Rz. 500

Dem Erblasser stehen als Mittel für die Weitergabe von Vermögenswerten im Todesfall neben den Verfügungen von Todes wegen auch rechtliche Gestaltungsmöglichkeiten außerhalb des Erbrechts und neben der von § 2301 BGB erfassten Schenkung auf den Todesfall zur Verfügung. Dies betrifft insbesondere den sog. echten Vertrag zugunsten Dritter.[1] Gem. § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG gilt als Erwerb von Todes wegen jeder Vermögensvorteil, der aufgrund eines vom Erblasser geschlossenen Vertrags bei dessen Tod von einem Dritten unmittelbar erworben wird. Im Einzelfall kann die Abgrenzung zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG problematisch sein. Denn die Vorschrift ist m. E. nicht nur anwendbar, wenn der Dritte ein Forderungsrecht gegen den Schuldner erwirbt, sondern auch dann, wenn bereits zu Lebzeiten des Erblassers das Vollzugsgeschäft unter der aufschiebenden Bedingung von dessen Tod abgeschlossen wurde und die Erfüllungswirkung deshalb ohne weiteres Zutun des Schuldners im Zeitpunkt des Erbfalls eintritt.[2] In einem vom BFH[3] entschiedenen Fall hatte der Vater seiner Tochter einen Kommanditanteil übertragen und sich von seiner Tochter einen Nießbrauch an einem Teil des Kommanditanteils einräumen lassen. Zugleich hatte die Tochter ihrer Mutter aufschiebend bedingt durch den Tod ihres Vaters ein lebenslanges und unentgeltliches Nießbrauchsrecht, das inhaltlich dem Nießbrauchsrecht des Vaters entsprach, eingeräumt.[4] Der BFH stellt zunächst fest, dass im Valutaverhältnis zwischen dem Vater und der Tochter alle Merkmale einer freigebigen Zuwendung i. S. v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erfüllt sind.[5] Zwar habe die Tochter den Nießbrauch für die Mutter bestellt, ohne von dieser eine Gegenleistung zu erhalten. Es handele sich aber dennoch nicht um eine freigebige Zuwendung der Tochter an die Mutter; denn die Nießbrauchsbestellung stand im Zusammenhang mit dem Erwerb des Kommanditanteils des Vaters. Aus diesem Zusammenhang folge, dass der Vater den Nießbrauch seiner Ehefrau zugewendet habe, ohne von ihr eine Gegenleistung zu erhalten. Die Vermögensübertragung auf seine Tochter war entsprechend eingeschränkt.

 

Rz. 501

Der Tatbestand des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG knüpft zunächst an einen vom Erblasser geschlossenen Vertrag unter Lebenden an. § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG bezieht bereits denjenigen Erwerb, der auf der Grundlage eines Erbvertrags dem Begünstigten einen Vermögensvorteil als Erbe oder Vermächtnisnehmer vermittelt, ein. Des Weiteren werden diejenigen vertraglichen Ansprüche nicht von § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG erfasst, welche im Todesfall noch in der Person des Erblassers entstehen. Diese gehen im Wege der Erbfolge auf den oder die Erben über und sind nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 ErbStG steuerbar. Dazu gehört etwa ein Abfindungsanspruch bei Personengesellschaften im Fall einer Fortsetzung der Gesellschaft unter den verbleibenden Gesellschaftern (Rz. 160 ff.) oder der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters nach § 89b HGB, der bei dessen Tod von den Erben durch Erbanfall erworben wird.[6] Bei Unfallversicherungen kommt es darauf an, ob die Versicherungssumme in den Nachlass eines tödlich verunglückten Erblassers fällt, sodass dessen Erben sie durch Erbanfall[7] erwerben. I.d.R. wird eine Unfallversicherung, die gegen fremde Unfälle versichert, für Rechnung der versicherten Person abgeschlossen sein, sodass dieser gem. § 75 Abs. 1 VVG die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zustehen.[8] Namentlich bei der Kfz-Insassen-Unfallversicherung sind alle künftigen Insassen versichert. Auch wenn allein der Versicherungsnehmer den Leistungsanspruch gegen den Versicherer formal geltend machen kann, steht der materielle Anspruch aus der Versicherung dem Versicherten zu und fällt in dessen Nachlass[9], sodass dessen Erben die Ansprüche durch Erbanfall erwerben.[10] Demgegenüber unterfallen Ansprüche aus der Luft-Unfallversicherung weder dem § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG noch dem § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG, weil sie einerseits in der Person des Hinterbliebenen originär entstehen und damit nicht zum Nachlass gehören und § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG nicht anwendbar ist, weil die Ansprüche kraft Gesetzes entstehen.[11]

 

Rz. 502

Mangels vertraglicher Grundlage ist aus dem Anwendungsbereich des § 3 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG jeglicher kraft Gesetzes eintretende Erwerb ausgeschlossen. Nicht steuerbar sind demzufolge die gesetzlichen Versorgungsansprüche der Hinterbliebenen von Beamten, Richtern, Soldaten sowie von in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherten Arbeitnehmern und zwar auch insoweit, als sie auf einer freiwilligen Höher- oder Weiterversicherung beruhen.[12] Nicht zur gesetzlichen Rentenversicherung gehört die sog. Riester-Rente.[13] Nicht steuerbar sind neben den Versorgungsleistungen auch Sterbegelder nach §§ 58, 59 SGB V, Gnadenbezüge, Beihilfen und vergleichbare gesetzliche Regelungen, die aufgrund beamten- oder versorgungsrechtlicher Vorschriften gezahlt werden.[14]

 

Rz. 503

An einer vertraglichen Grundlage im Deckungsverhältnis fehlt es des Weiteren bei Hi...

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