Rz. 22

Nach § 3a Abs. 1 S. 1 EStG sind Betriebsvermögensmehrungen oder Betriebseinnahmen aus einem Schuldenerlass zum Zwecke einer unternehmensbezogenen Sanierung steuerfrei. Die Steuerbefreiung gilt für alle Unternehmen und damit auch für gewerbliche Unternehmen jeglicher Rechtsform.[1] Unerheblich ist, ob die Gewinnermittlung nach §§ 4 Abs. 1, 5 oder nach § 4 Abs. 3 EStG erfolgt.

 

Rz. 23

Bei dem Schuldenerlass muss es sich nach § 3a Abs. 2 EStG um einen Erlass aus betrieblichen Gründen handeln. Grundlage des Schuldenerlasses kann sein ein Erlassvertrag i. S. d. § 397 Abs. 1 BGB, ein negatives Schuldanerkenntnis i. S. d. § 397 Abs. 2 BGB, ein Erlass der Rückgriffsforderung durch den Bürgen, ein Verzicht gegen Besserungsschein[2], ein Rangrücktritt, bei dem die Verpflichtung nur aus künftigen Gewinnen zu bedienen ist[3], ein Forderungsverzicht im Rahmen eines Insolvenzplanverfahrens i. S. d. §§ 217ff. InsO[4], ein Debt-Buy-Back[5] oder ein Debt-to-Equity-Swap.[6] Nicht erfasst werden z. B. Stundungen, Aufrechnungen oder Schuldübernahmen.[7] Kein betrieblich begründeter Erlass liegt vor bei Veranlassung der Betriebsvermögensmehrung durch das Gesellschaftsverhältnis.[8] Hiervon ist auszugehen, wenn ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns der Gesellschaft den Vermögensvorteil nicht eingeräumt hätte. Dagegen liegt eine betriebliche Veranlassung vor, wenn der Verzicht des Gesellschafters dem entspricht, was auch andere Gläubiger als Sanierungsbeitrag erbringen.[9]

 

Rz. 24

Ob eine unternehmensbezogene Sanierung vorliegt, bestimmt sich nach § 3a Abs. 2 EStG. Danach muss der Stpfl. für den Zeitpunkt des Schuldenerlasses die Sanierungsbedürftigkeit und die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens, die Sanierungseignung des betrieblich begründeten Schuldenerlasses und die Sanierungsabsicht der Gläubiger nachweisen. Die genannten 4 Voraussetzungen müssen alle im Zeitpunkt des Schuldenerlasses vorliegen. Hinsichtlich der Auslegung der genannten Merkmale kann – soweit möglich – auf die Rechtsprechung zu § 3 Nr. 66 EStG a. F. zurückgegriffen werden.

  • Sanierungsbedürftigkeit liegt regelmäßig vor, wenn die Existenz des Unternehmens in einer Art und Weise bedroht ist, dass es ohne den Schuldenerlass nicht mehr ertragbringend weitergeführt werden kann.[10] Zur Beurteilung heranzuziehen ist die Gesamtleistungsfähigkeit des Unternehmens. Die Sanierungsbedürftigkeit ist nicht erst bei Vorliegen von Insolvenzgründen i. S. d. §§ 17 bis 19 InsO gegeben, sondern bereits im Zeitpunkt der Unternehmenskrise.[11] Relevanter Zeitpunkt ist der Zeitpunkt der Kreditunwürdigkeit des Unternehmens.
  • Die Sanierungsfähigkeit des Unternehmens ist gegeben, wenn durch den Sanierungserlass unter Berücksichtigung eventueller weiterer Sanierungsmaßnahmen das Unternehmen wieder ertragsfähig wird und damit bei objektiver Betrachtung dessen Überleben gesichert ist. Maßgebend hierfür sind vorrangig die zu erwartende Entwicklung der Umsatz- und Ertragslage.[12]
  • Die Sanierungseignung besteht, wenn die entsprechenden Maßnahmen zur Zielerreichung geeignet sind. Zu prüfen ist, welche Zahlungsverpflichtungen das Unternehmen im Zeitpunkt des Schuldenerlasses hat, inwieweit diese Verpflichtungen aus dem laufenden Geschäft erfüllt werden können und ob nach Fortfall der erlassenen Schulden die Zahlungsfähigkeit wieder als gesichert angesehen werden kann. Nicht erforderlich ist ein tatsächlicher Sanierungserfolg.[13]
  • Sanierungsabsicht verlangt, dass der Schuldenerlass zum Zwecke der Unternehmenssanierung erfolgt. Eine ausschließliche Sanierungsabsicht ist nicht erforderlich. Das Vorhandensein eigennütziger Motive ist unschädlich. Beteiligen sich mehrere Gläubiger am Sanierungserlass, kann die Sanierungsabsicht unterstellt werden.[14] An der Sanierungsabsicht fehlt es, wenn der Unternehmer z. B. nur in den Stand versetzt werden soll, sein Unternehmen aufzugeben und sich schuldenfrei in sein Privatleben zurückzuziehen. Zu beachten ist § 3a Abs. 5 EStG.

Die Voraussetzungen einer unternehmensbezogenen Sanierung sind vom Stpfl. nachzuweisen. Nicht näher gesetzlich geregelt ist die Art und Weise, wie dieser Nachweis zu erfolgen hat. Von daher reicht es aus, wenn der Nachweis durch Vorlage eines entsprechenden Sanierungs- oder Insolvenzplans erfolgt.[15] Kommt der Stpfl. seiner Nachweispflicht nicht nach, scheidet eine unternehmensbezogene Sanierung i. S. d. § 3a Abs. 1 und 2 EStG aus. Damit besteht für den Stpfl. ein faktisches Wahlrecht.[16] Er kann auf die Steuerbefreiung von Sanierungserträgen verzichten, indem er seine Nachweispflichten nicht erfüllt. Letzteres kann z. B. in Betracht kommen, wenn der Sanierungsaufwand den Sanierungsertrag übersteigt. Keine Geltung hat dies allerdings, wenn die Finanzverwaltung aufgrund ihrer Ermittlungen von Amts wegen zu dem Ergebnis kommt, dass die Voraussetzungen für die Anwendung des § 7b GewStG vorliegen.[17] Nicht in Betracht kommt eine unterschiedliche Ausübung des faktischen Wahlrechts für Zwecke der ...

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