Rz. 54

Die direkte Steueranrechnung erfolgt nur, sofern Übereinstimmung zwischen dem Steuerschuldner im inl. und ausl. Staat besteht (Steuersubjektidentität). Dies bedeutet, dass die im Inland beschränkt oder unbeschränkt steuerpflichtige Körperschaft im ausl. Staat selbst zur Steuer herangezogen werden muss. Dies ergibt sich jeweils aus dem Verweis auf § 34c Abs. 1 EStG.[1] Eine Möglichkeit zur indirekten Anrechnung besteht demgegenüber nur noch in Ausnahmefällen.[2]

 

Rz. 55

Der Telos der Norm umfasst die Vermeidung der rechtlichen Doppelbesteuerung, nicht jedoch die der wirtschaftlichen Doppelbesteuerung. Die direkte Steueranrechnung bezieht sich auf dieselben Einkünfte desselben Steuersubjekts. Vor diesem Hintergrund sollte in der Praxis aus dem Sinn und Zweck der Norm eine Anrechnung erfolgen, sofern ohne Steueranrechnung eine rechtliche Doppelbesteuerung entstehen würde.

 

Rz. 56

Dies bedeutet, dass der Stpfl., auf dessen Rechnung die ausl. Steuer einbehalten und abgeführt wird, dem Steuersubjekt entsprechen muss, welches im Inland der Besteuerung mit diesen Einkünften unterliegt. Nicht umfasst sind mithin Steuern, die im ausl. Staat für andere Stpfl. einbehalten und abgeführt werden sowie eine Haftung für fremde Steuern (Rz. 58).

 

Rz. 57

Eine Anrechnung ist auch bei gross-up-Klauseln möglich, bei der die Steuer des Inländers wirtschaftlich von einem Dritten getragen wird (sog. Netto-Vereinbarung, z. B. soll eine Lizenz eine bestimmte Höhe nach Steuern aufweisen).[3]

 

Rz. 58

Demgegenüber ist eine Steueranrechnung nicht möglich, sofern die ausl. Steuer im Wege der Haftung erhoben wird. Die Haftung ist insoweit nicht mit der Entrichtung der Steuer gleichzusetzen, sondern stellt einen eigenen schuldrechtlichen Tatbestand dar, der allein den Haftungsschuldner im Ausland betrifft. Eine Anrechnung kann ggf. im Billigkeitsweg erfolgen, sofern den inl. Stpfl. keine Schuld an der Haftungsinanspruchnahme trifft und dieser den Haftungsbetrag entsprechend erstattet.

 

Rz. 59

Grundsätzlich ist die Frage der Identität des Steuersubjekts nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts zu beantworten. Probleme können sich ergeben, sofern eine inl. Körperschaft an einer ausl. Personengesellschaft beteiligt ist. Ausl. Steuern, die auf Ebene der Personengesellschaft vom ausl. Staat erhoben werden, sollten beim Anteilseigner aufgrund des Transparenzprinzips grundsätzlich angerechnet werden können.[4] Konkrete Probleme können sich allerdings ergeben, sofern ein Qualifikationskonflikt vorliegt. Wird ein Rechtsgebilde von Deutschland als intransparente Kapitalgesellschaft besteuert, der ausl. Staat dieses jedoch als transparente Gesellschaft besteuert, fallen Steuerentstehung im Ausland und Einkünfte im Inland u. U. auseinander. Zur Vermeidung der Doppelbesteuerung sollte es allerdings zu einer Steueranrechnung im Billigkeitswege kommen.[5]

 

Rz. 60

Besondere Probleme können sich in Dreiecksfällen ergeben, etwa wenn die ausl. Gesellschaft Einkünfte erzielt, die bei funktionaler Betrachtung nicht ihr, sondern dem in Deutschland ansässigen Gesellschafter zuzurechnen sind. Insoweit könnte der ausl. Staat Steuern erheben, die in Deutschland mangels ausl. Einkünfte aus diesem Staat nicht anrechenbar wären.

 

Rz. 61

Sollte das ausl. Rechtsgebilde aus deutscher Sicht demgegenüber als transparent und nach ausl. Steuerrecht als intransparent anzusehen sein, sollte eine Anrechnung der ausl. Steuer auf die inl. KSt grundsätzlich möglich sein, da die im ausl. Staat erhobene Steuer nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts den Gesellschaftern zuzurechnen ist und aus deutscher Sicht somit Steuersubjektidentität besteht.[6] Etwas Abweichendes kann sich nur dann ergeben, sofern das Abkommensrecht eine andere Handhabung für derartige Fälle explizit vorsieht. Nicht anrechenbar dürften demgegenüber einbehaltene Quellensteuern auf Ausschüttungen sein, weil diese aus deutscher ertragsteuerlicher Sicht nicht anfallen dürften.

 

Rz. 62

Weitere Qualifikationskonflikte können sich bei Treuhandverhältnissen o. ä. Gestaltungen, z. B. Sicherheitengestellungen. ergeben, sofern der ausl. Staat diese Rechtsverhältnisse anders qualifiziert als Deutschland. Auch insoweit hat eine Beurteilung jedoch nach Maßgabe des deutschen Steuerrechts zu erfolgen. Die Vermeidung einer Doppelbesteuerung kann ggf. im Billigkeitsweg erfolgen.[7]

 

Rz. 63

Im Fall der Organschaft[8] wird die Steueranrechnung auf der Ebene des Organträgers vorgenommen.[9] Bei der Organgesellschaft erfolgt eine eigenständige Behandlung nur bis zur Ebene der Einkommensermittlung. Dieses Einkommen wird, von Ausgleichszahlungen i. S. d. § 16 KStG abgesehen, dem Organträger zur Versteuerung zugewiesen. Die Anrechnung ausl. Steuern erfolgt erst auf der der Einkommensermittlung nachgeschalteten Ebene der Steuerfestsetzung. Tarifvorschriften wie § 26 KStG[10] sind daher auf der Ebene des Organträgers, nicht auf der Ebene der Organgesellschaft anzuwenden. Die Regelung stellt insoweit eine Durchbrechung der Steuersubjektidentität dar.

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