Rz. 9

§ 35b GewStG ist eine selbstständige Rechtsgrundlage für die Korrektur des GewSt-Messbescheids bzw. des Verlustfeststellungsbescheids und steht selbstständig neben den Änderungsvorschriften der AO. Voraussetzung für die Anwendung von § 35b GewStG ist insbesondere nicht, dass sich die Änderungsbefugnis auch aus einer anderen Vorschrift – z. B. aus § 164 Abs. 2 oder § 173 Abs. 1 AO – ergibt.[1] Nach § 184 Abs. 1 S. 3 AO sind die Änderungsvorschriften der AO auf GewSt-Messbescheide sinngemäß anzuwenden. Entsprechendes gilt nach § 181 Abs. 1 S. 1 AO für Verlustfeststellungsbescheide. Die Anwendung der Änderungsvorschriften der AO wird durch § 35b GewStG nicht ausgeschlossen.

 

Rz. 10

§ 35b GewStG ist gegenüber den Änderungsvorschriften der AO allerdings subsidiär, wenn die Korrektur des GewSt-Messbescheids bzw. des Verlustfeststellungsbescheids aufgrund der Änderungsvorschriften der AO weitergehender oder – bei gleichem Umfang – günstiger ist.[2] Vor diesem Hintergrund gehen Korrekturen auf der Grundlage von § 164 Abs. 2, § 165 Abs. 2 und § 173 Abs. 1 AO dem § 35b GewStG vor.[3] Da in diesen Fällen der Aspekt der Verfahrensvereinfachung nicht greift, entspricht dies auch dem Sinn und Zweck von § 35b GewStG.

 

Rz. 11

Verlustfeststellungsbescheide können nach § 35b Abs. 1 und § 35b Abs. 2 S. 2 und 3 GewStG korrigiert werden. Sofern die Tatbestandsvoraussetzungen beider Korrekturvorschriften erfüllt sind und sich die Rechtsfolgen unterscheiden, ist § 35b Abs. 1 GewStG subsidiär, da § 35b Abs. 2 S. 2 und 3 GewStG gegenüber § 35b Abs. 1 GewStG die umfassendere Regelung darstellt.[4]

 

Rz. 12

Weder die Bestandskraft des GewSt-Messbescheids noch die des Verlustfeststellungsbescheids schließt die Anwendung von § 35b GewStG aus. Entsprechende Einschränkungen enthält § 35b GewStG nicht. Dies gilt auch, wenn die entsprechenden Bescheide durch Einspruchsentscheidung bestätigt oder geändert wurden. Im Fall einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ist allerdings die Anwendung von § 35b GewStG ausgeschlossen, soweit ihr die Rechtskraft entgegensteht.[5] Von daher ist z. B. die Aufhebung oder Änderung des GewSt-Messbescheids nach Änderung oder Aufhebung des ESt-Bescheids, wenn die Änderung oder Aufhebung den Gewinn aus Gewerbebetrieb berührt, nach § 35b Abs. 1 GewStG ausgeschlossen, soweit über die Rechtmäßigkeit des GewSt-Messbescheids rechtskräftig entschieden worden ist.[6]

 

Rz. 13

Für den vorläufigen Rechtsschutz werden die angefochtenen ESt-, KSt- oder Gewinnfeststellungsbescheide im Ergebnis wie Grundlagenbescheide behandelt, sodass ihre Aussetzung der Vollziehung im Hinblick auf die Regelung in § 35b Abs. 1 GewStG auch die Aussetzung der Vollziehung der bestandskräftigen GewSt-Messbescheide zur Folge hat.[7] Dies setzt allerdings voraus, dass die Vollziehung des entsprechenden ESt-, KSt- bzw. Gewinnfeststellungsbescheids tatsächlich ausgesetzt worden ist.[8] Es reicht nicht aus, wenn zwar die materiellen Voraussetzungen für die Aussetzung der Vollziehung vorliegen, diese aber aus verfahrensrechtlichen Gründen – z. B. wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses – nicht in Betracht kommt.[9] Die Folgeaussetzung ist auf den Betrag beschränkt, mit dem sich nach § 35b Abs. 1 GewStG eine der Aussetzung der Vollziehung entsprechende Korrektur des ESt-, KSt- oder Gewinnfeststellungsbescheids auf die Höhe des GewSt-Messbetrags auswirken würde.[10] Ein eigenständiger Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich des GewSt-Messbescheids ist ebenfalls möglich. § 35b Abs. 1 GewStG führt insoweit nicht zur Verneinung eines entsprechenden Rechtsschutzbedürfnisses. Entsprechendes gilt auch für den Verlustfeststellungsbescheid. Wird dessen Vollziehung ausgesetzt, ergibt sich die Folgeaussetzung aus § 69 Abs. 2 S. 4 FGO bzw. § 361 Abs. 3 S. 1 AO. Der Verlustfeststellungsbescheid ist hinsichtlich des abziehbaren Gewerbeverlusts Grundlagenbescheid für den GewSt-Messbescheid des folgenden Ez.

 

Rz. 14

Das Rechtsschutzbedürfnis für gesonderte Einsprüche gegen den GewSt-Messbescheid bzw. den Verlustfeststellungsbescheid wird durch § 35b Abs. 1 GewStG auch dann nicht ausgeschlossen, wenn dessen Änderungsvoraussetzungen vorliegen.[11] Nicht anwendbar ist allerdings § 35b Abs. 1 GewStG im Rahmen eines Rechtsbehelfsverfahrens gegen den GewSt-Messbescheid.[12] Dies deshalb, weil hier weitergehende Korrekturmöglichkeiten bestehen als bei § 35b Abs. 1 GewStG.

[2] Baldauf, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 35b GewStG Rz. 7; Sarrazin, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 35b GewStG Rz. 8.
[4] Baldauf, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 35b GewStG Rz. 7.

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