Rz. 70

Das Abwicklungs-Endvermögen ist nach § 11 Abs. 3 KStG das zur Verteilung kommende Vermögen, d. h. das Vermögen, das verbleibt, nachdem die Einziehung der Forderungen, die Versilberung des übrigen Vermögens und die Befriedigung der Gläubiger abgeschlossen sind. Soweit das Vermögen in Bargeld bzw. einem Bankguthaben jeweils in EUR besteht, ergeben sich hinsichtlich der Bewertung keine Zweifelsfragen. Besteht das Vermögen in Sachwerten, erfolgt die Bewertung der vorhandenen Sachwerte nicht nach den Vorschriften des EStG, sondern mit dem gemeinen Wert, d. h. nach den Vorschriften des BewG.[1]

 Folglich werden hierdurch die stillen Reserven im Abwicklungs-Endvermögen erfasst. Eine Bewertung zum Teilwert kann nicht erfolgen, weil es an der Absicht zur Fortführung des Betriebs fehlt.

 

Rz. 71

Sofern der Abwicklungszeitraum 3 Jahre überschreitet und es nach 3 Jahren zur einer "Zwischenveranlagung" kommt, ist für diese Veranlagung ein vorläufiges Abwicklungs-Endvermögen anzusetzen, bei dem es noch nicht zu einer Realisierung der stillen Reserven von solchen Vermögenswerten kommt, die noch nicht veräußert oder an die Gesellschafter verteilt worden sind.[2]

 Insoweit hat eine Gewinnermittlung nach den allgemeinen Grundsätzen zu erfolgen, wobei die im Vergleich zu einem typischen Besteuerungszeitraum lange Dauer für die Gewinnermittlung sowie die möglicherweise bereits im Abwicklungszeitraum erfolgte Auskehr besonderer Beachtung bedürfen. Für das Abwicklungs-Endvermögen gilt auch das Vollständigkeitsgebot, d. h. noch nicht befriedigte Verbindlichkeiten sind ebenfalls auszuweisen.[3]

 

Rz. 72

Zeitpunkt für die Bewertung ist der Zeitpunkt der Übertragung des Vermögensgegenstands auf den Gesellschafter, sonst der Stichtag der Schlussbilanz. Ist der Wert eines Vermögensgegenstands, z. B. einer Forderung, im Zeitpunkt der Ermittlung des zur Verteilung kommenden Vermögens ungewiss, sind alle bis zur Bestandskraft der Veranlagung bekannt werdenden Umstände, die den objektiven Wert erhellen, zu berücksichtigen.[4]  Hiermit wird für die Abwicklung eine Wertaufhellungstheorie besonderer Art entwickelt. Während der lebende Betrieb nur die werterhellenden Umstände berücksichtigen muss, die ihm bis zur Bilanzaufstellung bekannt werden, muss der abgewickelte Betrieb auch solche Erkenntnisse berücksichtigen, die ihm nach der Ermittlung des zur Verteilung kommenden Vermögens bis zur Veranlagung bekannt werden. Der Grund hierfür liegt darin, dass die stillen Reserven bei Entlassung aus der Steuerpflicht möglichst vollständig erfasst werden sollen. Es geht bei der Liquidation nicht um die Bewertung durch einen ordentlich handelnden Kaufmann, sondern um die vollständige Erfassung der stillen Reserven. Dieser Grundsatz gilt indes in beide Richtungen, d. h. auch Gründe, die für eine Abwertung von zuvor zu hoch angesetzten Wirtschaftsgütern sprechen, sind entsprechend zu berücksichtigen.

 

Rz. 73

Ebenfalls mit dem gemeinen Wert zu bewerten sind immaterielle Wirtschaftsgüter, und zwar unabhängig davon, ob sie entgeltlich erworben oder originär geschaffen wurden. Bei der Schlussbesteuerung nach § 11 KStG müssen alle stillen Reserven aufgedeckt werden; würden originär geschaffene immaterielle Wirtschaftsgüter nicht angesetzt, würden ihre Werte insoweit der Besteuerung endgültig entzogen. Wird der Geschäftsbetrieb der Gesellschaft allerdings endgültig eingestellt und verflüchtigen sich die immateriellen Vermögenswerte (z. B. Markennamen, Patente, Know-how) hierdurch bzw. gehen unter, sind diese mit einem Wert von 0 EUR anzusetzen.

Die Bewertung der Wirtschaftsgüter mit dem gemeinen Wert bedeutet zudem, dass sie nur anzusetzen sind, sofern diese über einen Einzelveräußerungspreis verfügen, d. h., wenn sie überhaupt einzeln gegen Entgelt veräußert werden können. Das ist z. B. bei Patenten und Warenzeichen der Fall. Ein Firmenwert ist i. d. R. an den Betrieb gebunden und kann nur mit ihm zusammen übertragen werden, hat also keinen Einzelveräußerungspreis und damit keinen gemeinen Wert. Wird das Unternehmen aufgegeben und die Körperschaft liquidiert, geht der Firmenwert unter; eine Einzelveräußerung ist nicht möglich. Der Firmenwert ist mithin nicht anzusetzen. Anders ist es nur, wenn im Rahmen der Versilberung des Vermögens der Betrieb oder ein Teilbetrieb veräußert und dabei der Firmenwert im Kaufpreis vergütet wird. Da dann im Abwicklungs-Endvermögen der Kaufpreis angesetzt wird, wird damit auch der (anteilige) Firmenwert aufgedeckt. Gleiches gilt, wenn ein Betrieb oder Teilbetrieb als Sachauskehrung auf den Gesellschafter übertragen wird. Ist mit diesem Betrieb oder Teilbetrieb ein Firmenwert verbunden, ist dieser anzusetzen; das gilt unabhängig davon, ob es sich um einen originären oder derivativ erworbenen Firmenwert handelt, da für das Liquidations-Endvermögen der gemeine Wert, und nicht der bilanzsteuerliche Wert, anzusetzen ist.[5]

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge