Rz. 192

§ 9 Nr. 5 S. 14 GewStG beinhaltet 2 Haftungstatbestände. Zum einen wird das vorsätzliche oder grob fahrlässige Ausstellen einer unrichtigen Bestätigung (Ausstellerhaftung) und zum anderen die vorsätzliche oder grob fahrlässige Veranlassung einer zweckfremden Verwendung der zugewendeten Mittel (Veranlasserhaftung) erfasst.[1] Die Regelung dient der Abwehr von Missbräuchen. Haftungsschuldner können nach § 9 Nr. 5 S. 14 GewStG in beiden Fällen nicht nur natürliche Personen, sondern auch juristische Personen und die als Durchlaufstellen fungierenden Gebietskörperschaften sein.[2] Entsprechendes gilt für Zuwendungsempfänger im EU- bzw. EWR-Raum. Keine Bedeutung für die steuerliche Haftung hat § 31a BGB.[3]

 

Rz. 192a

Die Ausstellerhaftung betrifft das Ausstellen einer unrichtigen Zuwendungsbestätigung. Eine Zuwendungsbestätigung ist unrichtig, wenn deren Inhalt nicht der objektiven Sach- und Rechtslage entspricht.[4] Beziehen kann sich die Unrichtigkeit sowohl auf die Spenden als auch auf die Mitgliedsbeiträge. Die Unrichtigkeit kann die Höhe der Zahlungen, den beabsichtigten Verwendungszweck, die Freistellung des Zuwendungsempfängers und den Ausweis einer Gegenleistung als Spende betreffen. Die Zuwendungsbestätigung ist auch dann unrichtig, wenn zum Zeitpunkt ihrer Ausstellung weder eine Freistellung noch eine vorläufige Bescheinigung hinsichtlich der Gemeinnützigkeit vorgelegen hat.[5] Bei der Ausstellerhaftung handelt es sich um eine Verschuldenshaftung. Die Zuwendungsbestätigung muss vorsätzlich oder grob fahrlässig unrichtig ausgestellt worden sein. Vorsatz bedeutet Wissen und Wollen der Tat, wobei bedingter Vorsatz i. S. eines "Für-Möglich-Haltens und In-Kauf-Nehmens" ausreicht. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn die zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße oder in nicht entschuldbarer Weise verletzt wird.[6] Abzustellen ist auf die individuellen Fähigkeiten.[7] Der Aussteller einer Zuwendungsbestätigung handelt z. B. grob fahrlässig, wenn er bestätigt, dass eine Spende zu begünstigten Zwecken verwendet wird, ohne zu prüfen, ob dem Zuwendungsempfänger ein Freistellungsbescheid oder eine vorläufige Bescheinigung über die Gemeinnützigkeit erteilt worden ist.[8] Anwendung findet die Ausstellerhaftung gegenüber einer natürlichen Person grundsätzlich nur dann, wenn diese außerhalb des ihr zugewiesenen Wirkungskreises gehandelt hat.[9]

 

Rz. 192b

Voraussetzung für die Veranlasserhaftung ist die Veranlassung der zweckfremden Verwendung der zugewendeten Mittel. Maßgebend für die Beurteilung ist nicht die tatsächliche Rechtslage, sondern der Inhalt der Zuwendungsbestätigung.[10] Zur Fehlverwendung führt jedes Abweichen vom Inhalt der Zuwendungsbestätigung. Eine Fehlverwendung i. d. S. liegt z. B. vor bei einer Verwendung für nicht begünstigte oder für andere begünstigte Zwecke, bei einer Verwendung durch einen im Zeitpunkt der Mittelverwendung nicht begünstigten Zuwendungsempfänger oder bei Unterschlagung der zugewendeten Spenden. Die Veranlasserhaftung findet keine Anwendung, wenn der Zuwendungsempfänger die Spenden zwar zu dem in der Zuwendungsbestätigung angegebenen Zweck verwendet, selbst aber im Zeitpunkt der Mittelverwendung wegen nachträglicher Aberkennung der vorläufigen Gemeinnützigkeit nicht mehr als gemeinnützig anerkannt ist.[11] Auch die Veranlasserhaftung setzt Vorsatz bzw. grobe Fahrlässigkeit voraus.

 

Rz. 193

In den Fällen der Veranlasserhaftung ist nach § 9 Nr. 5 S. 15 GewStG vorrangig der Zuwendungsempfänger in Anspruch zu nehmen. Die für den Zuwendungsempfänger handelnden natürlichen Personen haften nur dann, wenn die entgangene Steuer nicht nach § 47 AO erloschen ist und Vollstreckungsmaßnahmen gegen den Zuwendungsempfänger nicht erfolgreich sind. § 10b Abs. 4 S. 5 EStG gilt entsprechend.

 

Rz. 194

Gehaftet wird nur für die durch den Vertrauensschutz für den Zuwendenden dem Steuergläubiger entgangene GewSt. Damit schließen sich GewSt- und Haftungsschuld gegenseitig aus.[12] Entfällt beim Zuwendenden der Vertrauensschutz, weil dieser die Zuwendungsbestätigung durch unlautere Mittel bzw. falsche Angaben erwirkt hat, oder hat er deren Unrichtigkeit gekannt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt, scheidet die Ausstellerhaftung aus.[13] Dies deshalb, weil sich aus dem Sinnzusammenhang und dem Zweck der Haftungsnormen ergibt, dass die GewSt durch den dem Zuwendenden gewährten Vertrauensschutz entgangen sein muss. Daher kommt bei Bösgläubigkeit des Zuwendenden eine Haftung nicht in Betracht. Das gilt auch in den Fällen, in denen der Abzug der Zuwendung dem bösgläubigen Zuwendenden zunächst gewährt worden ist und später bei Erkennen von dessen Bösgläubigkeit die tatsächlich entgangene GewSt z. B. wegen Vermögensverfalls nicht mehr erhoben werden kann.

 

Rz. 194a

Nach § 9 Nr. 5 S. 16 GewStG entsteht in Haftungsfällen eine aus Gründen der Praktikabilität der Höhe nach pauschalierte GewSt von 15 % des Betrags der Spenden bzw. Mitgliedsbeiträge. Es handelt sich insoweit um eine nicht widerlegbare Fik...

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