Rz. 14

Der Hebesatz für die GewSt ist für jedes Haushaltsjahr festzusetzen. In den Stadtstaaten Berlin und Hamburg sowie im Bundesland Bremen erfolgt die Bestimmung des Hebesatzes durch ein Hebesatzgesetz, in den übrigen Bundesländern durch einen Beschluss des Gemeinderats, der in einer Satzung von der Gemeinde öffentlich bekannt gemacht wird. Die Gemeinden können die Hebesätze für die GewSt aber auch in einer besonderen Satzung über die Realsteuerhebesätze festschreiben.

 

Rz. 15

Im Ermessen der Gemeinden steht, für welchen Zeitraum der Hebesatz festgesetzt werden soll. Der Hebesatz für die GewSt kann für ein Haushaltsjahr festgelegt werden. Haushaltsjahr ist das jeweilige Kj. Maßgebende Zeiteinheit ist somit stets der 1.1. bis 31.12. eines Jahrs. Hebesätze für andere Zeiteinheiten können nicht festgelegt werden. Für das Folgejahr muss der Hebesatz erneut bestimmt werden. Dies gilt auch für den Fall, dass sich seine Höhe nicht ändert. Anderenfalls gilt der Mindesthebesatz.

 

Rz. 16

Nach § 16 Abs. 2 GewStG ist es auch zulässig, den Hebesatz für mehrere Kj. festzusetzen. Der gewählte Zeitraum muss genau festgelegt werden. Eine Festsetzung bis auf Weiteres genügt nicht. Die Gemeindeordnungen erlauben dabei Festlegungen nur für 2 Jahre.[1] Im Rahmen einer besonderen Satzung über die Realsteuerhebesätze kann der Hebesatz auch für mehr als 2 Jahre festgeschrieben werden. Vor dem Hintergrund der Regelung in § 16 Abs. 3 GewStG haben die Gemeinden auch die Möglichkeit, die getroffene Festsetzung wieder rückgängig zu machen und den für mehrere Kj. festgesetzten Hebesatz zu vermindern oder zu erhöhen.[2]

 

Rz. 17

Nach § 16 Abs. 3 GewStG kann der Hebesatz für den Ez auch noch rückwirkend festgesetzt werden. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.[3] Vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Rückwirkungsverbots kann dies aber nur bei maßvollen Hebesatzerhöhungen gelten. I.d.S. ist § 16 Abs. 3 GewStG verfassungskonform auszulegen.[4]

 

Rz. 17a

Ein Beschluss der Gemeinde, durch den der Hebesatz rückwirkend auf den Beginn des Kj. höher festgesetzt werden soll als der Hebesatz für das vorangegangene Kj., ist nach § 16 Abs. 3 S. 1 GewStG nur zulässig, wenn er bis zum 30.6. des jeweiligen Kj. erfolgt. Entsprechendes gilt, falls ein bereits festgesetzter Hebesatz erhöht werden soll. Diese Regelung soll die jeweiligen Gewerbetreibenden vor nicht vorhersehbaren Nachforderungen schützen. Erfolgt der Beschluss erst nach dem 30.6. des Kj., wirkt er nur dann auf den Beginn des entsprechenden Kj. zurück, wenn der beschlossene Hebesatz die Höhe des letzten Hebesatzes nicht überschreitet, also gleich bleibt oder gesenkt wird. Zu beachten ist, dass nur der Beschluss der zuständigen Gemeindevertretung bis zum 30.6. des Kj. gefasst sein muss. Unschädlich ist nach dem Wortlaut des Gesetzes dagegen, wenn die Satzung erst nach dem 30.6. genehmigt oder bekannt gegeben wird.[5] Auch ein zeitlicher Zusammenhang zwischen Beschlussfassung und Bekanntgabe der Satzung ist grundsätzlich nicht erforderlich.[6] Vor dem Hintergrund des Vertrauensschutzgedankens kann dies bei ungewöhnlich langen Zeiträumen zwischen Ratsbeschluss und Bekanntgabe keine Geltung haben, sofern der Stpfl. mit der Bekanntgabe und damit der Erhöhung des Hebesatzes nicht mehr rechnen musste.[7] Wird der vom Gesetz vorgegebene Termin zum 30.6. nicht eingehalten, kommt einer Erhöhung des Hebesatzes für das laufende Kj. keine Bedeutung zu. Die Erhöhung ist erst vom Beginn des nächsten Kj. an relevant.

 

Rz. 18

Führt die erstmalige Festsetzung des Hebesatzes im laufenden Kj. – verglichen mit dem sonst geltenden Mindesthebesatz von 200 % – zu einer Erhöhung, gilt § 16 Abs. 3 S. 1 GewStG.[8] Der Beschluss muss bis zum 30.6. des laufenden Kj. gefasst werden. § 16 Abs. 3 S. 2 GewStG kann nur dann Anwendung finden, wenn der Hebesatz von 200 % nicht erhöht wird.

[1] Z. B. § 78 Abs. 3 GO NRW; Art. 63 Abs. 1 GO Bayern; § 79 Abs. 1 GO BW.
[2] Gosch, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 16 GewStG Rz. 20.
[3] BVerfG v. 19.12.1961, 2 BvR 2/60, BStBI I 1962, 490; BFH v. 29.8.1969, VI R 118/67, BStBI II 1970, 20; BVerwG v. 5.3.1971, VII C 44.68, BStBl II 1971, 443; Güroff, in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl. 2021, § 16 GewStG Rz. 10a; Gosch, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 16 GewStG Rz. 21; Beutel, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 16 GewStG Rz. 44; a. A. Flies, FR 1994, 248.
[4] Beutel, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 16 GewStG Rz. 43; Flies, FR 1994, 248.
[5] BVerwG v. 13.7.1979, 7 B 143/79, HFR 1980, 156; Beutel, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 16 GewStG Rz. 44.
[6] Gosch, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 16 GewStG Rz. 21.
[7] Beutel, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 16 GewStG Rz. 44; Güroff, in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl. 2021, § 16 GewStG Rz. 10a.
[8] Gosch, in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, § 16 GewStG Rz. 21; Beutel, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 16 GewStG Rz. 42; a. A. Güroff, in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl. 2021, § 16 GewStG Rz. 10a.

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