Rz. 445

Die tatsächliche Durchführung des Ergebnisabführungsvertrags hat in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen geführt, da schon kleine Fehler bei der Ermittlung des abzuführenden Gewinns dazu geführt hatten, dass der Ergebnisabführungsvertrag nicht durchgeführt worden war. Folge war, dass die Organschaft für das Wirtschaftsjahr, in dem der Fehler aufgetreten war, nicht anzuerkennen war und, wenn der Fehler während der Mindestlaufzeit von 5 Jahren aufgetreten war, sogar rückwirkend ab Beginn scheiterte. Ein Beispiel hierfür ist das Übersehen eines vororganschaftlichen Verlusts der Organgesellschaft, der handelsrechtlich vor der Ergebnisabführung ausgeglichen werden muss.[1] Hinzu kam, dass insbesondere bei Änderungen des Handelsbilanzrechts u. U. nicht von Anfang an klar war, wie zu bilanzieren war, sodass sich die Bilanzierung und damit die Gewinnabführung später als unrichtig herausstellen konnten. Um derartige Probleme zu vermeiden, wurde durch Gesetz v. 20.2.2013[2] in § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4, 5 KStG eine Regelung über eine fiktive Durchführung des Ergebnisabführungsvertrags eingeführt. In den in dieser Vorschrift genannten Fällen ist die Bilanzierung bei der Organgesellschaft und damit die Ermittlung des abzuführenden Gewinns weiterhin objektiv unrichtig. Rechtsfolge ist aber nicht mehr die Nichtanerkennung der Organschaft. Vielmehr bleibt die Organschaft weiterhin bestehen und der Verstoß gegen die Bilanzierungsregeln daher steuerrechtlich folgenlos, wenn die Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4, 5 KStG erfüllt sind.[3]

 

Rz. 445a

Die Neuregelung ist nach § 34 Abs. 9 Nr. 7 KStG in allen noch nicht bestandskräftig veranlagten Fällen anzuwenden. Das Gesetz entfaltet also "echte" Rückwirkung, da es auch für Vz anzuwenden ist, die vor der Verabschiedung des Gesetzes geendet haben. Da die Neuregelung nur eine fiktive Durchführung des Ergebnisabführungsvertrags enthält, die neben die bisher geltenden Regelungen tritt, wirkt sie nur zugunsten des Stpfl. Dieser kann sich, wenn die Ermittlung des abzuführenden Gewinns durch einen Bilanzierungsfehler beeinflusst wurde, auf die Fiktion des Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4, 5 berufen und damit im Rahmen der in dieser Vorschrift geregelten Voraussetzungen die steuerliche Anerkennung des Gewinnabführungsvertrags erreichen. Die Fiktion bedeutet aber nicht, dass er nur auf diesem Weg zur Anerkennung der Organschaft gelangen kann, d. h., die Regelung ist nicht abschließend. Dem Stpfl. wird dadurch eine weitere Möglichkeit, die Anerkennung der Organschaft zu erreichen, geboten, ohne etwaige andere, auf der Grundlage des bisherigen Rechts bestehende Möglichkeiten auszuschließen.[4] Die "echte" Rückwirkung ist daher verfassungsrechtlich unbedenklich.

 

Rz. 445b

Die Neuregelung gilt für alle noch nicht bestandskräftig veranlagten Fälle. Damit werden die Fälle erfasst, in denen noch keine Steuerbescheide ergangen sind, sowie die Fälle, die unter Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 AO oder vorläufig nach § 165 AO veranlagt worden sind, soweit die Vorläufigkeit die Durchführung des Gewinnabführungsvertrags betrifft. Zudem erfasst die Neuregelung die Fälle, die bereits bestandkräftig veranlagt sind, bei denen hinsichtlich der Durchführung des Ergebnisabführungsvertrags aber neue Tatsachen aufgetreten sind und die Bestandskraft daher nach § 173 AO durchbrochen werden kann. Bei Durchbrechung der Bestandskraft aus anderen Gründen können Folgen der Nichtanerkennung der Organschaft nur im Rahmen des § 177 AO kompensiert werden. Die Neuregelung greift daher in allen Fällen ein, in denen die Bestandskraft der Steuerfestsetzung hinsichtlich der Folgen der Organschaft noch nicht eingetreten ist oder durchbrochen werden kann.

 

Rz. 445c

Die Übergangsregelung ist insoweit unklar, als nicht ausdrücklich bestimmt wird, auf die Bestandskraft welcher Steuerbescheide abzustellen ist. Da die Regelung im KStG enthalten ist, wird auf den KSt-Bescheid abzustellen sein, nicht auf den GewSt-Bescheid. Das ist auch zweckmäßig, da der GewSt-Bescheid bei einer Änderung des KSt-Bescheids nach § 35b GewStG angepasst werden kann. Unklar bleibt aber, ob auf den KSt-Bescheid gegen den Organträger oder auf den gegen die Organgesellschaft abzustellen ist, denn die Folgen der Organschaft werden in den Bescheiden gegen beide Gesellschaften berücksichtigt. Die Anerkennung der Organschaft zeigt sich im Bescheid gegen die Organgesellschaft, indem das Einkommen mit 0 EUR bzw. nur das eigene Einkommen der Organgesellschaft aus den Ausgleichszahlungen nach § 16 KStG ausgewiesen wird, und im Bescheid gegen den Organträger, der das zugerechnete Einkommen der Organgesellschaft enthält. In den Fällen, in denen eine nachträgliche Berücksichtigung des Abs. 1 S. 1 Nr. 3 S. 4, 5 in Betracht kommt, wird die Organschaft wegen Nichtdurchführung des Ergebnisabführungsvertrags nicht anerkannt worden sein, und zwar entweder für einen Vz oder, wenn es sich um ein Wirtschaftsjahr während des Mindestzeitraums von 5 Jahren handelt...

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