Rz. 18

§ 27 Abs. 1 ErbStG setzt voraus, dass für den Vorerwerb "nach diesem Gesetz eine Steuer zu erheben war". Die Formulierung "nach diesem Gesetz" umfasst alle Steuerfestsetzungen unabhängig von der jeweils geltenden Fassung des ErbStG.[1]

 

Rz. 19

Das Erfordernis einer zu erhebenden Steuer entspricht dem Zweck des § 27 ErbStG, Mehrfacherwerbe steuerlich zu entlasten. Deshalb muss für den Erwerb tatsächlich eine Steuer festgesetzt worden sein. Sofern also für den Vorerwerb wegen der Freibeträge keine Steuer festzusetzen war, kann § 27 ErbStG keine Anwendung finden. Aus § 27 Abs. 3 ErbStG folgt ferner, dass die Steuer für den Vorerwerb auch entrichtet worden sein muss. Deshalb scheidet eine Ermäßigung aus § 27 ErbStG aus, wenn die an sich gebotene Steuererhebung, z. B. aufgrund eines Billigkeitserlasses[2] für den Vorerwerb unterblieben ist. Gleiches gilt, wenn die Steuerfestsetzung bezüglich des Vorerwerbs gem. § 29 ErbStG nachträglich aufgehoben wurde.[3] Soweit hingegen die Steuer für den Vorerwerb gestundet wurde, bleibt § 27 ErbStG anwendbar.

 

Rz. 20

Auch eine ausländische Erbschaftsteuer kann im Ergebnis bei § 27 ErbStG zu berücksichtigen sein, sofern sie nach § 21 Abs. 1 ErbStG auf die deutsche Erbschaftsteuer angerechnet – eine solche mithin festgesetzt – worden ist.[4] Sind diese Voraussetzungen gegeben, ist auch Auslandsvermögen begünstigtes Vermögen i. S. d. § 27 Abs. 1 ErbStG.

 

Rz. 21

Hingegen ist eine ausländische Steuer nicht nach § 27 Abs. 1 ErbStG zu berücksichtigen, wenn das Auslandsvermögen aufgrund eines DBA oder mangels Steuerpflicht (§ 2 ErbStG) ausschließlich der ausländischen Erbschaftsteuer unterlag. Andernfalls würde das ErbStG einseitig zugunsten des Auslands auf seine Kapitalverkehrsteuerfreiheit gem. Art. 63 Abs. 1 i. V. m. Art. 65 AEUV verzichten. Diesen Standpunkt hat auch der EuGH eingenommen.[5]

Der BFH hat daraufhin die Klage abgewiesen. Bei einem ausschließlich nach ausländischem Recht besteuerten Vermögen ist für den nachfolgenden Erwerb durch Personen der Steuerklasse I, weil keine Steuer nach diesem Gesetz zu erheben war, eine Befreiung nach § 27 ErbStG zu versagen.[6]

 

Rz. 22–39

einstweilen frei

[1] Ebenso Jülicher, in T/G/J/G, ErbStG, § 27 Rz. 18.
[3] Ebenso Jülicher, in T/G/J/G, ErbStG, § 27 Rz. 18.
[4] Jülicher, in T/G/J/G, ErbStG, § 27 Rz. 18.
[5] Vgl. EuGH v. 30.6.2016, -C- 123/15, BStBl II 2017, 424.

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