Rz. 511

Weitere Voraussetzung ist, dass die negativen Einkünfte des Organträgers oder der Organgesellschaft in einem ausl. Staat bei der Besteuerung des Organträgers, der Organgesellschaft oder einer anderen Person berücksichtigt werden. Nach der Fassung der Vorschrift vor der Änderung durch das Gesetz v. 20.2.2013[1] war Voraussetzung, dass das negative Einkommen in einem ausl. Staat im Rahmen einer der deutschen Besteuerung des Organträgers entsprechenden Besteuerung berücksichtigt worden ist. Die Neuregelung unterscheidet sich von der bisherigen Regelung darin, dass

  • auf die Einkünfte statt auf das Einkommen abgestellt wird,
  • die ausl. Besteuerung auch die Organgesellschaft oder eine dritte Person betreffen kann und
  • jede Einbeziehung der negativen Einkünfte in die ausl. Besteuerung genügt, also die ausl. Besteuerung nicht mehr der deutschen Besteuerung des Organträgers entsprechen muss.
 

Rz. 511a

Die Vorschrift bestimmt, dass die negativen Einkünfte "in einem ausl. Staat" berücksichtigt worden sein müssen. Nähere Anforderungen an diesen "ausl. Staat" bestehen nicht, der ausl. Staat muss also keine besonderen Voraussetzungen erfüllen. Obwohl die Neuregelung mit der Zulassung doppelt ansässiger Organgesellschaften begründet worden ist, wird nicht gefordert, dass die negativen Einkünfte gerade in dem Staat erfasst werden, in dem die Gesellschaft (auch) ansässig ist. Die negativen Einkünfte können daher in irgendeinem Staat berücksichtigt werden. Da "in einem ausl. Staat" nicht i. S . eines Zahlworts zu verstehen ist, ist die Vorschrift auch dann anzuwenden, wenn die negativen Einkünfte aufgrund der besonderen Verhältnisse in mehreren ausl. Staaten berücksichtigt werden.[2]

Andererseits ist für die Frage, ob die negativen Einkünfte in "einem" Staat berücksichtigt worden sind, die "per-country"-Ansicht anzuwenden. Das bedeutet, dass in einem Staat berücksichtigte negative Einkünfte nicht mit in einem anderen Staat besteuerten positiven Einkünften verrechnet werden können. Sind die Einkünfte nach deutschem Steuerrecht bei Organträger oder Organgesellschaft insgesamt negativ, in einem der ausländischen Staaten aber negativ, in dem anderen positiv, ist auf die in dem einen ausländischen Staat berücksichtigten negativen Einkünften § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG anzuwenden.[3]

 

Rz. 511b

Nach der Neuregelung müssen die negativen Einkünfte im Ausland bei der Besteuerung "berücksichtigt" worden sein. Dies ist so zu interpretieren, dass die negativen Einkünfte im Ausland steuerlich abgezogen worden sein müssen, d. h., dass sie die ausl. Bemessungsgrundlage tatsächlich gemindert haben müssen.[4] Hieran fällt einmal auf, dass die Vorschrift nur dann eingreift, wenn im Ausland tatsächlich ein Verlustabzug erfolgt ist. Ist das nicht der Fall, etwa weil nach ausl. Recht kein Gewinn mehr erzielt wird und die Aktivität, die im Ausland besteuert werden könnte, eingestellt wird, greift das inl. Abzugsverbot nicht ein. Eine bloß abstrakte Möglichkeit der Verlustberücksichtigung reicht nicht aus.[5] Nach der Begründung zum Entwurf des Gesetzes v. 20.12.2001[6] sollte die Vorschrift auch verhindern, dass sich Verluste stets zulasten der Bundesrepublik Deutschland auswirken, also doch wohl im Ausland nicht abgezogen werden können. Diese Fälle erfasst der Gesetzeswortlaut aber nicht. Die Regelung bleibt daher hinter der Begründung zurück und verstärkt die Zweifel an ihrem Sinn.[7]

 

Rz. 511c

Fraglich ist, ob das Verlustverrechnungsverbot nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG auch dann eingreift, wenn die Verluste im Ausland später, z. B. bei Erzielen von Gewinnen, nachversteuert werden. Die Wirkungen des Abzugsverbots wären dann nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 AO rückgängig zu machen.[8]

M.E. greift das Verlustabzugsverbot nach § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG auch in diesen Fällen einer im wirtschaftlichen Ergebnis nur temporären Verlustberücksichtigung im Ausland ein. Die deutsche Regelung ist unabhängig davon, ob entsprechende Gewinne ebenfalls doppelt berücksichtigt werden. Es besteht also keine Verbindung des Verlustabzugsverbots zur Besteuerung von entsprechenden Gewinnen. Rechtlich sind die Verluste berücksichtigt worden, auch wenn später Gewinne, die sonst nicht besteuert worden wären, in Höhe der abgezogenen Verluste in die Besteuerung einbezogen werden. Daher kann auch eine nachträgliche Gewinnbesteuerung im Ausland die ursprüngliche "Berücksichtigung" der Verluste nicht rückgängig machen. Allerdings ist die Regelung, dass doppelt berücksichigte Verluste auch dann nicht abzugsfähig sind, wenn auch die entsprechenden Gewinne doppelt berücksichtigt werden, eine der wesentlichen systematischen Schwachstellen der Regelung des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG.

 

Rz. 512

Die Berücksichtigung im Rahmen eines Progressionsvorbehalts wird nicht als "Berücksichtigung" i. S. d. § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 KStG anzusehen sein.[9]"Berücksichtigt" wurden die negativen Einkünfte nur, wenn sie im Ausland zu einer Reduzierung der Bemessungsgrundlage geführt haben. Die Reduzierun...

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