Rz. 120

Bei der Frage des Zuwendungsempfängers geht es darum, bei welcher Person tatsächlich und endgültig die Bereicherung eintritt. Die Frage stellt sich im 2-Personenverhältnis nicht, sondern wird erst relevant, wenn Dritte unmittelbar oder mittelbar beteiligt sind.[1] Bei der Prüfung, wer als Zuwendender und Bedachter an einer freigebigen Zuwendung beteiligt ist, kommt es nach der st. Rspr. des BFH auf die Zivilrechtslage und nicht darauf an, wem nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise Vermögen oder Einkommen zuzurechnen ist; denn die Schenkungsteuer ist Verkehrssteuer.[2] Bei einer Vermögensübertragung auf eine rechtsfähige Stiftung kann deshalb keine freigebige Zuwendung an den Begünstigten vorliegen. Typologisch geht es um den Vertrag zugunsten Dritter, die Weiterleitung des zugewendeten Gegenstands vom Erstempfänger an den Dritten und um Besonderheiten bei rechtsfähigen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften. Die Bestimmung des Zuwendungsempfängers hat schenkungsteuerrechtlich Bedeutung für die Ermittlung der Steuerklasse[3], die persönlichen Freibeträge[4] und bestimmte Steuerbefreiungstatbestände.[5]

 

Rz. 121

Beim sog. echten Vertrag zugunsten Dritter[6] ist zivilrechtlich das sog. Deckungsverhältnis zwischen dem Versprechenden und dem Versprechensempfänger und das sog. Valutaverhältnis zwischen dem Versprechensempfänger und dem Drittbegünstigten zu unterscheiden. Beim echten Vertrag zugunsten Dritter erwirbt der Dritte ein unmittelbares Forderungsrecht gegenüber dem Versprechenden, über das er grundsätzlich frei verfügen kann.

 

Rz. 122

Zunächst kommt eine (freigebige) Zuwendung im Valutaverhältnis zwischen dem Versprechensempfänger und dem Drittbegünstigten in Betracht. Wenn der Rechtsgrund des Valutaverhältnisses unentgeltlicher Natur ist, ist Gegenstand der mittelbaren Zuwendung bzw. Schenkung das Forderungsrecht gegen den Versprechenden. Die Zuwendung ist dann grundsätzlich auch mit dem Vertragsabschluss des Deckungsverhältnisses i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG ausgeführt.[7] Die Vertragsauslegung kann allerdings auch ergeben, dass nicht das Forderungsrecht als solches den Gegenstand der Zuwendung bildet, sondern erst die Sache selbst. Die Abgrenzung hat danach zu erfolgen, ob der in dem Valutaverhältnis Drittbegünstigte über die Forderung gegen den Versprechenden frei verfügen kann oder nicht.[8]

 
Praxis-Beispiel

In der Entscheidung des BFH zugrunde liegenden Sachverhalts hatten die Eltern an die Schwester des Klägers ein Grundstück verschenkt und zugleich deren Bruder das Recht eingeräumt, die Hälfte des Grundbesitzes unentgeltlich verlangen zu können. Es handelte sich dabei um einen Vertrag zugunsten Dritter, nämlich zugunsten des Bruders. Bereits mit Abschluss des Schenkungsvertrags gilt die Schenkung zugunsten des Bruders ausgeführt, weil er einen frei verfügbaren Anspruch gegen seine Schwester erlangt hatte. Es kommt also entgegen der Ansicht des FG nicht auf den Vollzug (Auflassung und Eintragung des Bruders im Grundbuch) an.[9]

Anders verhält es sich, wenn der Bruder keinen frei verfügbaren – z. B. einen aufschiebend bedingten – Anspruch vertraglich eingeräumt bekommen hätte.

 
Praxis-Beispiel

Ebenfalls nicht überzeugend ist die Argumentation des FG Hamburg.[10] Es ging dabei um eine 5-monatige Luxuskreuzfahrt, auf die der Kläger seine Lebensgefährtin eingeladen hatte und für die Gesamtkosten in erheblicher Höhe aufkam. Das Gericht lehnte eine nicht entziehbare Rechtsposition mit der Begründung ab, dass die Leistung gegenüber dem Reisenden und dem Mitreisenden nur gemeinsam erbracht werden sollte. Im Valutaverhältnis zwischen dem Kläger und seiner Lebensgefährtin liege danach keine Schenkung, sondern eine im überwiegend eigenen Interesse des Klägers liegende Gefälligkeit zugunsten der Lebensgefährtin. Nach der hier vertretenen Auffassung fehlt es nach der Ratio des § 517 BGB bei einem noch nicht endgültig erworbenen Recht generell an einem geeigneten Schenkungsgegenstand.[11] Die Frage der Entziehbarkeit richtet sich ausschließlich nach dem Deckungsverhältnis, hier also nach dem Verhältnis des Klägers als Versprechensempfänger zum Reiseveranstalter als Versprechendem.

 

Rz. 123

Liegt kein echter Vertrag zugunsten Dritter vor, d. h. erwirbt der Drittbegünstigte bereits kein unmittelbares Forderungsrecht gegenüber dem Versprechenden, bedarf es zur Ausführung der Zuwendung im Valutaverhältnis i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG des Leistungsvollzugs im Deckungsverhältnis.[12]

 
Praxis-Beispiel

Wenn in dem oben genannten Beispielsfall die Eltern ein Forderungsrecht des Bruders im Schenkungsvertrag mit der Schwester ausdrücklich ausgeschlossen hätten[13], hätte der Bruder kein unmittelbares Forderungsrecht erlangt (sog. unechter Vertrag zugunsten Dritter). Im Fall des FG Hamburg bildet wegen des entziehbaren Forderungsrechts den Zuwendungsgegenstand die vom Reiseveranstalter erlangte und automatisch konsumierte Reiseleistung (vgl. Rz. 122).

 

Rz. 124

Wenn der Drittbegünstigte den Erwerb nach § 333 BGB z...

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