Rz. 59

Die Grundstücke müssen zu Wohnzwecken vermietet werden.[1] Für selbst genutzte Grundstücke gilt die Steuerbefreiung nicht.

 

Rz. 60

Eine Vermietung "zu Wohnzwecken" liegt dann vor, wenn die überlassenen Räume als Wohnung genutzt werden können. Der Begriff der Wohnung richtet sich grundsätzlich nach den Vorgaben des Bewertungsgesetzes.[2] Eine Vermietung zu Wohnzwecken ist aber auch dann anzunehmen, wenn Räume zum Zweck eines betreuten Wohnens vermietet werden, bei denen nicht jede Wohneinheit über eine eigene Küche etc. verfügt. Eine Vermietung zu Wohnzwecken ist ferner zu bejahen bei Ferien- und Wochenendwohnungen, die nur vorübergehend bzw. von wechselnden Personen bewohnt werden.[3]

Im Allgemeinen kommt es auf die Dauer der Vermietung nicht an.[4]

 

Rz. 61

Eine Nutzung zu Wohnzwecken ist nicht gegeben, wenn die Räume (ausschließlich oder überwiegend) zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken genutzt werden. Eine untergeordnete Mitbenutzung (z. B. Arbeitszimmer in einer Wohnung) ist dagegen unschädlich.[5]

 

Rz. 62

Bei gemischt genutzten Grundstücken (z. B. Wohn- und Gewerbegrundstücken) entfällt die Steuerbefreiung nicht vollständig.[6] Der Wertabschlag von 10 % wird dann nur insoweit gewährt, als tatsächlich eine Vermietung zu Wohnzwecken erfolgt. Für eine anteilige Verschonung spricht nicht nur der Gesetzeswortlaut ("Grundstücksteile"), sondern auch die amtliche Gesetzesbegründung.[7] Die Aufteilung erfolgt entsprechend dem Verhältnis der Wohn- und Nutzflächen[8] und nicht etwa nach dem Verhältnis der Mieteinnahmen.[9]

 

Rz. 63

Für die Vermietung zu Wohnzwecken ist ein wirksamer Mietvertrag[10] ausreichend, aber nicht unbedingt notwendig. Die Steuerbefreiung ist vielmehr auch dann zu gewähren, wenn der Mietvertrag zivilrechtlich unwirksam ist (z. B. wegen Verstoß gegen Mieterschutzbestimmungen), tatsächlich aber vollzogen wird.[11]

 

Rz. 64

Der Mietvertrag muss nicht dem entsprechen, was zwischen fremden Dritten üblich ist.[12] Die ertragsteuerliche Anerkennung des Mietverhältnisses ist insoweit nicht von Bedeutung.[13] Im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht ist ein Fremdvergleich generell nicht entscheidend.[14]

 

Rz. 65

Darüber hinaus sollte darauf geachtet werden, dass zwischen dem Erblasser bzw. Schenker und dem Mieter ein unmittelbares Vertragsverhältnis besteht. Bei einer bloß mittelbaren Vermietung (z. B. Zwischenschaltung einer Gesellschaft) könnte die Steuerbefreiung unter Umständen versagt werden.

 

Rz. 66

Auf die Höhe der vereinbarten bzw. bezahlten Miete kommt es für die Steuerbefreiung nicht an. Entscheidend ist allerdings, dass tatsächlich eine Miete vereinbart wird.[15] Bei der unentgeltlichen Überlassung von Wohnräumen handelt es sich zivilrechtlich um eine Leihe[16] und nicht mehr um eine Miete.[17]

 

Rz. 67

Mieter kann jede natürliche oder juristische Person sein.[18] Eine Vermietung an Angehörige, nahestehenden Personen oder Gesellschaften[19] genügt. Grundsätzlich kann demnach auch der Erwerber Mieter sein. In diesem Fall erlischt das Mietverhältnis mit dem Erwerb allerdings durch Konfusion. Dies ist aber unschädlich, da das Rechtsverhältnis steuerlich als fortbestehend gilt.[20] Das Grundstück muss zudem nur im Zeitpunkt der Steuerentstehung vermietet sein, nicht aber auch darüber hinaus vermietet bleiben.

 

Rz. 68

Nach dem im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht geltenden Stichtagsprinzip muss das Mietverhältnis im Zeitpunkt der Entstehung der Steuer bestehen.[21] Das Gesetz verlangt nicht, dass das Mietverhältnis bereits vor dem Erwerb (länger) bestanden hat oder danach noch (länger) fortgesetzt wird.[22] Es ist demnach unschädlich, wenn das Mietverhältnis erst kurz vor dem Erwerb begründet worden ist oder kurz nach dem Erwerb beendet wird. Ein steuerlicher Gestaltungsmissbrauch ist darin schon deshalb nicht zu sehen, weil Mietverhältnisse über Wohnraum zivilrechtlich streng reglementiert sind.

 

Rz. 69

Die Inanspruchnahme des Bewertungsabschlags setzt voraus, dass das Grundstück im Zeitpunkt der Steuerentstehung tatsächlich vermietet ist.[23] Ein (vorübergehender) Leerstand (z. B. aufgrund eines Mieterwechsels oder von Renovierungsarbeiten) ist aber unschädlich.[24]

 

Rz. 70

Es genügt, wenn das Grundstück im Zeitpunkt der Steuerentstehung bereits zu Wohnzwecken vermietet ist oder zu einer solchen Vermietung bestimmt ist.[25] Bereits der Gesetzeswortlaut[26] deutet darauf hin, dass der Erwerb nicht nur dann begünstigt ist, wenn das Grundstück bereits vermietet ist, sondern auch dann, wenn das Grundstück vermietet wird. Normzweck und Gesetzesbegründung[27] sprechen gleichfalls für die Einbeziehung von noch nicht vermieteten, aber zur Vermietung bestimmten Grundstücken.

 

Rz. 71

Das Bestimmen zum Vermieten erfordert allerdings eine konkrete Vermietungsabsicht des Erblassers bzw. Schenkers, mit deren Umsetzung bereits begonnen worden ist. Die Vermietungsabsicht und deren Umsetzung müssen zudem anhand objektiv nachprüfbarer Tatsachen erkennbar geworden sein. Die Feststellungslast trägt insoweit der Steuerschuldner.

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