Rz. 166

§ 9 Nr. 3 S. 1 GewStG findet keine Anwendung auf Unternehmen der Seeschifffahrt, die in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig sind und ihren Gewerbeertrag, obwohl sie ihre Tätigkeit weitgehend nicht im Inland ausüben, in Ermangelung einer ausl. Betriebsstätte[1] in voller Höhe der GewSt zu unterwerfen haben. Dabei stellt das Seeschiff selbst keine Betriebsstätte dar. Durch § 9 Nr. 3 S. 2 – 5 GewStG wird die Belastung inl. Seeschifffahrtsunternehmen mit GewSt, soweit sie auf den Teil des inl. Gewerbeertrags entfällt, der durch den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr erzielt wird, beseitigt. Der nicht der GewSt unterliegende Anteil des Gewerbeertrags wird im Wege einer Pauschalregelung ermittelt. Im Ergebnis werden damit die ausl. Gewerbeerträge einer fiktiven ausl. Betriebsstätte zugeordnet.[2] Die Eintragung in ein inl. Seeschiffsregister oder die Führung der deutschen Flagge sind nicht Voraussetzung für die Anwendung von § 9 Nr. 3 S. 2 – 5 GewStG.

 

Rz. 167

Für Unternehmen der Seeschifffahrt, die ausschließlich den Betrieb von eigenen oder gecharterten Handelsschiffen im internationalen Verkehr zum Gegenstand haben, bestimmt § 9 Nr. 3 S. 2 GewStG, dass 80 % des Gewerbeertrags als auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallend gelten. Ist Gegenstand nicht ausschließlich der Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr, gelten nach § 9 Nr. 3 S. 3 GewStG 80 % des Teils des Gewerbeertrags, der auf den Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr entfällt, als auf eine nicht im Inland belegene Betriebsstätte entfallend, wenn dieser Teil des Gewerbeertrags gesondert ermittelt wird. Gesonderte Ermittlung bedeutet, dass zunächst der gesamte Gewerbeertrag des Unternehmens zu ermitteln ist. Von diesem ist dann der auf den Betrieb der Handelsschiffe im internationalen Verkehr entfallende Anteil abzuziehen.[3] Im Ergebnis sind damit 20 % des maßgebenden Gewerbeertrags des jeweiligen Seeschifffahrtsunternehmens der GewSt zu unterwerfen. Entsprechendes gilt bei einem negativen Gewerbeertrag mit der Folge, dass nur 20 % des Gewerbeverlusts des jeweiligen Seeschifffahrtsunternehmens zu berücksichtigen sind.[4]

 

Rz. 168

Handelsschiffe werden nach § 9 Nr. 3 S. 4 GewStG im internationalen Verkehr betrieben, wenn eigene oder gecharterte Handelsschiffe im Wirtschaftsjahr überwiegend zur Beförderung von Personen und Gütern im Verkehr mit oder zwischen ausl. Häfen, innerhalb eines ausl. Hafens oder zwischen einem ausl. Hafen und der freien See eingesetzt werden. Dabei stehen die Beförderung von Personen und Gütern gleichwertig nebeneinander. Von daher kommt die Kürzung nach § 9 Nr. 3 S. 2 – 5 GewStG auch dann in Betracht, wenn mit den entsprechenden Schiffen ausschließlich Güter transportiert werden.[5] Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Nr. 3 S. 4 GewStG können auch zeitanteilig erfüllt sein.[6] Zu den Handelsschiffen im internationalen Verkehr gehören nur Seeschiffe, nicht dagegen Handelsschiffe, deren Zweckbestimmung in der inl. Küstenschifffahrt liegt.[7] Letzteres gilt auch dann, wenn sie z. B. gelegentlich ausl. Häfen anfahren.[8] Ebenfalls nicht zu den Handelsschiffen im internationalen Verkehr gehören Schiffe, die als Baggerschiffe, Bergungsschiffe, Taucherfahrzeuge oder Fischereifahrzeuge eingesetzt sind.[9] Zu den Handelsschiffen im internationalen Verkehr können Schleppschiffe zum Gütertransport gehören.[10] Nicht hierzu gehört der Abfalltransport von einem ausländischen Hafen zur Verbrennung oder sonstigen Beseitigung auf offener See.[11]

 

Rz. 168a

Einkaufsfahrten finden im internationalen Verkehr statt, sofern ein ausl. Hafen angelaufen wird, Aus- und Zusteigemöglichkeiten gegeben sind und die Liegezeit einen Landaufenthalt im Ausland zulässt.[12] Begünstigt sind hier aber nur die Beförderungsleistungen, nicht aber der Warenverkauf.[13]

 

Rz. 168b

Zum Betrieb von Handelsschiffen im internationalen Verkehr gehören nach § 9 Nr. 3 S. 5 GewStG i. V. m. § 5a Abs. 2 S. 2 EStG auch ihre Vercharterung, wenn sie vom Vercharterer ausgerüstet worden sind, und die unmittelbar mit ihrem Einsatz oder ihrer Vercharterung zusammenhängenden Neben- und Hilfsgeschäfte einschließlich der Veräußerung der Handelsschiffe und der unmittelbar ihrem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter. Zu den begünstigten Hilfs- bzw. Nebengeschäften gehört z. B. der Warenverkauf auf Linienschiffen. Wird das Schiff einer Einschiffgesellschaft innerhalb des ersten Jahrs veräußert, liegt hinsichtlich der Veräußerung des Schiffs nur dann ein Hilfsgeschäft vor, wenn die Absicht zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen bestand und der Veräußerungsentschluss erst später gefasst wurde. Nach Ablauf der Jahresfrist wird die Absicht zum langfristigen Betrieb von Handelsschiffen widerlegbar vermutet.[14]

 

Rz. 168c

Die Weitervercharterung von gecharterten Handelsschiffen führt beim Zweitvercharterer nur dann zur Fiktion einer ausl. Betriebsstätte i. S. d. § 9 Nr. 3 S. 2, 3 GewStG, wenn dieser die Schiffe selbst au...

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