Rz. 748

§ 14 Abs. 3 KStG enthält keine Definition, was unter einer Mehrabführung zu verstehen ist, die "ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit" hat.[1] Für Minderabführungen gilt Entsprechendes. Zweifelhaft kann der Begriff der Verursachung in vororganschaftlicher Zeit sein, weil der BFH[2] entschieden hatte, bei einer Gewinnabführung könne nicht danach unterschieden werden, ob sie ihre Veranlassung in vororganschaftlicher Zeit habe oder nicht. Die Gewinnabführung sei ein Begriff des Zivilrechts, nämlich des § 291 AktG, und immer dem Zeitraum zuzuordnen, dessen Gewinn aufgrund des Gewinnabführungsvertrags abgeführt werde. Daher sei die Mehrabführung immer eine "organschaftliche", keine solche der vororganschaftlichen Zeit. Zu berücksichtigen ist aber, dass der BFH davon ausgeht, die "Mehrabführung" sei mangels einer steuerrechtlichen Regelung handelsrechtlich zu verstehen. Abs. 3 bietet jetzt eine steuerrechtliche Regelung, sodass die Ansicht des BFH schon aus diesem Grund auf die Regelung nicht anwendbar ist.[3] M. E. ist der in § 14 Abs. 3 KStG verwendete Begriff der "Mehrabführung (Minderabführung), die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit hat" klar genug bzw. kann durch Auslegung geklärt werden. Der BFH hat seine Ansicht, eine Mehrabführung sei immer organschaftlich, da sie auf dem Gewinnabführungsvertrag beruhe, angesichts der Regelung des § 14 Abs. 3 KStG aufgegeben.[4]

Rz. 749 einstweilen frei

 

Rz. 750

Die Ausdrücke "vororganschaftliche Zeit" sowie der Verursachung in dieser Zeit sind durch Auslegung zu klären. Vororganschaftlich ist die Zeit, die mit Beginn des ersten Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft endet, für das das Organschaftsverhältnis erstmals gilt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Minder- oder Mehrabführung immer in organschaftlicher Zeit erfolgt. Vor Wirksamwerden des Organschaftsverhältnisses kann es keine Minder- oder Mehrabführungen geben. Wenn das Gesetz in § 14 Abs. 3 KStG von Minder- und Mehrabführungen spricht, die ihre Ursache in vororganschaftlicher Zeit haben, kann also der Zeitpunkt des Entstehens dieser Minder- oder Mehrabführungen nicht gemeint sein. Minder- und Mehrabführungen entstehen, wenn der Ansatz in der Handelsbilanz von demjenigen in der Steuerbilanz abweicht. In diesem Fall kommt es im Wirtschaftsjahr der erstmaligen Bilanzierung und. ggf. in den Folgejahren bei Fortentwicklung der Bilanzansätze zu Minder- oder Mehrabführungen. Maßgebend ist daher, ob diese Minder- und Mehrabführungen auf einer Abweichung der Steuer- von der Handelsbilanz beruhen, die erstmals vor Wirksamwerden des Organschaftsverhältnisses bilanziert worden ist. Erfolgte die abweichende Bilanzierung in der Steuerbilanz vor Wirksamwerden der Organschaft, sind Folgeänderungen aus der Fortentwicklung dieses Bilanzansatzes vororganschaftlich verursacht, auch wenn sie nach Wirksamwerden des Organschaftsverhältnisses erfolgt sind.

 
Praxis-Beispiel

Die X-GmbH erwirbt im Jahr 01 ein Wirtschaftsgut und schreibt es über 5 Jahre in der Handels- und Steuerbilanz ab. Im Jahr 02 findet bei der X-GmbH eine Betriebsprüfung statt, als deren ergebbnis die Abschreibungsdauer auf 10 Jahre verlängert wird. Zum 1.1.03 wird die X-GmbH Organgesellschaft der A-AG.

Zum 31.12.01 wird das Wirtschaftsgut aufgrund der Änderungen durch die Betriebsprüfung in der Steuerbilanz erstmals abweichend von der Handelsbilanz bilanziert. Alle Folgen, die sich aus dieser Abweichung ergeben, sind daher vororganschaftlich verursacht. Die Abweichungen auf den 31.12.01 und den 31.12.02 haben organschaftlich keine Auswirkungen, da sie vor Inkrafttreten des Ergebnisführungsvertrages eintreten. Die Folgeabweichungen der Jahre 03 – 05 führen zu Minderabführungen, da die handelsrechtliche Abschreibungen höher sind als die steuerlichen. Für die Jahre 06 – 10 kommt es zu Mehrabführungen, da handelsrechtlich keine Abschreibungen mehr zu verrechnen sind. Die Minder- und Mehrabführungen der Jahre 03-10 sind vororganschaftlich verursacht, da sie auf die erstmalige abweichende Bilanzierung auf den 31.12.01 zurückgehen.

Somit ist die Differenz zwischen Handels- und Steuerbilanz und damit die Abweichung der Gewinnabführung von dem Steuerbilanzergebnis "vororganschaftlich", wenn die in Handels- und Steuerbilanz unterschiedliche Bilanzierung des Geschäftsvorfalls, auf den die Differenzen in den Folgebilanzen zurückgehen, erstmals in einer Handels- bzw. Steuerbilanz vor Wirksamwerden des Ergebnisabführungsvertrags erfolgt ist.[5] M.E. kommt es hinsichtlich des Zeitpunktes darauf an, wann der Gewinn nach steuer- oder handelsbilanzrechtlichen Grundsätzen auszuweisen war, nicht aber darauf, wann er tatsächlich ausgewiesen worden ist.[6]

Die Differenz kann darauf beruhen, dass der Vorgang in der Handelsbilanz zu bilanzieren war, in der Steuerbilanz aber nicht, auf dem umgekehrten Fall oder auf einem Vorgang, der zwar in beiden Bilanzen zu erfassen war, aber mit unterschiedlichen Werten. Vororganschaftlich ist eine Mehr- oder Minderabführung daher immer d...

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