Rz. 53

Die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Mitunternehmerschaft bestimmen sich nach den einkommensteuerlichen Vorschriften. Mitunternehmer sind danach Gesellschafter, die nach den gesellschaftsvertraglichen Vereinbarungen sowohl Mitunternehmerinitiative entfalten können als auch Mitunternehmerrisiko tragen.[1] Mitunternehmerinitiative bedeutet Teilhabe an den unternehmerischen Entscheidungen. Die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschaftsrechten, die den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten, die einem Kommanditisten nach dem HGB oder die den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten nach § 716 Abs. 1 BGB entsprechen, reicht hierbei aus.[2] Mitunternehmerrisiko trägt, wer am Gewinn und Verlust des Unternehmens und an den stillen Reserven einschließlich eines etwaigen Geschäftswerts beteiligt ist.[3]

 

Rz. 54

Personengesellschaften, an denen nur ein Gesellschafter mitunternehmerisch beteiligt ist, unterliegen nicht selbst der GewSt.[4] Wird bei dem sog. Treuhandmodell unter Verwendung einer KG der Kommanditanteil treuhänderisch für die Komplementärin gehalten, ist eine Mitunternehmerschaft zu verneinen, da der Kommanditanteil dem Treuhänder nicht die Mitunternehmerstellung vermittelt. Infolgedessen sind die aus dem Kommanditanteil erzielten Einkünfte der Komplementärin als Treugeberin zuzurechnen. Die Komplementärin erzielt gewerbliche Einkünfte aus einer einzelunternehmerischen Tätigkeit i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG. Bei der Ermittlung dieses Gewinns sind vertragliche Beziehungen zwischen dem Treugeber und dem Treuhänder nicht anzuerkennen, selbst wenn sie zivilrechtlich wirksam sind. Entsprechendes gilt für die Ermittlung des Gewerbeertrags. Im Ergebnis wird somit die "Ein-Unternehmer-Personengesellschaft" steuerlich wie ein gewerblich tätiges Einzelunternehmen behandelt. Das Treuhandmodell ermöglicht eine gewerbesteuerliche Verrechnung von Gewinnen und Verlusten im Konzern. Daher stellt es im Rahmen von Personengesellschaftsstrukturen eine Alternative zur ertragsteuerlichen Organschaft dar. Allerdings führt eine solche Treuhandabrede zur Aushebelung der Haftungsabschirmung[5] Die aufgezeigten Grundsätze gelten nicht, wenn die Rechte aus dem Komplementäranteil treuhänderisch für den Kommanditisten gehalten werden. Die Treuhandvereinbarung berührt die Mitunternehmerstellung des Komplementärs nicht, da er nicht von der Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen werden kann. Auch hat er das Risiko der Haftungsinanspruchnahme bei Verlusten der KG zu tragen. Es liegt eine Mitunternehmerschaft vor, sodass auch für Zwecke der GewSt die Grundsätze der Mitunternehmerschaft anzuwenden sind.[6]

 

Rz. 54a

Betreibt eine Personengesellschaft als Inhaberin eines Handelsgewerbes, an dem eine atypisch stille Gesellschaft besteht, ein gewerbliches Unternehmen, unterhalten sowohl die atypisch stille Gesellschaft als auch die Personengesellschaft jeweils einen selbstständigen Gewerbebetrieb. Für die Dauer der atypisch stillen Gesellschaft wird das Unternehmen des Inhabers des Handelsgewerbes der atypisch stillen Gesellschaft als Mitunternehmerschaft zugeordnet.[7]

 

Rz. 55

Die Gewerblichkeit der Mitunternehmerschaft kann sich auch aus § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG ergeben.[8] Nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 EStG unterliegt eine auch gewerbliche Einkünfte erzielende Mitunternehmerschaft auch hinsichtlich der Tätigkeiten, die ihrer Art nach nicht gewerblich sind, in vollem Umfang der GewSt. Keine Anwendung findet § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 EStG, wenn die originär gewerblichen Nettoumsatzerlöse nicht höher als 3 % des Gesamtnettoumsatzes und nicht höher als 24.500 EUR sind (Bagatellgrenze).[9] Auch durch unternehmensleitende Managementaufgaben kann eine gewerbliche Abfärbung i. S. d. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 1 GewStG verursacht werden, wenn z. B. eine freiberufliche Personengesellschaft als Holdinggesellschaft geschäftsleitende Funktionen innerhalb einer Unternehmensgruppe wahrnimmt.[10] Gleiches gilt bei mitunternehmerischer Beteiligung einer Freiberufler-Kapitalgesellschaft an einer Freiberufler-Personengesellschaft.[11] Dagegen ist eine Infektion der Einkünfte, die vom Bereich des Sonderbetriebsvermögens des Gesellschafters auf die Einkünfte der Personengesellschaft durchschlägt, nicht möglich.[12] Eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Mitunternehmerschaften gegenüber Einzelpersonen, die nur mit ihren gewerblichen Tätigkeiten der GewSt unterliegen, liegt nicht vor.[13] Vermeiden lässt sich die Abfärbewirkung durch Gründung einer zweiten personenidentischen Personengesellschaft. Auch besteht die Möglichkeit, dass der entsprechende Gesellschafter insoweit als Einzelunternehmer tätig wird. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Alt. 2 EStG gilt in den Fällen, in denen z. B. eine Personengesellschaft mit land- und forstwirtschaftlichen oder vermögensverwaltenden Einkünften auch gewerbliche Einkünfte i. S. d. § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStG erzielt. Die Bagatellgrenze gilt hier nicht und zur Verfassungswidrigkeit führt dies ebenfalls nicht.[14] Aller...

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