen nur für die Zukunft gezogen werden.[7] Diese Art der Rückwirkung ist zulässig, wenn nicht überwiegende Gründe des Vertrauensschutzes dem widersprechen. Ein solcher Vertrauensschutz soll hier nicht eingreifen. Der Stpfl. konnte sich danach nicht darauf verlassen, dass die bestehende latente Steuerbelastung nie zu einer tatsächlichen Steuerbelastung führen würde. Verfassungsrechtlich ist der Stpfl. nicht vor jeder Enttäuschung geschützt; insbesondere kann er nicht darauf vertrauen, dass das zu einem Zeitpunkt bestehende Recht auch in Zukunft gelten werde. Die Absicht, keine Ausschüttungen vornehmen zu wollen, ist danach nicht konkretisiert und genügt nicht, ein solches Vertrauen zu schaffen.[8] Die unechte Rückwirkung der Regelung ist gerechtfertigt, da sie nicht in Dispositionen des Stpfl. eingreift; die Hoffnung, das Auslaufen der Übergangsregelung abwarten zu können, begründet keine schützenswerte Disposition. Eine bessere Administrierbarkeit für die Verwaltung reiche als Rechtfertigung für d...

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