Leitsatz

1. Die Durchführung von eintägigen Fortbildungsseminaren der Bundessteuerberaterkammer für Steuerberater durch einen selbstständigen Referenten gegen Entgelt ist umsatzsteuerpflichtig.

2. § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993 begünstigt nur die Träger privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, nicht aber selbstständige Referenten, die an diesen Schulen oder ähnlichen Bildungseinrichtungen Unterricht erteilen (Anschluss an BFH-Urteil vom 27.08.1998, V R 73/97, BFH/NV 1999, 431).

3. Die Bescheinigung der zuständigen Landesbehörde nach § 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993 ist materiell-rechtliche Voraussetzung für die Steuerbefreiung der in dieser Vorschrift bezeichneten Umsätze. Sie ist für denjenigen beizubringen, der sich auf die Steuerbefreiung beruft.

4. Ein Steuerpflichtiger kann sich nicht auf Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-RL berufen, wenn er nicht als "andere Einrichtung mit von dem betreffenden Mitgliedstaat anerkannter vergleichbarer Zielsetzung" anerkannt ist.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 21 Buchst. b UStG 1993, Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der 6. EG-RL

 

Sachverhalt

Der Kläger, der die Lehrberechtigung für die Fächer Steuerrecht, Handels-, Bank- und Wirtschaftsrecht sowie Bürgerliches Recht hat, führte im Auftrag der Steuerberaterkammer in mehreren Jahren ein- und ganztägige, auf den Teilnehmerkreis (Steuerberater) beschränkte Seminare zu den Themen "Kapitalanlagen und Steuern" und "Euroumstellungsberatung durch Steuerberater" gegen Vergütung durch. Er beanspruchte die Steuerbefreiung der Umsätze.

Das FG bestätigte ihn (FG Köln, Urteil vom 16.08.2005, 9 K 2708/01, Haufe-Index 1437870, EFG 2005, 1807).

 

Entscheidung

Die Revision des FA hatte Erfolg. Der BFH wies darauf hin, dass sich der Kläger mit Erfolg weder auf Abschn. 112a UStR 1992 und 1996 noch auf die BMF-Schreiben in StEK, Umsatzsteuergesetz 1980, § 4 Nr. 21, Rechtsspruch 21 und 36 berufen kann, weil diese Verwaltungsregelungen weder eine Grundlage im UStG haben noch Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6. EG-RL entsprechen, soweit sie nicht nur den von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht begünstigen.

 

Hinweis

1.§ 4 Nr. 21 Buchst. b UStG in der bis zum 31.03.1999 gültigen Fassung begünstigte nur die Träger privater Schulen und anderer allgemeinbildender oder berufsbildender Einrichtungen, nicht aber selbstständige Referenten, die an diesen Schulen oder ähnlichen Bildungseinrichtungen Unterricht erteilen. Deshalb kam es allein darauf an, ob die Voraussetzungen des Art.  13 Teil A Abs. 1 Buchst.  j der 6. EG-RL erfüllt waren, nämlich ein "von Privatlehrern erteilten Schul- und Hochschulunterricht" (Buchst. j).

2. Das Gemeinschaftsrecht enthält keine Definition der Begriffe "Schul- und Hochschulunterricht". Sie sind zwar – so der EuGH – wegen der unterschiedlichen Unterrichtssysteme der Mitgliedstaaten nicht zu eng auszulegen: Die Begriffe beschränken sich nicht auf den Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten der Schüler oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben. Gleichwohl betont der EuGH: Sowohl Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i und j der 6. EG-RL sind auf die Förderung des "Schul- und Hochschulunterrichts" als Tätigkeit von allgemeinem Interesse gerichtet. Sie bilden aber kein System. Der Wortlaut der Bestimmungen ist vielmehr eng auszulegen und bezieht sich nur auf die Tätigkeiten, die in der Vorschrift einzeln aufgeführt und genau beschrieben sind.

3. Mit Schul- und Hochschulunterricht lassen sich thematisch aufbereitete Fortbildungsveranstaltungen für bestimmte Berufe nicht vergleichen (siehe unter 4.). Zwar werden an Hochschulen auch Aufbaustudien oder Fortbildungsveranstaltungen angeboten. Weder der Leistungsort noch die Qualifikation des Leistenden (z.B. Schul- oder Hochschullehrer), sondern nur dieTätigkeit – ebenso wie bei den anderen tätigkeitsbezogenen Befreiungen – ist maßgeblich. Dienstleistungen der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung sind gemeinschaftsrechtlich nur befreit, wenn sie von den bezeichneten, staatlich anerkannten  Einrichtungen ausgeführt werden.

4.Dienstleistungen der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung (Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. i der 6. EG-RL) definiert Art. 14 der VO Nr. 1777/2005 (verbindlich erst seit 01.07.2006) als Schulungsmaßnahmen mit direktem Bezug zu einem Gewerbe oder einem Beruf sowie jegliche Schulungsmaßnahme, die dem Erwerb oder der Erhaltung beruflicher Kenntnisse dient. Die Dauer der Ausbildung, Fortbildung oder beruflichen Umschulung ist hierfür unerheblich. Dies zeigt gleichzeitig die Schnittstelle zum Schul- und Hochschulunterricht. Berufsbezogene Schulungsmaßnahmen sind kein Schul-...

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