Leitsatz

Kindergeld für ein Kind, das während eines freiwilligen sozialen Jahres zum Kindergeldbezug der Eltern berechtigt hat, ist nicht mehr ab der Vollendung des 25. Lebensjahres zu gewähren; eine Ungleichbehandlung mit Zivildienstleistenden ist gerechtfertigt.

 

Sachverhalt

Der am 18.8.1986 geborene Sohn des Klägers absolvierte vom 1.8.2006 bis 31.7.2007 ein freiwilliges soziales Jahr. Für diese Zeit wurde auch Kindergeld an den Vater gezahlt. Obwohl das freiwillige soziale Jahr nicht als Verlängerungstatbestand in § 32 Abs. 5 EStG aufgeführt ist, beantragte der Vater die Gewährung von Kindergeld über das 25. Lebensjahr des Sohnes hinaus, da es sich hier um eine Regelungslücke des Gesetzgebers handele. Zivildienstleistende erhielten eine höhere Vergütung als diejenigen, die ein freiwilliges soziales Jahr ableisteten. Aufgrund der besseren Versorgung bedürfen Zivildienstleistende daher keiner Unterstützung durch die Eltern. Absolventen eines freiwilligen sozialen Jahres bekämen hingegen nur ein Taschengeld. Die Eltern von Kindern, die sich für ein freiwilliges soziales Jahr entschieden, seien daher höher belastet.

 

Entscheidung

Nach Auffassung des FG besteht für eine analoge Anwendung des § 32 Abs. 5 Satz 1 EStG bei Ableistung eines freiwilligen sozialen Jahres kein Raum. Der entscheidende Unterschied zu den in § 32 Abs. 5 EStG aufgeführten Diensten ist, dass der Kindergeldberechtigte in diesen Fällen für die Dauer des Dienstes keinen Anspruch auf Kindergeld hat, während sich der Elternteil eines Kindes, das ein freiwilliges soziales Jahr leistet, aufgrund der Regelung des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2d EStG auch für die Zeit des Dienstes Kindergeld beanspruchen kann. Eine zusätzliche Förderung über das maßgebliche 25. Lebensjahr hinaus wäre vor diesem Hintergrund sogar eine Ungleichbehandlung. Die vom Kläger angesprochenen wirtschaftlichen Nachteile durch die Nichtgewährung des Kindergeldes sind nicht zwingend. Denn eine fortwährende Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber einem sich noch in der Berufsausbildung befindlichen Kind, für das kein Anspruch auf Kindergeld mehr besteht, begünstigt der Gesetzgeber mit einem steuerlichen Abzug der Kosten als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG.

 

Hinweis

Eine fortwährende Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber einem über 25 Jahre alten Kind, das sich noch in der Berufsausbildung befindet, kann sich durch die Möglichkeit des Abzugs der Kosten als außergewöhnliche Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG (unter der Voraussetzung, dass das unterhaltene Kind über keine bzw. nur geringe Einkünfte verfügt) sogar steuerlich günstiger auswirken als die tatsächliche Zahlung des Kindergeldes.

Das Urteil des FG ist rechtskräftig.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil vom 23.04.2012, 10 K 3219/11 Kg

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