Leitsatz

1. Schließen Ehegatten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zusätzlich eine Wertguthabenvereinbarung i.S. des SGB IV ab, muss für diese – gesondert – ein Fremdvergleich erfolgen.

2. Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist wesentliches Indiz, ob die Vertragschancen und -risiken fremdüblich verteilt sind. Eine einseitige Verteilung zu Lasten des Arbeitgeber-Ehegatten ist regelmäßig anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer-Ehegatte unbegrenzt Wertguthaben ansparen sowie Dauer, Zeitpunkt und Häufigkeit der Freistellungsphasen nahezu beliebig wählen kann.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 4, § 12 Nr. 1 und 2 EStG, § 7, § 7b, § 23b SGB IV

 

Sachverhalt

Die Klägerin war als Bürofachkraft im Gewerbebetrieb des Klägers angestellt. Dieser war ihr Ehemann, mit dem sie zusammen veranlagt wurde. Die Kläger schlossen rückwirkend einen Arbeitsvertrag sowie eine Ergänzungsvereinbarung zu einem Zeitwertguthabenmodell ab. Diese bot der Klägerin weitgehende Möglichkeiten, ihr Zeitguthaben aufzubauen und nach einer dreimonatigen Ankündigungszeit zu verwenden. Der Kläger durfte einer Freizeitphase der Klägerin nur aus dringenden betrieblichen Gründen widersprechen, und dies auch nur einmal. Anderen Arbeitnehmern bot der Kläger ein solches Zeitwertguthabenmodell nicht an, sondern machte anderweitige Angebote zur betrieblichen Altersvorsorge. Das FA erkannte die Rückstellung für das Wertguthaben nicht an. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte Erfolg (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.10.2018, 5 K 2061/16, Haufe-Index 14204768, EFG 2019, 1179).

 

Entscheidung

Die Revision des FA war aus den unter Praxis-Hinweise dargestellten Aspekten begründet. Das Urteil wurde aufgehoben und der Rechtsstreit an das FG zurückverwiesen.

 

Hinweis

Verträge zwischen Ehegatten werden wegen des häufig fehlenden Interessengegensatzes von der Finanzverwaltung kritisch gesehen. Dies gilt insbesondere für Regelungen eines Arbeitsverhältnisses, die dazu führen, dass der Arbeitgeber-Ehegatte den Lohnaufwand für den Arbeitnehmer-Ehegatten als Betriebsausgaben geltend machen kann und der Arbeitnehmer-Ehegatte (noch) keinen Lohnzufluss zu versteuern hat.

1. Für die Beurteilung, ob Verträge zwischen nahen Angehörigen durch die Einkunftserzielung veranlasst oder aber durch private Zuwendungs- oder Unterhaltsüberlegungen motiviert sind, ist entscheidend, ob die vertraglichen Hauptpflichten klar und eindeutig vereinbart sowie entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden. Indiz für die Zuordnung der Vertragsbeziehung zum betrieblichen Bereich ist insbesondere, ob der Vertrag sowohl nach seinem Inhalt als auch nach seiner tatsächlichen Durchführung dem entspricht, was zwischen Fremden üblich ist. Im Zuge der erforderlichen Gesamtwürdigung ist der Umstand wesentlich, ob die Vertragschancen und -risiken in fremdüblicher Weise verteilt sind. Belegt das Gesamtbild der Vereinbarungen, dass die weitaus meisten Chancen des Vertrags der einen Seite und die weitaus meisten Risiken der anderen Seite zugewiesen werden, spricht dies gegen eine Fremdüblichkeit.

2. Bei Arbeitsverhältnissen ist davon auszugehen, dass Lohnzahlungen an einen im Betrieb des Steuerpflichtigen mitarbeitenden Ehegatte als Betriebsausgaben abziehbar sind, wenn dieser aufgrund ­eines wirksamen, inhaltlich fremdüblichen Arbeitsvertrags beschäftigt wird, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung erbringt und der Steuer­pflichtige seinerseits alle Arbeitgeberpflichten, insbesondere die der Lohnzahlung, erfüllt. Für die Beurteilung der Fremdüblichkeit kann bedeutsam sein, wie der Arbeitgeber die Leistung gegenüber fremden Arbeitnehmern gestaltet bzw. ob er dieselben Regelungen auch bei diesen verwendet hat.

3. Ein Betriebsausgabenabzug für eine Leistung an den Ehegatten des Arbeitgebers aufgrund einer Zusatzvereinbarung setzt voraus, dass zunächst das Arbeitsverhältnis steuerrechtlich anzuerkennen ist und dass im Rahmen einer gesonderten Prüfung auch die Aufwendungen für die zusätzliche Leistung nicht auf privaten Erwägungen beruhen.

4. Eine Anwendung der Grundsätze über die Anerkennung von Zusatzvereinbarungen bei Ehegat­tenarbeitsverhältnissen kommt allerdings nicht in ­Betracht, wenn der Fall einer sog. echten Barlohnumwandlung vorliegt.

5. Eine zwischen den Ehegatten getroffene Wertguthabenvereinbarung ist hingegen gesondert auf ihre Fremdüblichkeit zu überprüfen.

6. Wesentliche Rechtsfolge einer im SGB IV geregelten Wertguthabenvereinbarung ist, dass Einstellungen in das Wertguthaben keine Beitragspflicht zur Sozialversicherung auslösen und auch nicht der Lohnsteuer unterliegen, da dem Arbeitnehmer noch kein Arbeitslohn zufließt.

7. Seit 2009 müssen Wertguthabenvereinbarungen gemäß § 7b SGB IV u.a. folgende Voraussetzungen erfüllen:

  • eine schriftliche Vereinbarung ist gegeben, die über eine flexible Gestaltung lediglich der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit hinausgehen muss (§ 7b Nr. 1, 2 SGB IV),
  • das fällige Arbeitsentgelt muss oberhalb der Geringfügigkeitsgrenze liegen (§ 7b Nr. 5 SGB IV),
  • das Wertgu...

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