1 Rechtsentwicklung

 

Rz. 1

§ 16 GewStG war bereits Bestandteil des GewStG 1936.[1] Seit der Bekanntmachung des GewStG v. 15.10.2002[2] wurde § 16 GewStG mehrfach geändert:

  • Durch Gesetz v. 23.12.2003[3] wurde mit Wirkung ab Ez 2004 in § 16 Abs. 4 S. 2 GewStG ein gemeindlicher Mindesthebesatz von 200 % eingefügt.
  • Die Änderung durch Gesetz v. 13.12.2006[4] war lediglich redaktioneller Natur.
  • Des Weiteren wurde § 16 GewStG durch Gesetz v. 19.12.2008[5] geändert. Eingefügt wurde mit Wirkung ab Ez 2009 § 16 Abs. 4 S. 4 GewStG. Danach sind in den Fällen von § 16 Abs. 4 S. 3 GewStG die §§ 28 bis 34 GewStG mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle mehrerer Gemeinden die Gebietsteile der Gemeinde mit verschiedenen Hebesätzen treten.
[1] RGBl I 1936, 979.
[2] BGBl I 2002, 4167.
[3] BGBl I 2003, 2922.
[4] BGBl I 2006, 2878.
[5] BGBl I 2008, 2794.

2 Inhalt und Zweck der Vorschrift

 

Rz. 2

Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG garantiert den Gemeinden eine wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle mit Hebesatzrecht. Den Gemeinden ist nach Art. 106 Abs. 6 S. 2 GG das Recht einzuräumen, im gesetzlich vorgegebenen Rahmen die Hebesätze der GewSt festzusetzen. Diese sich aus dem GG ergebende verfassungsrechtliche Verpflichtung erfüllt § 16 GewStG.

 

Rz. 3

§ 16 GewStG beinhaltet 2 Regelungsbereiche, nämlich zum einen die Bestimmung und Festsetzung des Hebesatzes und zum anderen die Festsetzung der GewSt mittels dieses Hebesatzes.

 

Rz. 4

Während die Besteuerungsgrundlagen und der GewSt-Messbetrag für alle Stpfl. bundeseinheitlich nach den gleichen Grundsätzen ermittelt werden, setzen die Gemeinden die Hebesätze unter Berücksichtigung ihres Finanzbedarfs in unterschiedlicher Höhe fest. Die Belastung der einzelnen Gewerbebetriebe mit GewSt ist somit von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich. Vor diesem Hintergrund hat der Hebesatz die Funktion eines Steuersatzes.[1]  § 16 GewStG stellt insoweit eine Tarifvorschrift dar.[2]

 

Rz. 5

Nach § 16 Abs. 1 GewStG ist unter dem Hebesatz der Prozentsatz zu verstehen, mit dem die Gemeinde die GewSt aufgrund des GewSt-Messbetrags festsetzt und erhebt. Der Hebesatz wird von der nach den §§ 4, 35a GewStG hebeberechtigten Gemeinde bestimmt; er kann nach § 16 Abs. 2 GewStG für ein Kj. oder für mehrere Kj. festgesetzt werden. Der Beschluss über den Hebesatz nach § 16 Abs. 3 S. 1 GewStG gilt stets vom Beginn des Kj. an; er muss allerdings bis zum 30.6. des Kj. gefasst werden, wenn er noch Wirkung für dieses Kj. haben soll. Nach § 16 Abs. 3 S. 2 GewStG kann der Beschluss nach diesem Zeitpunkt mit Wirkung für dieses Kj. nur gefasst werden, wenn der beschlossene Hebesatz die Höhe des letzten Hebesatzes nicht überschreitet. Der Hebesatz muss nach § 16 Abs. 4 S. 1 GewStG für alle in der Gemeinde vorhandenen Unternehmen der gleiche sein. Der Mindesthebesatz beträgt nach § 16 Abs. 4 S. 2 GewStG erstmals ab Ez 2004 für alle Gemeinden zwingend 200 %.

 

Rz. 6

Wird das Gebiet von Gemeinden geändert, kann die Landesregierung oder die von ihr bestimmte Stelle nach § 16 Abs. 4 S. 3 GewStG für die von der Änderung betroffenen Gebietsteile auf eine bestimmte Zeit verschiedene Hebesätze zulassen. In diesem Fall gelten nach § 16 Abs. 4 S. 4 GewStG ab Ez 2009 die Regelungen in den §§ 28 bis 34 GewStG mit der Maßgabe entsprechend, dass an die Stelle mehrerer Gemeinden die Gebietsteile der Gemeinde mit verschiedenen Hebesätzen treten.

 

Rz. 7

Nach § 16 Abs. 5 GewStG können landesrechtliche Regelungen bestimmen, in welchem Verhältnis die Hebesätze für die GrSt der Betriebe der Land- und Forstwirtschaft, für die GrSt der Grundstücke und für die GewSt zueinander stehen müssen, welche Höchstsätze nicht überschritten werden dürfen und inwieweit mit Genehmigung der Gemeindeaufsichtsbehörde Ausnahmen zugelassen werden können.

[1] Gosch, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 16 GewStG Rz. 4; Güroff, in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl. 2021, § 16 GewStG Rz. 2.
[2] Gosch, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 16 GewStG Rz. 4.

3 Hebesatz (§ 16 GewStG)

3.1 Höhe des Hebesatzes (§ 16 Abs. 1, Abs. 4 S. 2 GewStG)

 

Rz. 8

Die GewSt wird nach § 16 Abs. 1 GewStG auf der Grundlage des GewSt-Messbetrags mit einem Prozentsatz – hierbei handelt es sich um den sog. Hebesatz – festgesetzt. Die Höhe des Hebesatzes wird von der zur Erhebung der GewSt berechtigten Gemeinde bestimmt. In der Wahl des Hebesatzes sind die Gemeinden zwar grundsätzlich frei. Es gelten aber gesetzliche Rahmenvorschriften, die von allen Gemeinden zu beachten sind. Die Hebesätze gelten sowohl für stehende Gewerbebetriebe als auch für Reisegewerbebetriebe.

 

Rz. 9

Verfahrensrechtlich maßgebend für die Festsetzung der Hebesätze sind grundsätzlich die Vorschriften der jeweiligen Gemeindeordnungen. Die Festsetzung der Hebesätze erfolgt entweder in den jährlichen Haushaltssatzungen der Gemeinden oder in besonderen Abgaben- oder Hebesatzsatzungen. Zuständig für die Festsetzung des Hebesatzes ist der Gemeinderat. Dessen Mitglieder sind auch dann nicht von der Beratung und Abstimmung ausgeschlossen, wenn sie selbst gewerbesteuerpflichtig sind.[1] Dagegen werden die Hebesätze in den Stadtstaaten Berlin und Hamburg sowie im Bundesland Bremen durch e...

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